Gruppenfoto der Beteiligten am Themenforum
Themenforum Frühkindliche Bildung zum NAP-I, © Ramboll Management Consulting

Nationaler Aktionsplan Integration: Kinder mit Migrationsgeschichte brauchen Qualität und Interkulturelle Öffnung in Kitas

Wie bekommen Kinder mit Migrationsgeschichte eine echte Chance auf Kindertagesbetreuung in Deutschland? Welche Hürden müssen wir abbauen? Im Themenforum" Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung" sind sich die Beteiligten einig: Voraussetzungen für gelingende Integration in Kindertagesbetreuung sind ausreichend gut qualifiziertes Personal, engere Zusammenarbeit mit Familien und Arbeit an bestehenden Vorurteilen. Wir als DRK beteiligen uns an der Erarbeitung von Kernforderungen für den nächsten Integrationsgipfel 2020.

Zwei von drei Kindern mit Migrationsgeschichte können nicht in Kindertageseinrichtungen spielen, Freundschaften schließen, lernen, Sprachförderung erhalten… Nicht, weil ihre Eltern das nicht wollen, sondern die Hürden zu einem Kitaplatz für sie zu hoch sind. Ähnlich hoch wir für Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss - mit und ohne Migrationshintergrund. Geringe Qualität und unzureichende interkulturelle Öffnung in Kindertageseinrichtungen sind laut dem Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration die größte Hürde (2013, Hürdenlauf zur Kita

Um diese Hürden abzubauen, setzt sich die Bundesregierung mit einem Nationalen Aktionsplan Integration Ziele und beschreibt geeignete Maßnahmen. Seit Mai diesen Jahres sind zivilgesellschaftliche Akteure wie das DRK eingeladen, ihre Perspektive und Erfahrungen in einen Themenbericht zur Integration in der frühkindlichen Bildung für den nächsten Integrationsgipfel einzubringen. Darin werden Ziele bzw. Handlungsfelder beschrieben:

  1. Teilhabechancen für alle Kinder an bedarfgerechten Angeboten eröffnen
  2. Gute Qualität fördern und für die Integration von Kindern aus Familien mit Migrationsgeschichte weiterentwickeln
  3. Zusammenarbeit mit Familien in der Kindertagesbetreuung ausbauen

Ist das wieder nur ein abstraktes Papier und es ändert sich in der Praxis zu wenig? Wie kann mit so viel verschiedenen Akteuren Konsens zu zentralen Forderungen gefunden werden? Werden die Stimmen aus der Zivilgesellschaft wirklich gehört? – Das sind einige der Fragen, die mich beim und nach dem Auftaktforum im Juli beschäftigt haben.

Im zweiten Arbeitstreffen am 3. Dezember in Berlin wurden die Ergebnisse der Online-Konsultation zu den Zielen im Themenbericht und die daraus formulierten Kernforderungen vorgestellt. Und ja, dabei wurden die zivilgesellschaftlichen Akteure gehört. Zwei zentrale Anliegen werden im Entwurf des Themenberichtes aufgenommen: das Querschnittsthema Antidiskriminierung/Antirassismus sowie eine ausreichende Personalausstattung als Grundvoraussetzung für gute Qualität und Integration.

„Diskriminierung und Rassismus“ werden als ein viertes Handlungsfeld explizit aufgenommen. Das ist wichtig, weil die Herkunft von Familien in der Praxis zum Beispiel bei der Vergabe von Betreuungsplätzen relevant ist: Welche Kinder und Eltern möchten Mitarbeitende und andere Eltern in einer Kita haben? Wer bekommt die wenigen freien Kita-Plätze? Von diskriminierenden Erfahrungen konnten viele Beteiligten am Themenforum berichten und haben dieses Vorhaben als besonders wichtiges Ziel benannt. Wir als DRK setzen uns bewusst für Inklusion in Kindertageseinrichtungen ein. Gerade wurde die Handreichung Inklusion in DRK-Kindertageseinrichtungen in einer aktualisierten Fassung zum dritten Mal aufgelegt.

Frau vor Pinnwand

Zweiter wichtiger Aspekt ist die Forderung nach ausreichend gut qualifiziertem Personal. Diese Forderung resultiert zum einen aus der angespannten Fachkräftesituation im Arbeitsfeld. Zugleich können wir nur anerkennen, was die Fachkräfte täglich in ihrer Arbeit leisten. Je nach geltendem Betreuungsschlüssel und der konkreten Personalsituation ist es schwierig, den verschiedenen Erwartungen und Anforderungen gerecht zu werden. Wenn durch Personalmangel Zeit für individuelle Betreuung fehlt, dann trifft das Kinder mit Migrationsgeschichte besonders. Dann fehlt Zeit für individuelle Sprachförderung, für Elterngespräche mit Übersetzer, für Informationserstellung in weiteren Sprachen, für Familien-aufsuchende Arbeit… Bundesprogramme wie die Fachkräfteoffensive oder Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist können einen Anstoß geben und unterstützen. Zugleich brauchen Fachkräfte für die vielen verschiedenen Förderprogramme auch Ressourcen und Verstetigung ist durch die jeweilige zeitliche Befristung der Förderung erschwert. Das DRK fordert deshalb kontinuierliche Investition in Kindertagesbetreuung, die Umsetzung des empfohlenen Betreuungsschlüssels und bundeseinheitliche Zielstandards für Qualität in Kindertageseinrichtungen.

Im Themenforum wurden zu den vier Handlungsfeldern im Themenbericht folgende vier Kernvorhaben formuliert:

  • Gut ausgebildete Fachkräfte in ausreichender Anzahl als Voraussetzung für gute Qualität

  • Standards zu vorurteilsbewusster, antidiskriminierender und antirassistischer Bildung, Betreuung und Erziehung

  • Diversitätsbewusste Zusammenarbeit mit Familien: Ansprache und Einbindung von Familien mit Migrationshintergrund

  • Bessere Zugänge in Kindertagesbetreuung schaffen – Abbau von Hürden

Zu diesen Kernvorhaben wurden erste Ideen für konkrete Maßnahmen gesammelt und gemeinsam priorisiert.

Wie geht es nun weiter? Anfang des kommenden Jahres wird der Themenbericht gemeinsam mit allen Beteiligten finalisiert und abgestimmt. Wir beteiligen uns weiter daran, denn es geht nicht nur um ein Papier – es geht um Verbesserungen, die im Alltag der Kinder spürbar werden. Damit das gelingt, setzen wir uns als DRK bundesweit ein.