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Und noch eine Reform

So viele Reformen, konzertierte Aktionen und Gesetzesänderungen. So viele Erklärungen für Kostenexplosionen und Fehlentwicklungen. So viele Vorschläge und Versprechen das Gesundheitssystem zu heilen. Nun soll die Krankenhauslandschaft wieder einmal neu geordnet werden. Der Gesundheitsminister lässt sich auf der Website seines Hause zitieren: „Fest steht: Ohne Reform werden viele Krankenhäuser ungesteuert Insolvenz anmelden müssen. Mit der Reform bekommen Krankenhäuser wieder eine Perspektive." Ist das so?

Mit Blick auf den gern verwendeten Begriff der Krankenhauslandschaft bietet es sich an, die aktuellen Reformanstrengungen der Bundesregierung als erneuten Versuch eines landwirtschaftlichen Großeingriffs zu verstehen. Wieder einmal wird der Versuch unternommen, von zentraler Stelle aus deutschlandweit über Feldergrößen, Fruchtfolgen, Ernten und Düngereinsatz zu bestimmen. Vor fast genau 20 Jahren 2004 wurden die diagnosebezogene Fallgruppen (DRG) eingeführt und die Krankenhäuser wie alle anderen Akteure im Bereich Gesundheit und Pflege auf Effizienz und Effektivität getrimmt. Doch nun meint man, dass die Ökonomisierung zu viele unerwünschte Nebenwirkungen mit sich gebracht hat. Die Einstellung der Krankenhäuser auf die Möglichkeiten im Rahmen der DRG (Casemix, Mengenausweitung) brachten den Vorwurf der Kassen, dass Krankenhäuser medizinisch nicht notwendige Leistungen erbringen und so ihrerseits zu Kostensteigerungen beitragen. 

So wandelte sich der Blick der Kassen und der Politik, der seinerzeit nur Ernteverbesserungen und Fruchtpreissenkungen durch die DRGs (Verringerung der Liegezeiten, Abbau der Hotelkosten) sehen wollte, in einen, der den Anbau schnell wachsender und gleichzeitig zu erntender verschiedener teurer Früchte erkennen musste. Das bisherige System der Fallpauschalen wird seitens der Kassen und der Bundesregierung nun als ein entscheidender Auslöser für Fehlanreize betrachtet und soll im Rahmen einer Flurbereinigung zurückgedrängt werden. Die Krankenhauslandschaft soll mithilfe von Vorhaltevergütungen, die an die durch Planungsbehörden der Bundesländer zugewiesenen Leistungsgruppen gekoppelt werden, neu vermessen werden.

Unser Brennpunkt zur aktuell anstehenden Krankenhausreform geht hierauf ein. Optimistisch betrachtet könnte eine Kombination aus Vorhaltefinanzierung und DRG-Finanzierung zu einer Balance von Qualität, Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit führen. Doch über den Tag der Reform hinaus betrachtet, bleibt die Krankenhauslandschaft ein Teil eines komplexen Ökosystems bestehend aus Gesundheitsversorgung, Notfallrettung und Pflege. Die Gewährleistung des erprobten und bewährten Ineinandergreifens von Medizin, Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Pflege sind unverzichtbare Bausteine für die Resilienz des Gesundheitswesens. Krankenhäuser bilden keine eigene Nur-Krankenhauslandschaft, sondern sind über zahlreiche Brücken, Straßen und Wege mit den anderen Akteuren des Gesundheitswesens und der Pflege (Rehabilitationskliniken, Pflegeeinrichtungen, Sozialstationen, Rettungsdiensten, niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Apotheken) verbunden. Sie stehen mit ihnen in Wechselwirkungsverhältnissen, die von Kooperation bis Konkurrenz reichen. Klar ist, dass nur eine mit Augenmaß abgestimmte Reform, die alle Akteure gleichermaßen fordert und möglichst nicht überfordert, dazu beitragen kann, eine fruchtbare Landschaft zu erhalten, Monokulturen einzuhegen und ihre Verödung zu verhindern. Der Erfolg der Krankenhausreform wird an der Aussage des Gesundheitsministers „Mit der Reform bekommen Krankenhäuser wieder eine Perspektive.“ gemessen werden. Eine blühende Krankenhauslandschaft wird am Ende an ihren Früchten erkannt werden.