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Action of Red Cross on integration of reallocated and resettled persons (2018 - 2020)

Im Rahmen des Projekts "Action of Red Cross for integration of reallocated and resettled persons" (ARCI) wurden Rahmenbedingungen für die Aufnahme von Geflüchteten untersucht, die über Resettlement- und Relocation-Programme nach Deutschland umgesiedelt wurden. Wir haben unter anderem Geflüchtete und Experten befragt, um Vorschläge zur Ausgestaltung humanitärer Aufnahmeprogramme in Deutschland zu erarbeiten. Dabei wurden auch die Erfahrungen aus pre-departure Befragungen berücksichtigt. Ziel des Projektes war es, die Rahmenbedingungen für die Integration von Geflüchteten zu verbessern und die Vernetzung der beteiligten Akteure zu fördern.

Das DRK beteiligte sich von Januar 2018 bis März 2020 an dem transnationalen Projekt der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (IFRC) mit den Projektpartnern Bulgarisches Rotes Kreuz und Kroatisches Rotes Kreuz. Die transnationale Komponente des Projektes ermöglichte einen Erfahrungsaustausch und Perspektivenwechsel. Gefördert wurde das Projekt durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der Europäischen Union.

Was ist Relocation und Resettlement?

Bei dem EU-Relocation Programm handelte es sich um die Umsiedlung von schutzbedürftigen Menschen von einem in einen anderen EU-Mitgliedstaat. Dadurch sollten unter anderem besonders stark beanspruchte Staaten an den EU-Außengrenzen entlastet werden. Im September 2015 hatten sich die EU-Mitgliedsstaaten auf ein zweijähriges Umsiedlungsprogramm von insgesamt 160.000 Personen aus Griechenland und Italien geeinigt (EU-Beschlüsse 2015/1523 und 2015/1601). Voraussetzung für diese Umverteilung war, dass die Schutzsuchenden aus Herkunftsländern stammten, aus welchen europaweit im Durchschnitt mindestens 75 Prozent als schutzberechtigt anerkannt wurden. Zusätzlich wurden Sprachkenntnisse sowie Familienbezüge berücksichtigt. Die letzten, im Rahmen dieses Relocation-Programms umverteilten Menschen kamen im März 2018 nach Deutschland, inzwischen ist das Programm abgeschlossen.

Nur ein geringer Teil der Geflüchteten fliehen in die EU, die meisten suchen zunächst in ihren Nachbarstaaten Schutz. Dort ist jedoch eine sichere Versorgung nicht immer möglich. Resettlement richtet sich an besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen, die sich bereits in einem solchen Erstaufnahmeland befinden, in welchem die Integration aber nicht gewährleistet ist. Das Resettlement-Programm ermöglicht die Umsiedlung dieser Menschen in einen Drittstaat, in welchem sie einen Flüchtlingsschutz erhalten.

UNHCR hat bestimmte Kriterien festgelegt, welche die Schutzbedürftigkeit von Geflüchteten definieren. Lediglich Menschen, bei welchen mindestens einer der genannten Punkte zutrifft, können im Rahmen des Resettlement-Verfahrens umgesiedelt werden:

  1. Personen mit besonderen rechtlichen und physischen Schutzbedürfnissen
  2. Personen mit besonderem medizinischem Behandlungsbedarf
  3. Überlebende Opfer von Gewalt und Folter
  4. Frauen mit besonderer Risikoexposition
  5. Flüchtlingskinder und heranwachsende Flüchtlinge
  6. Ältere Flüchtlinge
  7. Personen, die aus anderen Gründen keinerlei Perspektive auf eine Eingliederung im derzeitigen Aufenthaltsstaat haben
  8. Personen, deren Familienangehörige sich bereits in einem Drittstaat befinden

Bedarfserhebung

Im Rahmen des ARCI-Projektes wurden drei Gruppen Geflüchteter befragt. Zum einen Menschen, welche mit dem Relocation-Programm aus Italien oder Griechenland nach Deutschland gekommen sind. Syrische Geflüchtete, die aus der Türkei mit dem Humanitären Aufnahmeprogramm (HAP) nach Deutschland kamen und eritreische Geflüchtete, die mit dem Resettlement-Programm nach Deutschland kamen. Diese waren zuvor in Libyen in Haftlagern und wurden von dort vom UNHCR evakuiert und nach Niger gebracht. Von dort wurden sie schließlich nach Europa verteilt.

Zusätzlich wurde mit unterschiedlichen ExpertInnen zum Thema Umsiedlung und Integration geflüchteter Menschen gesprochen und Begehungen einer Aufnahmeeinrichtung von Relocation-Geflüchteten in Bayern und einer Einrichtung in Friedland durchgeführt.

