Cafés und Kilos in Steglitz
An dem besagten Freitag zeigte sich Berlin im Sonnenschein von seiner besten Seite. Nach einem kurzen Frühstück mit Berliner Café au Lait zum Kennenlernen machten wir uns auf zum ersten von drei Läden des Roten Kreuzes in der Hauptstadt. Mit dabei war
Kathleen Wabrowetz, die sich auch für weitere soziale Dienstleistungen des Französischen Roten Kreuzes interessierte. Unsere erste Station war der
Kilo-Shop in Steglitz, der sich am Anfang der Schlossstraße befindet, eine der größten Shopping-Meilen der Stadt. Dort wurden wir vom Team des Kleiderladens sehr herzlich empfangen und unsere französischen Gäste stellten sogleich viele Fragen zu Konzept, Kundenanzahl und Kultur des Ladens. „13 Euro für 1 kg Kleidung! – ein einfaches und funktionierendes Konzept!“ stellten die Gäste schnell fest. Die Überschüsse aus dem Verkauf der Ware fließen in die sozialen Projekte des DRK-Landesverbandes Berlin, zum Beispiel zum
Wärmebus. Frau Seigewasser, eine Mitarbeiterin im Laden, beschrieb uns, welche Arbeitsschritte tagtäglich von der Warenannahme bis zum Verkauf anfallen. Wir erfuhren auch, welche Kundinnen und Kunden den Laden besuchen und dass manche sogar mehrmals pro Woche nach Einzelstücken suchen. Sébastien war von der Sauberkeit, den ordentlich aufgehängten Kleidern und dem Engagement der Mitarbeiterinnen fasziniert. Die gelebte Menschlichkeit spiegelt sich auch in der Ladenatmosphäre wider. Mit einem guten Gefühl und einem Koffer voller Eindrücke machten wir uns auf den Weg nach Spandau, um ein ganz anderes Kleiderladenkonzept im Fairkaufhaus zu erleben.
Nächster Halt: FAIRKAUFHAUS Spandau
Unweit der Altstadt Spandau liegt das
Fairkaufhaus. Vom Bahnhof waren es also keine fünf Minuten zu Fuß. Frau Dettloff-Grygier die stellvertretende Shopleiterin empfing uns. Nach einer Ladenbegehung durften wir einen Blick hinter die Kulissen werfen. Im Lager wurde unseren französischen Gästen schnell klar, wie professionell es hier zugeht. Es hingen großgeschriebene Arbeitshilfen für alle Arbeitsschritte aus, so dass alle Mitarbeitenden des Geschäfts jederzeit Unterstützung erhalten. Niemand ist dabei auf sich allein gestellt, und auch im Team wird selbständiges Arbeiten gefördert und dadurch möglich. Das ist wesentlich und folgt einem besonderen Konzept: Im Fairkaufhaus arbeiten über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die meist auf dem ersten Arbeitsmarkt gar keine Chance haben. Sie haben oftmals schwere psychische oder chronische Erkrankungen. Das Fairkaufhaus wird als besonderes soziales Angebot für Menschen mit psychischen Erkrankungen seit über 10 Jahren vom Bezirk gefördert, erläuterte Frau Dettloff-Grygier. Es geht nicht ums große Geld, sondern es werden im Geschäft neue Tätigkeiten geschaffen, um etwa auch Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sinnvolle Tätigkeiten zu ermöglichen und eine Tagesstruktur zu geben. Begleitet werden die Mitarbeitenden von einem multiprofessionellen Team aus sozialpädagogischen Anleitern und Fachkräften unterschiedlicher Berufsgruppen. FAIR steht für die Philosophie, die sich durch günstige Preise für hochwertige Waren, gute Arbeitsbedingungen und eine Chance auf Teilhabe auszeichnet.
Ganz besonders beeindruckt waren die französischen Gäste von einer Mitarbeiterin, die den Kreativbereich im Laden leitet. In diesem Bereich geschieht ein liebevolles „Upcycling“, also eine Aufwertung unverkäuflicher Dinge, wie z.B. alter Bücher oder Stoffreste. In perfektem Französisch erklärte die Mitarbeiterin weiterhin, wie z.B. alte Musik-Kassetten in etwas Neues verwandelt werden können und zeigte sogleich eine Handtasche, die die Welt so noch nicht gesehen hat. Eine Etage unter dem Kreativbereich und für normale Shop-Besucher unsichtbar, geschieht aber noch mehr. Für technisch affine Mitarbeitende wurde ein kleines Fotostudio eingerichtet, damit die ganz besonders wertvollen Gegenstände online präsentiert werden können.
Beeindruckt von dieser Tätigkeits-Vielfalt, schauten wir uns auch im angrenzenden Möbellager und in der zugehörigen Werkstatt um. Dort werden gebrauchte Möbelstücke händisch auf Hochglanz poliert und direkt nebenan zum Verkauf angeboten. Jacques fragte hochinteressiert: „Livrez-vous à Paris?“. Berlinerisch seriös entgegnete der Werkstattleiter: „Dit kommt noch!“ Wer ansprechend aufbereitete und hochwertige Möbel oder Kleidungsstücke sucht, sollte daher unbedingt das Fairkaufhaus besuchen.
Hilfe ist der Wunsch, Etwas weiterzugeben – Rotkreuz-Laden Charlottenburg
Die letzte Station auf der Ideen-Shopping-Tour in Berlin war der neue
Rotkreuz-Laden am Klausener Platz in Charlottenburg. Direkt am Eingang wurde klar, dass es sich hier um ein besonderes Schmuckstück handelt, wie Sébastien kommentierte. Die Schaufenster sind schick dekoriert und liebevolle Werbebotschaften locken auch die letzten skeptischen Kunden hinein. Der Laden ist aufgeräumt, hochwertig eingerichtet und die Kleidung ist sinnvoll sortiert. Viele Kleidungsstücke sind fast neu. Durch gutes Netzwerken im Sozialraum erhält der Laden die Ware aus Berliner Luxus-Boutiquen. So sind Glückstreffer für anspruchsvolle Schnäppchenjäger beim Besuch vorprogrammiert. Dabei ist das alles kein Zufall, sondern Teil des Konzepts, wie Frau Kern, die Ladenleiterin, auf Französisch erklärte. Für die französischen Gäste war dieser Laden ein weiteres Highlight, und so zogen sie das Resümee, dass sie so unterschiedliche und anspruchsvolle Rotkreuz-Läden auf ihrer Tour bisher nicht gesehen hätten.
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