Gruppenfoto der DRK-Delegation und des schwedischen Roten Kreuz
Das DRK zu Besuch beim Schwedischen Roten Kreuz

Tag 1 der Schwedenreise: Soziale Innovation und Digitalisierung im Schwedischen Roten Kreuz

Diese Woche besuchen die DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt und eine Delegation aus Landesgeschäftsführenden und Vertreterinnen und Vertretern des Generalsekretariats im Rahmen einer Studienreise Schwedens Hauptstadt Stockholm. Ziel ist es, mit den Kolleginnen und Kollegen des Schwedischen Roten Kreuzes sowie Vertreterinnen und Vertretern staatlicher und nicht-staatlicher Organisationen einen Dialog zu Digitalisierung und Innovationen im Sozialen zu führen. Und von guten Beispielen zu lernen. Zentraler Programmpunkt des ersten Tages war der Besuch beim Schwedischen Roten Kreuz. Wie hier Digitalisierung und Innovation angegangen werden, berichten wir im Blogbeitrag.

Herausforderungen in der schwedischen Gesellschaft

Ähnlich wie Deutschland, ist Schweden mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, die es gesamtgesellschaftlich zu adressieren gilt: Sei es der Klimawandel, eine Zunahme der Zuwanderung und damit einhergehende Integration der Zuwanderer und Zuwanderinnen, der demographische Wandel hin zu einer immer älteren Gesellschaft oder die Verstädterung, die einhergeht mit mangelnder Infrastruktur und Versorgungslücken auf dem Land. Wie das Deutsche ist hier auch das Schwedische Rote Kreuz vielfach gefragt.

Zusammenarbeit als zentraler Leitgedanke im Schwedischen Roten Kreuz

„Spätestens seit 2015“, erläuterte Margarete Wahlström, Präsidentin des Schwedischen Roten Kreuzes, der Delegation des Deutschen Roten Kreuzes „mussten wir unsere Strukturen dahingehend ändern, schnell auf Krisen und Herausforderungen reagieren zu können. Dies können wir nur gemeinsam schaffen.“ Ergebnis war eine grundlegende Veränderung der Strukturen und vor allem eine Stärkung der Zusammenarbeit innerhalb des Verbands, aber auch mit externen Akteuren.

 „Our strength ist the capability to cooperate – unsere Stärke ist unsere Fähigkeit, zusammenzuarbeiten.“ Margarete Wahlström, Präsidentin des Schwedischen Roten Kreuzes

Die veränderten Strukturen und neue Form der Zusammenarbeit spiegelt sich in vielem wider, was das Schwedische Rote Kreuz den Kolleginnen und Kollegen des DRK präsentierte. Zum einen in der räumlichen Aufteilung des Büros des Generalsekretariats – man setzt auf eine Clean Desk Policy, bei der Mitarbeitenden keine festen Arbeitsplätze und Räume zugewiesen sind, sondern die Möglichkeit besteht, täglich einen anderen Platz zu wählen. Gemeinschaftliche Büroräume und eine Vielzahl an Besprechungszimmern bieten Platz für Austausch. Dieses Raumkonzept soll funktionsübergreifende Zusammenarbeit und den Abbau von Hierarchien begünstigen. Zum zweiten spiegelt sich das Verständnis von Zusammenarbeit in dem veränderten Aufgabenspektrum der klassischen IT wider. Drittens haben die Gliederungen des Schwedischen Roten Kreuzes sich auf gemeinsame Leitlinien und ein gemeinsames Verständnis der Zielsetzung und Aufgaben aller Gliederungen verständigt und befinden sich in einem Fusionsprozess.

