Schuldner- und Insolvenzberatung

Verschuldung? Überschuldung? Um was geht es?

Um die Rolle von sozialer Schuldnerberatung zu verstehen, müssen die zugrundeliegenden Probleme von überschuldeten Menschen in den Blick genommen werden. Wichtig ist, dass nicht jeder verschuldete Mensch auch ein Fall für die Schuldnerberatung ist. Es gibt eine wesentliche Unterscheidung zwischen Ver- und Überschuldung.

  • Verschuldung bedeutet, dass Personen gegenüber unterschiedlichen Gläubigern Zahlungs- bzw. Kreditverpflichtungen eingegangen sind. Verschuldung ist wirtschaftlich gewollt und in Zeiten von Studienkrediten, Handyverträgen, Ratenkäufen und Kreditkarten selbstverständlich.

  • Von Überschuldung ist zu sprechen, wenn die eingegangenen Kreditverpflichtungen dauerhaft nicht erfüllt werden können.

Eine länger dauernde Überschuldung hat für die betroffenen Personen in jedem Fall deutlich gravierendere Auswirkungen, als „nur” keine Rechnungen bezahlen zu können: Krankheit, kräftezehrende Auseinandersetzungen mit Ämtern und Familienmitgliedern, der Verlust sozialer Kontakte, psychische Belastungen, fehlende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder Obdachlosigkeit drohen. Scham- und Schuldgefühle sind außerdem bei vielen Überschuldeten so groß, dass sie erst sehr spät den Weg in die Soziale Schuldnerberatung finden.

Leitbild der Sozialen Schuldnerberatung

Soziale Schuldnerberatung versteht sich als Beratungsangebot der Sozialen Arbeit und der Verbraucherberatung, die Ratsuchenden Hilfestellung gibt, um eine wirtschaftliche Sanierung und psychosoziale Stabilität bei den Hilfesuchenden zu erreichen. Die Beratung ist auf die Änderung eines Zustands der Hilfebedürftigkeit, häufig auf die Bewältigung einer Krise gerichtet und erfolgt ergebnisoffen. Ziel ist es, die Deutungs- und Handlungsmöglichkeiten sowohl für die Ratsuchenden wie auch für die Beraterinnen und Berater in Bezug auf die Entstehung und mögliche Lösungsansätze für die Schuldenproblematik zu erweitern.

Ratsuchende sollen durch die Beratung in die Lage versetzt werden, im Kontext oder als Folge der Schulden auftretende psychosoziale Belastungen durch den Aufbau und die Erweiterung eigenständiger Handlungskompetenzen und/oder durch die Inanspruchnahme weitergehender Hilfeangebote zu bewältigen.

Leistungen der Sozialen Schuldnerberatung

Psychosoziale Beratung

Bei einer Überschuldung handelt es sich üblicherweise um ein sozioökonomisches und psychosoziales Problem. Psychosozial meint in diesem Zusammenhang die Wechselwirkungen zwischen den mit einer Überschuldung verbundenen sozialen und finanziellen Belastungen und den psychischen Reaktionen der Betroffenen, die insbesondere in Form von Resignation und Rückzug zum Ausdruck kommen. Durch die sich überlagernden Konsequenzen einer Überschuldung kommt es nicht selten zu einer weiteren Eskalation der Problematik, die in besonderer Weise eine mehrdimensional ausgerichtete Soziale Schuldnerberatung erfordert.

Die Psychosoziale Beratung ist die Grundlage des Hilfeprozesses, und in sie eingebettet erfolgen je nach individueller Situation und Wichtigkeit für Ratsuchende, zeitlich und im Umfang abgestimmt, die nachfolgend beschriebenen personenbezogenen Leistungen. Im Zentrum der psychosozialen Hilfe steht die persönliche Stabilisierung der Ratsuchenden. Die Beratung setzt bei der Lebenssituation der Ratsuchenden an; manchmal kann erst nach einer Krisenintervention und nach einer Stabilisierung die Schuldenproblematik aufgegriffen werden.

Die Beratung thematisiert mögliche Ursachen der individuellen Ver- und Überschuldungssituation sowie Konsumwünsche und das Konsumverhalten der Ratsuchenden. Die Ratsuchenden erhalten Unterstützung bei der Entwicklung einer ihre individuellen Möglichkeiten berücksichtigenden finanziellen Lebensplanung sowie beim Erarbeiten von Handlungsalternativen zur Vermeidung erneuter Schuldenprobleme. Teil der Beratung ist auch die Motivierung der Ratsuchenden, die dazu notwendigen Schritte anzugehen und eventuell weitergehende Beratung in Anspruch zu nehmen.

