Auch in dieser Legislaturperiode steht die Modernisierung des SGB VIII auf der Agenda. Die Rede ist nicht mehr von der Reform und *großen Lösung*, auch wenn das Vorhaben der Inklusion aller Kinder und Jugendlichen offenbar als gesetzt gilt.
So zumindest der Tenor auf der Auftaktveranstaltung zum neu begonnenen Dialogprozess zur Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe am 6. November, zu dem die Fachwelt geladen war. Die Gefühlsskala reichte von *euphorisch* über *neugierig* und *optimistisch*bis *wütend*, was mittels eines elektronischen Abfragetools zu Beginn der Veranstaltung live an die Wand projiziert wurde. Dieses Instrument zog sich als Publikumsbeteiligung durch den gesamten Tag, was das mit Grußwort, Podium, Rede der Ministerin und Arbeitsgruppen herkömmliche Tagungsformat – na, eben – in gewisser Weise modernisiert hat.
Der Beteiligungsprozess ist beginnend mit der Auftaktveranstaltung in Händen einer Agentur mit entsprechender Expertise, der Prozess mit ehrgeizigen Zielen eng getaktet: Im Jahr 2019 wird eine aus 50 Mitgliedern (die Besetzung steht noch aus) bestehende feste Arbeitsgruppe die vier gesetzten Themensäulen *Besserer Kinderschutz und mehr Kooperation*, *Wirksames Hilfesystem/weniger Schnittstellen/mehr Inklusion*, *Fremdunterbringung: Kindesunteressen wahren – Eltern unterstützen – Familien stärken* und *Prävention im Sozialraum stärken* in einem transparenten Szenario bearbeiten. (Vom Podium wurde im Hinblick auf den bevorstehenden Ausbau der Ganztagsbetreuung in Grundschulen angeregt, dieses Thema als fünfte Säule gleich mitzubearbeiten. Von der tatsächlichen Berücksichtigung dürfte aber in diesem engen Zeitraster eher nicht auszugehen sein.)
Unterfüttert werden soll die Arbeit der AG durch eine wissenschaftliche Begleitung, in der sowohl Betroffene als auch Fachkräfte befragt werden sowie insgesamt 8 Fokusgruppen sich mit den vier vorgegebenen Themen befassen sollen. Die Fachwelt wurde bereits im Vorfeld der Tagung zur Interessenbekundung aufgerufen. Das DRK bringt gerne seine Expertise aus der Fachpraxis in den Gestaltungsprozess ein. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung sollen in den laufenden Arbeitsprozess einbezogen werden. Der Gesetzentwurf, der sich allem Verständnis nach auf den beziehen soll, der im Bundesrat liegengeblieben ist, soll 2020 fertig verabschiedet sein.
Eine ausführliche Darstellung des Beteiligungsprozesses inklusive Zeitschiene, die Bereitstellung von Informationen und sukzessive der Arbeitsergebnisse ist zu finden unter
www.mitreden-mitgestalten.de. Dort gibt es die Möglichkeit, einen Newsletter zu abonnieren, um nichts zu verpassen. Vor allem soll es aber auch eine Plattform zur Beteiligung werden: Mittels strukturiertem Online-Consulting sollen über die feststehende Arbeitsgruppe hinaus möglichst viele Leute die Möglichkeit bekommen, sich fachlich einzubringen.
Welche Erkenntnisse hat der Tag gebracht? Vielversprechend waren die bei aller Leichtig- und Fröhlichkeit ihrer Rede doch schwerwiegenden und bedeutsamen Ausführungen der Ministerin, dass die Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe nicht zum Nulltarif zu haben sei, sondern durchaus etwas kosten dürfe. Nicht umsonst war deshalb wohl auch die parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Finanzen anwesend.
Und wie geht es weiter? Jetzt wartet die Fachwelt auf die Berufungen in die angekündigte feste Arbeitsgruppe, um dann bald die Arbeit aufzunehmen. Auch die wissenschaftliche Begleitung und die Arbeit mit Fachkräften, Fokusgruppen etc. dürfte bald losgehen. Wer sich mit dem Aufbau näher befassen möchte,
wird hier fündig.
Ich jedenfalls freue mich auf den Arbeitsprozess, darauf, unsere verbandliche Expertise mit einzubringen und hoffe natürlich vor allem auf das Arbeitsergebnis in Form eines Gesetzentwurfs, den wir alle gerne mit tragen.