Norbert, mit großem Erfolg hat die Social Impact gGmbH seit 2011 mehr als 500 Teams in ihren neun Labs in Deutschland aufgenommen und bei der Realisierung ihrer Ideen unterstützt. Auf eurer Webseite ist zu lesen, dass ihr nun auch Träger der Freien Wohlfahrtspflege bei der Entwicklung sozialer Innovation begleitet. Wo startet hier die Reise? Wo steht die deutsche Wohlfahrtspflege im Jahr 2018 aus deiner Sicht?
Der Startpunkt für unsere Kooperation zum Thema soziale Innovationen mit der freien Wohlfahrtspflege markiert das Projekt Innovation². Innovation² ist ein Kooperationsprojekt von Social Impact, Fröbel e.V., dem Paritätischen Berlin, dem Paritätischen NRW und dem Paritätischen Gesamtverband. Das Projekt förderte insbesondere Startups im Bereich gemeinnütziger Sozialer Arbeit. Im Rahmen dieses Programm haben sich 2014 erstmals Partner zusammengefunden, die Initiativen aus dem Bereich des Social Entrepreneurship und Initiativen aus der gemeinnützigen Freien Wohlfahrtspflege repräsentieren – eine auf Bundesebene bislang einmalige Zusammenarbeit.
Ziel der Zusammenarbeit ist die Stärkung der Innovationskultur der Wohlfahrtseinrichtungen, aber auch umgekehrt die Unterstützung von Social Startups, die in den Kernleistungsfeldern der Wohlfahrt tätig werden wollen. Hier stellen die Verbände bzw. deren Mitgliedsorganisationen fachliche Expertise und Mentoren zur Verfügung. Des Weiteren bietet Social Impact Innovationsworkshops (Design Thinking) und andere Austauschformate.
Durch den aktiven Austausch mit den Partnern werden die Entwicklungsbedingungen sozialer Startups verbessert und gleichzeitig ein wichtiger Baustein zur Entwicklung einer Innovationskultur im sozialen Sektor geschaffen.
Rasante gesellschaftliche Veränderungen wie der demografische Wandel und die Digitalisierung stellen die Freie Wohlfahrtspflege und ihre Mitarbeitenden vor neue Herausforderungen. Es bedarf daher veränderter Strukturen und Angebote, die disruptive Innovationen ermöglichen.
Unter dem Motto »Wandel. Weitsicht. Wohlfahrt« wollen wir uns ja Ende Januar über die Skalierung sozialer Innovationen unterhalten. Dabei stehen vor allem Kooperationen mit Trägern der Freien Wohlfahrtspflege im Fokus. Doch wie werden solche Kooperationen in Zukunft aussehen? Wie sieht deine Zukunftsvision für die Wohlfahrtspflege in Deutschland aus?
Social Impact fördert gezielt den Austausch zwischen sozialen Startups und Trägern der Freien Wohlfahrtspflege mit dem Ziel, langfristige Kooperationsbeziehungen zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Wohlfahrt und sozialen Startups aufzubauen.
Ganz konkret kann dies am Beispiel der Kooperation des Paritätischen in NRW mit dem Start-up ichó aus dem Social Impact Lab Duisburg gezeigt werden. ichó hat einen programmierbaren und interaktiven Therapie-Ball entwickelt, der in der Therapie und Altenpflege von Menschen mit Demenz eingesetzt wird. Der Paritätische NRW fand dieses Produkt spannend und hat seine Altenpflege Einrichtungen geöffnet, damit ichó seinen Prototypen testen und Feedback von Nutzenden einholen kann. Mit privaten Investitionen wurde dann ein Prototyp entwickelt, der in diesem Jahr in die Serienfertigung gebracht wurde. Auch aus anderen Bereichen abseits der Alten- und Krankenpflege, zum Beispiel aus den Feldern Autismus, Lern- und geistige Behinderung, könnte ein adaptiertes Produkt eingesetzt werden. Hier sind die Träger der Freien Wohlfahrtspflege auch als Skalierungspartner spannend, um einen neuen Service oder ein neues Produkt flächendeckend einzuführen.
Meine Zukunftsvision für die Wohlfahrt von morgen ist eine innovative Wohlfahrt, die agil und schnell Lösungen für die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen entwickelt, und zwar in Zusammenarbeit mit allen relevanten Akteuren, und somit den sozialen Wandel aktiv gestaltet als Rückgrat des sozialen Sektors.
Und nun vom Status Quo in die Zukunft: Was würdest du der Wohlfahrtspflege der Zukunft mit auf den Weg geben?
Die Wohlfahrtsverbände haben in den letzten 100 Jahren bewiesen, dass sie Experten der schrittweisen Anpassung an soziale Veränderungen sind. Nun liegt es an ihnen, Räume zu schaffen und das Fachwissen gebündelt mit ihrem eigenen kreativen Potenzial in konkrete soziale Innovationen umzuwandeln. Soziale Innovationen brauchen Rat, Zeit, Geld und Räume zum Ausprobieren. Scheitern bedeutet Lernen, um es anschließend anders und vielleicht besser zu machen. Dafür muss natürlich eine entsprechende gesellschaftliche und organisationsinterne Kultur geschaffen werden.
Die sozialen Missionen können über neue Wege und Lösungen verfolgt werden. Dabei ist eine träger- und sektorübergreifende Zusammenarbeit und insbesondere auch Kooperationen zwischen sozialen Startups und der Wohlfahrtspflege im Hinblick auf die Entwicklung und Skalierung innovativer Produkte und Dienstleistungen gewinnbringend.
Vor diesem Hintergrund ist meiner Meinung nach eine dogmafreie und zielorientierte Begegnung, die Anerkennung Komplementär-Knowhows und ein gemeinsamer Branchenfokus wichtig.
Allerbesten Dank, lieber Norbert, für das Interview!