Migrationsprozesse zu gestalten ist eine Herausforderung - sowohl für den einzelnen Menschen als auch für die Gesellschaft als Ganzes. In diesem Prozess spielen Angebote wie die MBE eine zentrale Rolle. Unsere Beratungsstrukturen bieten nicht nur Orientierung, Unterstützung und Beratung in zentralen Lebensbereichen, sondern tragen auch maßgeblich dazu bei, dass zugewanderte Menschen langfristig in unserer Gesellschaft Fuß fassen können. Ohne diese Hilfsstrukturen wäre der Integrationsprozess erheblich erschwert. Die Beratungsangebote ermöglichen es Betroffenen, bürokratische und persönliche Hürden zu überwinden und wirken gleichzeitig in die Institutionen der Ankunftsgesellschaft, was letztendlich gesellschaftliche Teilhabe unterstützt.
Zugewanderten Menschen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, fördert nicht nur die Selbstwirksamkeit, sondern stärkt auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dabei geht es um Menschlichkeit – und um das gesellschaftliche Gesamtgefüge. Insbesondere vor dem Hintergrund multipler globaler Krisen werden gelingende Migrationsprozesse ein entscheidender Faktor für zukunftsfähige Gesellschaften bleiben.
Nadja Saborowsi, Teamleiterin Soziale Hilfen und Soziales Ehrenamt
Zum 01.07.2023 ist das neue Bundesprogramm „Asylverfahrensberatung“ (AVB) gestartet. Hintergrund: Menschen, die das Asylverfahren durchlaufen, kommen in aller Regel aus Kriegs- und Krisengebieten und haben meist eine gefährliche und langwierige Flucht hinter sich. Gleichzeitig handelt es sich um ein überaus komplexes Verwaltungsverfahren, dessen Ausgang große Auswirkungen auf den weiteren Lebensweg der Betroffenen hat. Die AVB bietet ihnen Beratung und Orientierung. Sie klärt auf, berät, bereitet mit den Asylsuchenden die Anhörung vor und unterstützt dabei, den Bescheid und dessen Rechtsfolgen zu verstehen.
In 2023 wurden für die sechsmonatige Projektlaufzeit insgesamt 20 Millionen Euro bereitgestellt. Für das DRK stiegen 21 Träger in die AVB ein. Der geplante stufenweise Aufbau – bis auf 80 Millionen Euro Fördervolumen – wurde 2024 nicht weitergeführt. Defacto kam es sogar zu einer Kürzung.
Wir sagen: Migration ist ein zentraler Bestandteil unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.
Inga Meta Matthes, Referentin Grundlagen Flucht
Deshalb sehen wir es im DRK als unsere Aufgabe, Menschen dabei zu unterstützen, ihre Rechte zu kennen, damit diese wahrgenommen werden können und Teilhabe möglich wird. Kontinuierliche Aufgaben benötigen kontinuierliches Engagement seitens der Politik. Die Träger des DRK können dieser dauerhaften Aufgabe nur gerecht werden, wenn die Rahmenbedingungen entsprechend gestaltet sind. Hierzu gehört vor allem eine mittelfristige und verlässliche Förderung, um Fachpersonal vorhalten und die Angebote entsprechend umsetzen zu können.
Die MBE ist seit Jahren Stützpfeiler unserer Integrationsarbeit, doch durch die Förderrichtlinien, die unsichere Haushaltslage und letztendlich Haushaltskürzungen sehen sich die Träger mit neuen finanziellen und strukturellen Herausforderungen konfrontiert. Auch für die gerade begonnene AVB haben die Kürzungen fatale Folgen.
In der mittelfristigen Haushaltsplanung werden in Bezug zum aktuellen Status Quo der Förderung regelmäßig 30% weniger Mittel für die MBE eingeplant (Bsp: Förderung 2023: 81,5 Mio €, Plan 2024: 57,5 Mio €). Erst zu Jahresbeginn 2024 stand fest, dass sich die Kürzungen nur auf rund 6% belaufen. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch schon viele Träger aus der MBE ausgestiegen, da sie keine Planungsgrundlage für das benötigte Personal hatten. Zusätzlich sorgen einige Förderbedingungen dafür, dass die Träger ihre entstehenden Kosten nicht abrechnen können. Beispielsweise führt die Deckelung der Personalkosten auf TVÖD E9b dazu, dass höher eingruppierte Beraterinnen und Berater nicht förderfähig sind. Dadurch steigen die Eigenmittel für die Träger erheblich, da Personalkosten oberhalb dieser Deckelung nicht erstattet werden können. Diese Kontexte und Vorgaben erschweren es den Trägern, qualifiziertes Personal zu finden und die Beratungsangebote aufrechtzuerhalten.
In der Asylverfahrensberatung (AVB) führten ebenfalls faktische Kürzungen der Fördermittel zu Standortschließungen und Rückzügen von Trägern. Während 2023 für sechs Monate insgesamt 20 Millionen € zur Verfügung standen, sind es für das ganze Jahr 2024 “nur” 25 Millionen €. Die geplante Aufwuchsdynamik des Programms (geplante Endausbaustufe 80 Mio. €) steht damit in Frage, was zu einer massiven Verunsicherung auf Seiten der Träger führt. Der Aufbau von Strukturen und eine flächendeckende Versorgung der Schutzsuchenden sind so unmöglich. Die von allen Beteiligten als sehr langwierig empfundenen Antrags- und Berichtsverfahren und die verzögerte Bewilligung der Mittel im Jahr 2023 führten zu weiteren Planungsunsicherheiten.
Planungsunsicherheit und fehlende Finanzierung senden ein falsches politisches Signal aus und haben das Potential, etablierte Unterstützungsstrukturen für zugewanderte Menschen kaputt zu sparen und den Aufbau neuer Strukturen aktiv zu verhindern.
Inga Meta Matthes, Referentin Grundlagen Flucht
Das DRK erhebt dringende Forderungen, um die erfolgreiche Arbeit fortzusetzen. Eine Neubewertung der Förderbedingungen und eine erhöhte Planbarkeit der Mittel sind unerlässlich, um die Integration zugewanderter Menschen langfristig zu sichern.