Heterogene Adressaten
Heterogen und vielfältig, so lassen sich die Adressaten des Bereichs Jugend und Wohlfahrtspflege beschreiben. Das zeigt die Grafik I, die wir im Bereich aus unserem Reporting (siehe Kasten) generieren konnten. Die wichtigsten Adressatengruppen sind DRK-Gliederungen, Verbände sowie Politik (und Verwaltung). Daneben macht sich der Bereich in der Fachöffentlichkeit bemerkbar. Internationale Kontakte und die Kommunikation mit Unternehmen und Stiftungen schlagen in geringerem Umfang zu Buche, spielen aber ebenfalls eine Rolle für die Arbeit des Bereichs. Beispielhaft sei hier die Schwedenreisegenannt, die in jeder Hinsicht für uns und die mitreisenden Vorstände der Landesverbände sehr bereichernd war. Am Vergleich der Jahre 2018 und 2019 lässt sich erkennen, dass das Gesamtbild recht stabil ist.
Die Adressatenvielfalt spiegelt die diversen Aufgaben wider, die mit der Wahrnehmung der Funktion als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege verbunden sind. Darin liegt eine gewisse Problematik, denn die Aufgaben eines Wohlfahrtsverbands sind nicht exakt umrissen, eine Standortbestimmung und Überprüfung ist somit immer wieder notwendig. Schließlich droht eine zu große thematische Bandbreite unser Profil zu verwässern. Zu beachten ist zudem, dass zu den Adressaten ganz unterschiedliche Beziehungen bestehen. So wenden wir uns an die aufgeführten Bundesbehörden nicht mit unseren politischen Anliegen, sondern sie sind in vielen Fällen gleichzeitig unsere Zuwendungsgeber. Und auch die anderen Verbände wirken auf uns ein. Politische Linien werden in vielen Themen gemeinsam mit den anderen Spitzenverbänden abgesteckt.
DRK bleibt Kernzielgruppe
Täglich sind wir diversen Einflüssen ausgesetzt und haben doch den Anspruch, die Bedarfslagen des eigenen Verbands zu kennen und konkrete Unterstützung anzubieten. Unser erklärtes Ziel ist es, so nah wie möglich an die DRK-Gliederungen heranzurücken, weil wir davon überzeugt sind, dass wir so letztlich auch die politische Interessenartikulation verbessern können. Wir wollen unsere politischen Botschaften und Aktivitäten möglichst von den Befunden und Einschätzungen vor Ort ableiten.
Die Grafik I zeigt, dass es uns trotz der vielen Aufgaben und Adressaten gelingt, den Verband zu erreichen. Die DRK-Gliederungen sind und bleiben Kernzielgruppe unseres Bereichs. Deutlich wird aber auch: Ein einfacher Dienstleister für den eigenen Verband sind wir als Spitzenverband nicht. Es gehört zur Klarheit in der innerverbandlichen Kommunikation, dies hin und wieder zu erläutern.
Verbandsübergreifende Gremien verlangen uns viel ab
Die Arbeit mit den Partnerverbänden und Bündnispartnern findet häufig in Gremien statt. Unser Reporting zählt 308 Gremientermine allein im letzten Jahr. Dabei sind etwa 35 Prozent durch uns selbst veranlasst, etwa 35 Prozent entfallen auf Aktivitäten der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), etwa 30 % auf Gremien des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (DV) und weitere Verbünde. Das ist einerseits aufwendig und bindet Kapazitäten. In der Bewertung ist andererseits zu beachten, dass in Gremien Meinungsbildungen stattfinden sowie gemeinsame Stellungnahmen, Handreichungen und Rahmensetzungen entstehen, von denen wir als Verband profitieren. Zudem werden Gremientermine zu politischen Gesprächen genutzt.
In der BAGFW, die wir gemeinsam mit AWO, der Caritas, der Diakonie, dem Paritätischen und der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland bilden, haben wir nochbis Ende 2020 die Federführung. Dadurch sind wir gerade hier besonders eingebunden und haben einen erheblichen Mehraufwand. Die BAGFW-Präsidentschaft und der DRK-Vorsitz in der Mitgliederversammlung der BAGFW und den Ausschüssen verlangen den Mitarbeitenden des Bereichs viel ab. An den Gremien nehmen die Kolleginnen und Kollegen nicht nur teil. Sie organisieren sie und bereiten sie vor und nach. Hinzu kommt die gesamte Kommunikation mit den anderen Verbänden zwischen den Sitzungen sowie die Koordination gemeinsamer Aktivitäten.
