Unterlagen mit Diagrammen liegen auf einem Tisch
Im Gespräch über Wirkungsorientierung

Wirkungsorientierung in der Sozialen Arbeit – die fachliche Perspektive ist zentral

In den letzten Jahren wird wieder verstärkt über die Wirkungen von Maßnahmen und Angeboten der Sozialen Arbeit diskutiert. Sehr schnell stehen dann zunächst nur Wirkungsanalyse oder Wirkungsmessung im Fokus. Es zeigt sich aber, dass die Herausforderung, Wirkungsorientierung in einer Praxis zu implementieren, sehr viel umfassender ist und dass für eine erfolgreiche Umsetzung auch die Zielperspektive, unter der das Thema adressiert wird, ausschlaggebend ist. Aktuelle Überlegungen und erste Schritte hin zu mehr Wirkungsorientierung stellt Sebastian Ottmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Praxisforschung und Evaluation der Evangelischen Hochschule Nürnberg, in seinem Gastbeitrag dar.

Fachliche Perspektive der Wirkungsorientierung

Unter Wirkungsorientierung wird zunächst allgemein betrachtet die Forderung zur Hinwendung zu Wirkungen sozialer Dienste verstanden (vgl. Polutta, 2013, S. 1108). Große Unterschiede in der Umsetzung dieser Herausforderung ergeben sich aber aus den ganz verschiedenen Verwertungsinteressen und -perspektiven, unter denen man sich diesem Thema nähern kann: 

Darstellung verschiedener Perspektiven auf Wirkung der sozialen Arbeit

Ottmann, S. & König, J. (2021 in Vorbereitung). Wirkungsorientierung in der Sozialen Arbeit (Grundwissen Soziale Arbeit) (1. Auflage). Stuttgart: Kohlhammer Verlag.

In den letzten Jahren erfolgte eine Beschäftigung oft vor allem aus legitimatorischen Gründen. Dies hatte auch zur Konsequenz, dass schon der Begriff der Wirkung bei den Fachkräften vor Ort häufig negativ geladen ist. Verunsicherung und Angst vor finanziellen Kürzungen schwingt sofort mit. Erfahrungen aus verschiedenen Pilotprojekten zeigen inzwischen, dass die Implementierung von Wirkungsorientierung deshalb zunächst aus einer fachlichen Perspektiven heraus initiiert werden sollte. Eine erfolgreiche Umsetzung, z. B. in Form eines wirkungsorientierten Monitorings, ermöglicht es, Daten zu generieren und zu interpretieren, die dann etwa in die fachliche Weiterentwicklung der Handlungssystematik der Fachkräfte einfließen können. Eine fachlich fundierte Reflexion der eigenen Arbeit und der langfristig angelegte Aufbau eines Wissenskorpus ermöglichen so eine nachhaltig angelegte Professionalisierung des jeweiligen Arbeitsbereichs.

Der Prozess der Wirkungsorientierung

Eine vorrangig fachliche Perspektive trägt so auch zu einer Verstetigung und Differenzierung von Wirkungsorientierung bei und verhindert einen reduzierten Blick auf die bloße Erfassung und Analyse von Wirkungen (vgl. Ottmann & König, 2018, 2019a): 

Ottmann, S. & König, J. (2019a). Wirkungsanalyse in der Sozialen Arbeit. Differenzierung ist nötig. Soziale Arbeit, 68(10), 368–376.

Nach der Verständigung über den Wirkungsbegriff zu Beginn des Prozesses steht das Entwickeln von Wirkmodellen (vgl. Ottmann & König, 2019b) für die Angebote und Dienstleistungen im Vordergrund. Erst danach erfolgt eine Wirkungsanalyse. Dazu kann der ‚Wirkungsradar‘ eingesetzt werden, der als empirische Toolbox für ein stufenweises Vorgehen im Bereich der Wirkungsanalyse in der Sozialen Arbeit entwickelt wurde. Zentrales Element, neben der Entwicklung von Wirkmodellen, ist hierbei der Aufbau eines wirkungsorientierten Monitorings, mit dem regelmäßig Effekte, also Veränderungen oder Stabilisierungen bei der Zielgruppe im Hinblick auf die zuvor definierten Ziele erhoben und dargestellt werden können.

Mehrwert von Wirkungsorientierung

Nach einer erfolgreichen Implementierung von Wirkungsorientierung profitiert die Einrichtung bzw. der Träger dann nicht nur von einer verbesserten Datenlage für die Berichtslegung gegenüber Politik, Kostenträger und anderen Stakeholdern. Durch den Prozess entsteht auch ein Mehrwert im Hinblick auf die Weiterentwicklung der eigenen Angebote, etwa indem bestehende Konzepte und Prozesse diskutiert und hinterfragt werden können. Und auch im Hinblick auf die Fachkräfte zeigen erste Erfahrungen, dass der Prozess insgesamt als Bereicherung für die Weiterentwicklung der eigenen beruflichen und professionellen Identität angesehen wird. Wirkungsorientierung unter fachlicher Perspektive generiert auf diese Weise einen fachlichen Mehrwert für die Praxis, die Profession und für die Mitarbeitenden selbst.

Einen tiefergehenden Einblick in das Thema „Wirkungsorientierung in der Sozialen Arbeit“ gibt ein kostenfreier Online-Kurs auf der Plattform openVHB der Virtuellen Hochschule Bayern. Der Kurs wurde am Institut für Praxisforschung und Evaluation der Evangelischen Hochschule Nürnberg entwickelt. Die Teilnahme an dem Kurs ist für alle Interessierte (auch außerhalb Bayerns) kostenfrei. Es ist lediglich eine Registrierung auf der Plattform nötig.

Weiterführende Literatur:
Ottmann, S. & König, J. (2018). Was wirkt wie? – Konzeptionelle Überlegungen zur Messung und Analyse von Wirkungen in der Sozialen Arbeit. Der Wirkungsradar des Instituts für Praxisforschung und Evaluation der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Forschung, Entwicklung, Transfer - Nürnberger Hochschulschriften, 29. doi.org/10.17883/fet-schriften029

Ottmann, S. & König, J. (2019a). Wirkungsanalyse in der Sozialen Arbeit. Differenzierung ist nötig. Soziale Arbeit, 68(10), 368–376.

Ottmann, S. & König, J. (2019b). Am Anfang steht das Wirkmodell. Überlegungen und Ansätze zur Analyse von Wirkungen in der Sozialen Arbeit. Blätter der Wohlfahrtspflege, 166(2), 67–70. doi.org/10.5771/0340-8574-2019-2-67

Polutta, A. (2013). Wirkungsorientierung. In K. Grunwald, G. Horcher & B. Maelicke (Hrsg.), Lexikon der Sozialwirtschaft (2. Auflage, S. 1108–1109). Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft.

Autor:

Sebastian Ottmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Praxisforschung und Evaluation der Evangelischen Hochschule Nürnberg (www.soziale-wirkung.de)