Information & Analyse

Die Ratsuchenden werden über die Arbeitsweise der Sozialen Schuldnerberatung und über nutzbare Regulierungsverfahren informiert. Diese Phase dient zur genaueren Bestimmung der Ver- und Überschuldungssituation sowie der zu ihrer Bewältigung vorhandenen bzw. zu erschließenden materiellen, personalen, strukturellen und sozialen Ressourcen. Gemeinsam mit den Ratsuchenden werden Ziele für eine weitere Zusammenarbeit formuliert und die weiteren Schritte vereinbart. Falls Ratsuchende weitergehende Beratung benötigen, werden sie über einschlägige Hilfeangebote informiert und auf Wunsch vermittelt.

Krisenintervention & Sicherung der Existenzgrundlagen

Die Sicherung der Existenzgrundlagen ist, soweit diese nicht gesichert sind, vorrangig und umfasst Hilfen zur Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhalts, des Wohnens und der Energieversorgung sowie zur Geltendmachung des pfändungsfreien Einkommens, einschließlich eines Basis-/Pfändungsschutzkontos (P-Konto).

Dazu gehören Hilfen zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen, die Abwehr von SGB II-Sanktionen und Zwangsvollstreckungen sowie die Vermeidung von Haft bei Geldstrafen. Die Schuldnerberatung informiert über die Möglichkeiten und Bedingungen, um ein Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln zu können und erstellt ggf. eine P-Konto-Bescheinigung. Sie überprüft die korrekte Höhe von Pfändungsfreibeträgen und leistet bei Bedarf Unterstützung bei der Erhöhung des Pfändungsfreibetrages. Due Schuldnerberatung informiert übre die Möglichkeiten, Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto) zu eröffnen. Sie unterstützt Ratsuchende, falls diese den Zugang zu einem solchen Konto erst gegen Widerstände durchsetzen müssen.

Budgetberatung

Die Budgetberatung hilft, einer (weiteren) Überschuldung entgegenzusteuern. Die monatlichen Einnahmen und Ausgaben der Ratsuchenden werden erhoben und einander gegenübergestellt. Auf dieser Grundlage werden von Ratsuchenden und Beraterinnen und Beratern gemeinsam Maßnahmen zur Einkommenserhöhung und zur Verminderung der Ausgaben geplant. Ziel ist, dass die Ratsuchenden die Kontrolle über die eigenen Finanzen bzw. die finanzielle Situation der Familie (wieder)erlangen.

Forderungsprüfung & Regulierung

Im Rahmen einer Regulierung werden gegen die Ratsuchenden gerichtete Forderungen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. Wenn nötig wird anwaltliche Vertretung vermittelt. Die Schuldnerberatung führt Verhandlungen mit Gläubigern und hilft Ratsuchenden bei der Erstellung und Umsetzung von Schuldenregulierungsplänen.

Die Schuldnerberatung berät über das Verbraucherinsolvenzverfahren (InsO), dessen Ablauf, Voraussetzungen, Kosten sowie über die rechtlichen und tatsächlichen Folgen bei einem Scheitern und begleitet Ratsuchende, die ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchführen (möchten). Sie hilft bei der Antragstellung, bei der Aufstellung der Gläubiger- und Forderungsliste und der Formulierung eines außergerichtlichen Regulierungsvorschlages; bei dessen Scheitern bescheinigt sie dies gem. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

Im gerichtlichen Mahnverfahren sowie im laufenden Verfharen und während der sog. Wohlverhaltensperiode untersützt die Schuldnerberatung die Ratsuchenden bei Versagungsanträgen, ausgenommen Forderungen, der Rücknahme von Pfändungen, der Kontofreigabe und der Restschuldbefreiung und/oder vermittelt an dafür geeignete Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte.

Mitgliedschaften & Netzwerke

Das DRK ist Mitglied in der verbandsübergreifenden Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV).  

In der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände haben sich die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege auf Bundesebene, der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung zusammengeschlossen. Im Fokus steht die Vertretung der Interessen von überschuldeten Menschen in Deutschland und der in der Schuldnerberatung tätigen Verbände. Nach außen wird die AG SBV durch ihren Sprecher*innen repräsentiert. Die AG SBV ist keine juristische Person.

Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände hat zurzeit sieben Mitglieder. Das Gremium der AG SBV ist der Ständige Ausschuss der AG SBV, der mehrmals jährlich tagt. In der AG SBV sind die Mitgliederverbände durch ihre jeweiligen entsandten Vertreter*innen vertreten. Nach außen wird sie durch die Sprecherin oder den Sprecher der AG SBV repräsentiert, die bzw. der turnusmäßig neu gewählt wird.

In der AG SBV bestehen verschiedene Arbeitsgruppen und Arbeitskreise, die sich mit fachspezifischen Themen der Schuldner- und Insolvenzberatung beschäftigen.

Die AG SBV ist an die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW) als gemeinsame Arbeitsplattform der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege angegliedert.

Weiterführende Informationen: https://www.agsbv.de/