Um auch die Perspektive vor der Umsiedlung mit einzubeziehen wurde eine Erhebung in der Türkei durchgeführt. Da das Relocation-Programm mit Italien und Griechenland bereits abgeschlossen ist und derzeit die meisten Geflüchteten im Rahmen der humanitären Aufnahme aus der Türkei nach Deutschland kamen, haben wir uns für dieses Ziel entschieden. Dort sprachen wir mit dem UNHCR, der IOM sowie dem Directorate General of the Migration Management (DGMM), welches in der Türkei für die Auswahl der Resettlement-Gefüchteten zuständig ist.

Weitere Informationen im Bericht zur Erhebung in der Türkei

Ergebnisse

Unabhängig vom jeweiligen Aufnahmeverfahren, stehen Geflüchtete in Deutschland vor relativ ähnlichen Herausforderungen. Ein Großteil der Menschen hat sich unfreiwillig auf eine lange Flucht begeben, ohne eine reelle Rückkehrsperspektive ins Herkunftsland zu haben: entsprechend hoch ist die Erwartungshaltung an ein neues Leben in Deutschland. In diesem Zusammenhang berichten Befragte, dass vor der Abreise nur unvollständige oder teilweise sogar falsche Informationen über Aufnahmebedingungen bekannt sind, was schließlich zu Unklarheit, unrealistischen Erwartungen und Enttäuschungen über das Leben in Deutschland führe.

Der Unterstützungs- und Informationsbedarf für bereits Angekommene variiert ganz stark und hängt beispielsweise davon ab, ob Verwandtschaft in der Nähe wohnt oder ob sie in urbanen oder ländlichen Gebieten Deutschlands leben. Viele der Befragten äußerten jedoch explizit Informationsbedarf hinsichtlich des Familiennachzugs, der Asylverfahrensberatung und Unterstützungsbedarf beim Zugang zu Bildung, Beschäftigung und zum Wohnungsmarkt. Dabei herrscht verstärkter Bedarf an Informationen und zugeschnittene Programme für Analphabet*innen, Frauen sowie besonders schutzbedürftigen Personengruppen. Diese Menschen haben auch einen erhöhten Informationsbedarf bezüglich der medizinischen Versorgung. Besonders während der Anfangszeit besteht der Bedarf an Übersetzungsdiensten, u.a. für Behördengänge und Arztbesuche.

Kurzfassung der Projektergebnisse zum Download

Transnationaler Austausch

Während der Umsetzung des Projekts fanden so genannte study visits in allen drei beteiligten Ländern statt. Dort wurden sowohl die spezifischen Bedingungen für Geflüchtete diskutiert, die über Relocation oder Resettlement aufgenommen wurden, als auch die Aktivitäten des Roten Kreuzes.

Zusätzlich organisierte die Internationale Föderation gemeinsame Workshops mit dem Projekt AVAIL – "Amplifying the voices of asylum seekers and refugees for integration and lifeskills", das durch das Britische-, Irische-, Italienische und das Lettische Rote Kreuz umgesetzt wird. Erkenntnisse aus einer Konferenz mit study visit aus dem AVAIL-Projekt in Riga/Lettland im März 2019 mit einer Einschätzung der Integrationssituation finden Sie hier zum Download (in englischer Sprache).

Integration hat viele Herausforderungen – wir unterstützen

Öffentlichkeitsarbeit

Was macht das DRK vor Ort, um die Integration von Geflüchteten zu unterstützen? Was sind die besonderen Herausforderungen in ländlichen Regionen? Und wie empfinden Geflüchtete selbst die Unterstützung und Betreuung? In diesem Video berichten Irmgard Mminele vom Deutschen Roten Kreuz und eine Familie davon, was es bedeutet nach der Flucht anzukommen und welche Unterstützung dabei hilfreich und notwendig ist.

„Was für uns ganz wichtig ist und eine der zentralen Aufgaben beim DRK ist eigentlich, der Menschenwürde Achtung zu verschaffen.“

Informationen für Resettlement Geflüchtete auf Arabisch

Im Rahmen des ARCI Projektes ist in Zusammenarbeit mit der Caritasstelle im Grenzdurchgangslager Friedland eine arabischsprachige Webseite entstanden, welche Resettlement Geflüchtete über erste Schritte am Wohnort informiert. Diese finden Sie unter folgendem Link: resettlement.de/ar/arabic

Nachhaltigkeit

Die Erhebung des ARCI-Projektes hat unter anderem ergeben, dass insbesondere in ländlichen Regionen Deutschlands, wo der Zugang zu integrationsfördernden Angeboten teils nur schwer möglich ist, ein erhöhter Informationsbedarf besteht. Aus dieser Erkenntnis heraus plant das DRK ein weiteres europäisches Projekt, welches den Fokus auf Unterstützungsbedarfe in ländlichen Regionen legen soll.

  • Logo der Europäischen Union
    gefördert durch die Europäische Union
  • Logo der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften
    in Zusammenarbeit mit der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften