
Betreiber von Windenergie- und Freiflächen-Solaranlagen können die anliegenden Gemeinden, die von der Errichtung ihrer Anlage betroffen sind, finanziell beteiligen. Dies beschreibt die freiwillige Kommunalabgabe nach § 6 EEG 2023 (Neuauflage des § 6 EEG 2021). Gemeinden, die sich in einem Umkreis von bis zu 2.500 Metern um eine Anlage befinden, können bis zu 0,2 Cent pro eingespeister Kilowattstunde (kWh) Strom als einseitige Zuwendung ohne Gegenleistung erhalten. Bei Solarparks gilt: Die Solaranlage muss auf dem Gebiet der Gemeinde errichtet sein. Bisher profitierten nur Gemeinden mit seit Januar 2021 genehmigten Wind- oder Solarparks; nun gilt das Gesetz auch für Bestandsanlagen. Gleichzeitig räumt der Bund den Ländern in § 22b EEG die Möglichkeit ein, zusätzliche Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz zu ergreifen. Dadurch erhalten die Länder die Befugnis, eigene Regelungen zur verpflichtenden Beteiligung von Gemeinden festzulegen.
Mehr Informationen unter: 20240718_BWE-Informationspapier_Beteiligung_von_Anwohnern_und_Gemeinden.pdf
Für Anlagenbetreiber spielt die Kommunalabgabe eine zentrale Rolle bei der Steigerung von Akzeptanz für Wind- und Solaranlagen in den umliegenden Nachbarschaften. Für die betroffenen Kommunen bietet die freiwillige Gemeindebeteiligung wiederum eine ergänzende Finanzierungsmöglichkeit lokaler Haushalte und schafft Wertschöpfungspotenziale für kommunale Leistungen und Projekte.
Ein gelungenes Beispiel für die kommunale Nutzung der EEG-Kommunalabgabe zeigt die Stadt Luckau. Gemeinsam mit dem DRK-Kreisverband Fläming-Spreewald e.V. wurde eine auf fünf Jahre angelegte Gemeindegesundheitspflege (Community-Health-Nurse) kofinanziert – eine zentrale Ansprechpartnerin rund um Pflege und Gesundheit in Luckau und den Ortsteilen. Mehr Informationen zur Gemeindegesundheitspflege unter: Blogbeitrag - DRK Wohlfahrt.
Ausgangspunkt der Zusammenarbeit war eine gemeinsam durchgeführte Sozialraumanalyse, die durch den Pakt für Pflege/Pflege vor Ort gefördert wurde.
,,Als Ergebnis der Analyse entstand ein umfassender Bericht (..) mit Empfehlungen für geeignete Maßnahmen an die Stadt Luckau. Eine dieser Empfehlungen war (...) die Schaffung einer Personalstelle für eine zentrale Ansprechperson rund um pflege- und gesundheitsbezogene Themen. Anfang 2024 konnten wir mit der Etablierung der Gemeindegesundheitspflege starten.’’ - so Stephanie Günther, Fachassistenz Geschäftsbereich Pflege im DRK Kreisverband Fläming-Spreewald e.V.
Da die Fördermittel allein nicht ausreichten, um eine angemessene Personalstelle für die masterqualifizierte Gemeindegesundheitspflege zu finanzieren, entschied sich die Stadt Luckau, die fehlenden Mittel aus dem kommunalen Haushalt bereitzustellen. Unter anderem fließen Einnahmen aus Windenergieanlagen in den kommunalen Haushalt. Im Dezember 2024 wurde in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen, die Kofinanzierung der Stelle im Umfang von 30 Stunden pro Woche für weitere fünf Jahre zu sichern.
Hierfür nutzt die Stadt Luckau weiterhin die Landesfördermittel aus dem Pakt für Pflege/Pflege vor Ort und investiert darüber hinaus kommunale Eigenmittel aus Windkrafteinnahmen. Dass es in Brandenburg mit dem Pakt für Pflege solch eine Förderoption gibt, ist super. Ohne die Kofinanzierung der Stelle durch die Stadt Luckau hätten wir die Gemeindegesundheitspflege aber nicht etablieren können.
Die Förderung einer Community-Health-Nurse in ländlichen Gebieten ist keine kommunale Pflichtaufgabe, sondern eine freiwillige Leistung der Stadt Luckau. Dennoch bleibt die Mitverantwortung der Kommunen für pflegerische Versorgung trotz knapper Haushalte und eingeschränkter Handlungsspielräume ein unverzichtbarer Teil ihrer Versorgungsleistungen. Mit ihrer Umsetzung und Kofinanzierung zeigt die Stadt Luckau, wie Einnahmen aus erneuerbaren Energien gezielt eingesetzt werden können, um die Gesundheitsversorgung vor Ort zu stärken. Programme wie der Pakt für Pflege oder die finanzielle Beteiligung über § 6 EEG können Kommunen nicht nur finanziell unterstützen, sondern auch ihre Fähigkeit zur eigenverantwortlichen Planung und Umsetzung kommunaler Versorgungsstrukturen fördern.
In der Kernstadt stehen die Windräder nicht, wir geben den Dörfern was zurück. Das war eine politische Entscheidung. Die nächsten 10-15 Jahre stehen die Windräder noch und solange sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, haben wir auch eine stabile Einnahmequelle (...) da kommt eine hohe sechsstellige Summe zusammen.
Die Zusammenarbeit der Kommune mit Anlagenbetreibern ist aufgrund der komplexen Gesetzeslage jedoch kein einfaches Unterfangen und erfordert eine sorgfältige rechtliche Prüfung sowie lokale Abstimmung. Die Anwendung des §6 EEG bietet zwar großes Potenzial, unterliegt aber strengen Vorgaben und Auflagen, die eine ganzheitliche und lokal angepasste Herangehensweise notwendig machen.
Die freiwillige Kommunalabgabe nach §6 EEG 2023 allein betrachtet kann zunächst komplex erscheinen – rechtlich, organisatorisch, finanziell. Das Beispiel Luckau verdeutlicht jedoch: Einnahmen aus Windkraft können innovative Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum ermöglichen.
Erkundigen Sie sich bei Ihrer Kommune über solche Finanzierungsmöglichkeiten und treten Sie in den Austausch, gemeinsam lassen sich neue Wege für die Gemeindegesundheitspflege und spannende Finanzierungsansätze erschließen.