Weichenstellung für die nächsten Jahre in der Generalversammlung

Im Schwedischen Roten Kreuz findet alle zwei Jahre eine Generalversammlung statt, in der Vertreterinnen und Vertreter der Gliederungen gemeinsam die strategischen Weichen stellen. Im Frühjahr 2019 wurde die Strategie 2020-2023 verabschiedet. In der Strategie wurde festgelegt, die Anzahl der Bezirksvertretungen von 774 durch Fusionen in den kommenden vier Jahren auf 290 zu reduzieren. Hintergrund dieser Entscheidung ist der Anspruch des Schwedischen Roten Kreuzes, im ganzen Land präsent zu sein – und zu bleiben. Angesichts der zunehmenden Alterung des Ehrenamts vielerorts und der geringeren Bereitschaft jüngerer Menschen, administrative Aufgaben als Ehrenamt wahrzunehmen, konnte hier ein Konsens gefunden werden. Darüber hinaus haben die Bezirksvertretungen sich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, was das Schwedische Rote Kreuz ausmacht und welche Angebote es schwedenweit geben sollte. Ergebnis sind vier zentrale Aufgabenfelder, die von allen Gliederungen angeboten bzw. ausgefüllt werden müssen und damit den Kern des Schwedischen Roten Kreuzes ausmachen.

Veränderung in Auftrag und Rolle der IT

Im Sinne der guten und übergreifenden Zusammenarbeit hat das Schwedische Rote Kreuz 2014 beschlossen, die IT für den Gesamtverband im Generalsekretariat zu zentralisieren. Hintergrund ist, dass damit statt vieler, teils nicht ausreichend funktionaler Software-Lösungen eine Einheitlichkeit bei gleichzeitig hoher Qualität der Software in allen Bereichen – von Personal über Fundraising, Mitgliedermanagement bis hin zur Mitgliederwerbung – erreicht werden kann. Zudem können durch die Bündelung der Ressourcen bei einer IT neue Kapazitäten geschaffen werden, um an innovativen IT-Lösungen für die Fläche zu arbeiten.

Anwendungs-Beispiel: Entstehung einer zentralen Web-Plattform

Ein konkretes Beispiel dieses Wechsels von vielen verschiedenen zu einer zentralen Lösung ist aktuell die Entwicklung einer zentralen Web-Plattform für das Schwedische Rote Kreuz. Während vorher parallel eine Vielzahl von Web-Lösungen existierte, nahm man sich dem Wechsel zu einer Plattform an, auf der sich das Schwedische Rote Kreuz zentral als eine Organisation präsentiert.

Im Rahmen der Entwicklung dieser Web-Plattform stützte man sich auf die Anwendung des Effect Mapping Tools. Mit dieser Methode wurden verschiedene Aspekte beleuchtet, aber vor allem der Fokus auf die Nutzenden - und nicht die Funktionen einer Software-Lösung - gelegt. Im Rahmen dieses Prozesses stellte sich das Schwedische Rote Kreuz eine Vielzahl von Fragen: Wer ist die Zielgruppe, wer sind die Nutzenden unserer Plattform? Welche Motivation bringen sie mit? Zu welchem Zweck nutzen sie das Web und welche Informationen sollen dort abrufbar sein? Wie nehmen sie das Schwedische Rote Kreuz wahr? Diesen und weiteren Fragen wurde durch Interviews auf den Grund gegangen. Ausgehend von den so gewonnenen Erkenntnissen entstand das Grundgerüst, im Prozess wurden dann nach und nach die Informationen ergänzt. Für die Umsetzung wurden zunächst die Abbildung interner Aufgabenfelder priorisiert, im nächsten Schritt entsteht das externe Web für die Öffentlichkeit.

Die nächsten noch ausstehenden Schritte im Prozess sind die Entstehung eines offenen Intranets und Web-Auftritte für die regionalen Gliederungen. Bemerkenswert ist vor allem, dass ersteres ohne Passwort zugänglich sein wird – was wiederum eine zentrale Einstellung in der schwedischen Kultur aufgreift: Transparenz, Kollaboration und gegenseitiges Vertrauen als Leitideen.

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