Beschäftigungspolitik im DRK
Die Arbeit in sozialen und gesundheitlichen Berufen (SAGE-Berufe) hat integrativen Charakter und nimmt einen wichtigen Stellenwert im sozialen Fürsorgesystem ein. So ist es nur wenig überraschend, dass diese Berufe eine zunehmend steigende Fach- und Arbeitskräftenachfrage verzeichnen. Mit Blick auf ihre gesellschaftliche Reichweite und Funktion brauchen soziale und gesundheitliche Berufe aus Sicht der DRK-Wohlfahrt eine stärkere Verankerung in der öffentlichen Debatte und ein damit verbundenes vorausschauendes Zukunftskonzept für die Aufrechterhaltung ihrer Strukturen und Leistungsfähigkeit.
Status Quo: Beschäftigungssituation im Sozialen Sektor
Soziale und gesundheitliche Berufe stellen neben den MINT-Berufen eine der Wachstumsbranchen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland dar. Mit einem Zuwachs von knapp 120.000 Beschäftigten in den vergangenen vier Jahren kommen die Sozial- und Erziehungsberufe auf rund 1,5 Mio. Beschäftigte (2018).
Es besteht in einigen Feldern ein enormer Fachkräftebedarf - insbesondere im Bereich Pflege - hier wird bereits von einem Notstand gesprochen. Auch im Bereich der Kinder und Jugendhilfe, vor allem in der Kindertagesbetreuung steigt der Bedarf an Fachkräften – dieser wird durch den Rechtssnspruch auf Ganztagsbetreuung weiter beschleunigt. Etwas diffus sieht das Feld der sozialen Beratung aus, da hier nur selten klassische Ausbildungswege existieren, sondern Absolventen der Sozialen Arbeit und Quereinsteigende das Berufsfeld prägen. Dennoch ist auch hier in der Praxis ein Trend erkennbar, wonach es zunehmend schwieriger wird, ausreichend fachlich geeignetes Personal für die vielfältigen und anspruchsvollen Tätigkeiten zu gewinnen. Demgegenüber profitiert etwas das Arbeitsfeld der Behindertenbetreuung von sowohl einem guten Image als auch einer finanziell ausreichenden Ausstattung und einer als angenehm beschriebenen Arbeitsatmosphäre, die eine langfristige Zufriedenheit und Bindung des Personals fördern. Erste Tendenzen zeigen aber auch hier einen zunehmenden, wenn jedoch regional unterschiedlich stark steigenden, Personalbedarf.
Darüber hinaus sind die SAGE-Berufe in der DRK-Wohlfahrt durch die zunehmend belastend wahrgenommenen Arbeitsbedingungen auch von hohen Personalfluktuationen betroffen.
Die Zukunft der sozialen und gesundheitlichen Berufe im Blick
Einzelne Arbeitsfelder haben bereits die nötige öffentliche und politische Aufmerksamkeit, so zum Beispiel die Pflege. Der Soziale Sektor im Allgemeinen hat jedoch insgesamt wachsende Probleme, die Arbeitskräftebedarfe zu decken. Eine ganzheitliche Betrachtung und ein systemischer Ansatz erscheint sinnvoll, auch um Abwanderungseffekte zwischen den einzelnen Arbeitsfeldern zu vermeiden.
Damit verbunden sein müssen neben verbesserten Rahmenbedingungen und einer allgemeinen Aufwertung von sozialen und gesundheitlichen Berufen zwingend auch neue, innovative Konzepte zur Personalansprache. Diese müssen die Wohlfahrtspflege in die Lage versetzen, die Vielfalt der Beschäftigung in der Freien Wohlfahrtspflege abzubilden, neue Beschäftigungszugänge umzusetzen und den Nachwuchs von morgen qualifikationsübergreifend zu binden.
Neue Lösungsansätze in der DRK-Wohlfahrt
Um diesen Prozess aufzusetzen und perspektivisch in der innverbandlichen Diskussion zu begleiten, hat sich im DRK-Generalsekretariat die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Beschäftigungspolitik im Bereich Jugend und Wohlfahrt zusammengefunden, bestehend aus:
- Altenhilfe und Pflege
- Behindertenhilfe
- Flüchtlingshilfe
- Kinder- und Jugendhilfe
- Soziale Beratung
Soziale...? Eine Begriffsbestimmung.
- Der Soziale Sektor umfasst sämtliche Angebote, Dienste und Einrichtungen aus den Arbeitsfeldern der Alten- und Pflegehilfe, der Behindertenhilfe, der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, Gesundheit, Teilhabe, soziale Beratung und Versorgung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen sowie Migration und Flucht. Die Arbeit innerhalb des Sozialen Sektors wird vorwiegend von Professionen der SAGE-Berufe ausgeführt.
- Soziale und gesundheitliche Berufe (SAGE-Berufe) konzentrieren sich auf die Bereiche Bildung, Erziehung, Pflege und Betreuung sowie unterschiedliche Formen der individuellen Beratung und Unterstützung. Ziel ist es, Menschen entsprechend ihren Bedarfen durch notwendige Unterstützung bei der Bewältigung individueller Lebenslagen zu helfen und zur größtmöglichen gesellschaftlichen Teilhabe beizutragen. SAGE-Berufe umfassen alle Arbeitsfelder des Sozialen Sektors und reichen in ihrer Vielfalt von der/dem staatlichen Erzieher/in über Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern bis hin zu Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspflegern und zur/zum Pflegefachfrau/-mann.
Für die Verfolgung eines umfassenden, ganzheitlichen Lösungsansatzes wurde in der Arbeitsgruppe der Begriff “Beschäftigungspolitik” bewusst weit ausgelegt. Dieser soll all jene Maßnahmen und Ansätze umfassen, die zur Aufrechterhaltung und den Ausbau des Beschäftigtenniveaus in den sozialen und gesundheitlichen Berufen notwendig sind. Mögliche Maßnahmen sollen in diesem Zuge einerseits sowohl auf politischer Ebene eingefordert werden als auch, dort wo möglich, eigens von DRK Einrichtungen und Diensten entwickelt und deren Umsetzung und Weiterentwicklung angeregt werden.
Für das Ziel einer langfristig erfolgreichen Fach- und Arbeitskräftesicherung muss jedoch perspektivisch dafür Sorge getragen werden, dass sich politische und betriebliche Maßnahmen ergänzen und im Zusammenspiel neue, fruchtbare Perspektiven eröffnen.