Seit über einem halben Jahr arbeiten wir digital vernetzt. Einige von uns haben sich noch nie im „wirklichen“ Leben getroffen. Wir – das sind die Mitglieder des Netzwerks Digitale Wohlfahrt, ins Leben gerufen im März des Jahres 2020 durch die Kompetenzzentren Digitalisierung des DRK. Wir – das sind Vertreterinnen und Vertreter aus 12 Landesverbänden, die sich mit Beginn der Corona-Pandemie zwar gefunden, aber, wenn auch nicht wieder verloren, sich aber doch der Herausforderung stellen mussten, sich „aus dem Nichts heraus“ über digitale Hürden hinweg kennenzulernen und einen gemeinsamen Arbeitsmodus zu finden. Das war nicht leicht.
Der erste Schritt ist getan
Am 17. und 18. September 2020 haben sich einige Akteurinnen und Akteure unseres Netzwerkes nun ganz analog, aber natürlich unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln, für zwei Tage in Berlin getroffen. Neben einem persönlichen Kennenlernen – juhu – haben wir uns in vielerlei Hinsicht mit uns selbst beschäftigt: Wo verorten wir uns im DRK? Welche Rolle nehmen wir wahr? Wodurch erreichen wir es, auch über die föderalen Grenzen unseres Verbandes hinweg sicherzustellen, dass alle gemeinsam die digitale Transformation bewältigen, voneinander lernen und Synergien nutzen? Wie organisieren wir Wissensaustausch und -transfer? Oder: Was benötigen wir selbst, um sichtbar zu werden und gut zusammenzuarbeiten?
Dabei klingt Netzwerk auf den ersten Blick unverbindlich und offen. Und obwohl, wie wir relativ schnell festgestellt haben, uns eine große Bandbreite an beruflichem Hintergrund, aktuellem Aufgabenspektrum aber auch konkreter persönlicher Herangehensweise an digitale Themen und Herausforderungen kennzeichnet, eint uns alle der unbedingte Wille, in unserem DRK etwas zu bewegen. Ob aus Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern, aus Baden-Württemberg, Niedersachsen oder Brandenburg – wir als die von den Landesverbänden ins Netzwerk entsandten Vertreterinnen und Vertreter haben bei diesem ersten Präsenztreffen unsere Rolle als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren reflektiert und gemeinsame Ziele definiert.
Digital im DRK – wann, wenn nicht jetzt?
Eigentlich hätte es keiner Einführung mehr bedurft. Trotzdem war es zur Einstimmung wichtig, von den Kolleginnen aus dem Team Gesellschaftliche Trends und Innovationen einen kurzen Input zur Digitalisierungsstrategie des Bundesverbands sowie zur Einordnung der Kompetenzzentren und des Netzwerks Digitale Wohlfahrt zu erhalten. Die anschließenden, ganz konkreten Projektbeispiele verdeutlichten mir eindrucksvoll, dass es uns innerhalb kürzester Zeit gelungen ist, die Krise als Chance zu nutzen – ob
- die Entwicklung eines Online-Beratungstools, das das Angebot von Beratungsstellen der Flüchtlingshilfe sowohl für die Ratsuchenden als auch für die Beratungsstellen selbst ergänzt und dadurch eine barriereärmere, schnellere und trotzdem sichere Hilfestellung leistet,
- der Elterncampus, eine Plattformlösung aus dem DRK und für das DRK, der virtuelle Kursangebote für Eltern nicht nur per Videoschalte ermöglicht, sondern live und ganz individuell Unterstützung bietet oder
- der Digital-Readiness-Check, der dazu beiträgt, dass interessierte DRK-Gliederungen, die sich auf den digitalen Weg machen wollen, einen Anfang finden und dabei unterstützt werden, die richtigen Fragen zu stellen, Zusammenhänge zu erkennen und Handlungsoptionen abzuleiten.
Digitalstrategien mit dem und für den Verband
Für rege Diskussionen sorgten die beiden folgenden Vorträge: Dabei verdeutlichten die vorgestellten Ansätze der Herangehensweise an die Entwicklung einer Digitalstrategie bzw. von Digitalkompetenzen einmal mehr die vielfältigen Möglichkeiten im DRK. Während im Kreisverband Rosenheim mit den Vorlagen aus den Kompetenzzentren gearbeitet wird, setzt der Landesverband Baden-Württemberg mit seinem Digital-Leadership-Programm auf die Entwicklung von Digitalkompetenzen von der Basis aus. Beiden gemeinsam ist, dass – wenn auch auf unterschiedlichen Wegen – so doch immer mit einem klaren Fokus auf größtmögliche Akzeptanz unter den Mitarbeitenden und somit einer effizienten Herangehensweise für die Aufgabenerfüllung in den Gliederungen vor Ort hingearbeitet wird. Dass unterschiedliche Rahmenbedingungen unterschiedliche Wege ermöglichen oder sogar erfordern, ist insofern ein gutes Beispiel für ein individuelles und passgenaues Vorgehen im Verband.
Im Mittelpunkt steht der Mensch
Welche Aufgaben kommen in diesem Zusammenhang nun dem Netzwerk Digitale Wohlfahrt zu? Den Absprachen hierzu ging eine Klärung des eigenen Selbstverständnisses voraus: In unserer Rolle als Multiplikatoren und sozusagen Botschafterinnen des digitalen Wandels im DRK unterstützen wir den gesamtverbandlichen Prozess durch die gemeinsame Arbeit an Projekten, den Wissensaustausch und -transfer sowie als Mittlerinnen und Mittler. Wir beobachten die unterschiedlichen Aspekte digitaler Themen in den Gliederungen, sorgen für Know-how-Transfer und leisten Hilfestellung durch das Wissen voneinander und die Weitergabe von Erfahrungen und guten Praxisbeispielen. Als unabdingbar und wesentliche Voraussetzung für eine zielgerichtete und nachhaltige Arbeit im Netzwerk war für uns die Betonung, dass jegliches Tun darauf abzielt, Hilfe zu leisten: Für Menschen, die durch uns betreut werden, die in unseren Einrichtungen wohnen, aber auch für Menschen, die in unseren Reihen arbeiten und sich engagieren. Insofern ist Digitalisierung immer nur Mittel zum Zweck: Im Mittelpunkt steht der Mensch!
Das Netzwerk wird sich zukünftig – sofern möglich – zweimal im Jahr analog treffen. Dazwischen werden wir weiterhin virtuell in großer Runde, aber bei Bedarf auch bilateral oder in kleineren Gruppen, in Kontakt bleiben. Das Netzwerk Digitale Wohlfahrt soll es möglich machen, abseits von föderalen Grenzen und Hierarchien sachbezogen und getragen von einem gemeinsamen Verständnis über die Chancen des digitalen Wandels für die soziale Arbeit zum Wohle von Menschen zusammenzuarbeiten. Ich bin stolz, Teil des Netzwerkes zu sein und freue mich auf den weiteren Austausch.
Gastbeitrag von Katrin Tschirner
Netzwerk Digitale Wohlfahrt – Vertreterin Brandenburg