Mehr Wirkungsorientierung in der politischen Kommunikation
Zu unseren wichtigsten Adressaten zählen Politik und Verwaltung. Die Grafik II schlüsselt die Instrumente, die wir in der Kommunikation zur Anwendung bringen, gesondert auf. Die politische Kommunikation auf Bundesebene ist nach DRK-Satzung Kernaufgabe des Bundesverbands. Als Wohlfahrtsverband sind wir gefordert, uns anwaltschaftlich für Benachteiligte und Menschen in Not einzusetzen. Übergeordnetes Ziel jedweder verbandlichen Kommunikation in die Politik ist die Verbesserung des Gemeinwohls. Bundesbehörden sind wie oben beschrieben nicht allein Adressaten von Interessenartikulation und Politikberatung, sie sind auch und gleichzeitig unsere wichtigsten Zuwendungsgeber. Wir stellen zudem fest, dass die Bundesregierung zunehmend Kommissionen, Beiräte und Gremien einsetzt, in denen wir dann ebenfalls häufig eingebunden sind. Im Jahr 2019 stachen hier besonders die Konzertierte Aktion Pflege mit zahlreichen Arbeitsgruppen, der Nationale Aktionsplan Integration und ein Zukunftsdialog im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hervor. Auch hier werden Kapazitäten gebunden. Zunehmend müssen wir uns daher fragen, wie es uns gelingen kann, die verschiedenen Ziele und Adressaten in Einklang zu bringen.
Gleichzeitig beobachten wir, dass angesichts einer zunehmenden Zahl an Interessenorganisationen und eines Generationswechsels in Politik und Verwaltung die informelle Kommunikation an Bedeutung gewinnt. Politische Kontakte, die uns in der Vergangenheit gewiss waren und denen unsere Standpunkte und Positionen geläufig waren, müssen wir erst wieder neu für uns gewinnen. In diesem Zusammenhang haben wir eine Schwachstelle identifiziert. In der Vergangenheit haben wir zu wenig in Wirkungen und zu viel in Instrumenten gedacht und agiert. Mit einer (schnellen) Entscheidung für einen Brief oder eine Stellungnahme schien das thematisierte Problem häufig schon hinreichend bearbeitet, auch wenn damit keine Wirkungen verbunden sind. Dem eigenen Verband konnte und kann man auf diese Weise immer Aktivitäten nachweisen. Wirksame politische Interessenvertretung funktioniert jedoch häufig anders – dynamischer und informeller. Die Grafik lässt erkennen, dass wir tatsächlich eine Vielzahl an Gespräch geführt haben. Wir werten dies als gutes Zeichen im Sinne der Wohlfahrtsarbeit und des DRK.
Mehr Fokussierung notwendig
In einem anderen Beitrag in diesem Blog habe ich ein paar grundsätzliche Gedanken geäußert, die noch über den Bereich und auch über das DRK hinausgehen. Ich sehe einige grundlegende Herausforderungen, die uns in den kommenden Jahren beschäftigen werden. Die Wohlfahrtspflege insgesamt wird dann wieder an Bedeutung gewinnen, wenn sie sich selbst neu verortet und ihre Themen fokussiert. Dazu gehört eine Standortbestimmung auf Basis guter Daten und eine professionelle und dynamische Interessenvertretung. Für das Deutsche Rote Kreuz sind wir auf einem sehr guten Weg. Diesen werden wir weiterverfolgen und unsere daraus resultierenden Chancen bestmöglich im Sinne einer guten auch spitzenverbandsübergreifenden Arbeit nutzen.
Seit Januar 2018 pflegen die Referentinnen, Referenten und Führungskräfte des Bereichs Jugend und Wohlfahrtspflege eine Datenbank, um Aktivitäten mit Außenwirkung zu erfassen. Unter Außenwirkung verstehen wir alle Aktivitäten, die tatsächlich als Bereichsleistung von außen sichtbar werden. Das heißt: Interne Briefings, Vorbereitungen, Abstimmungen, eigene Fortbildungen oder die Besuche von Veranstaltungen ohne eine dezidierte Rolle werden nicht erfasst. Von Interesse ist alles, was zeigt, wo wir mit unseren Aktivitäten potentiell konkret Wirkungen erzeugen. Die Grafiken bilden die absoluten Zahlen an Einträgen ab. Die Zeitaufwände hinter den Einträgen können erheblich variieren. Das Instrument eignet sich nicht für Aussagen zur Arbeitsbelastung o.ä., sondern derzeit vor allem für Standortbestimmungen im Hinblick auf den Output.
Der erste Jahresvergleich, der mit Abschluss des Jahres 2019 möglich wurde, ist mit gebotener Vorsicht zu bewerten, denn die Eintragssystematik haben wir im Bereich erst gemeinsam einüben müssen. Die Datenqualität steigt erst nach und nach. Dennoch zeigen Plausibilitätschecks, dass behutsame Ableitungen durchaus tragfähig und erste datenbasierte Standortbestimmungen möglich sind.