Anhörung zum Masernschutzgesetz
Bei Diskussionen um das Thema Schutzimpfungen und Impfpflicht denkt man in erster Linie an Institutionen wie das Robert Koch Institut, die Bundesärztekammer, den GKV Spitzenverband und den Ethik Rat. Zu der Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (kurz Masernschutzgesetz) am 24. Oktober 2019 im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages war neben den oben Genannten aber auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrt (BAGFW) geladen und dies hatte seine vollste Berechtigung. Denn im Entwurf des Masernschutzgesetzes werden Leiterinnen und Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen, also von Kindertagesstätten, Hort aber auch von Flüchtlingsunterkünften direkt adressiert. Sie sollen nach diesem Gesetzentwurf zukünftig den Impfstatus ihrer Beschäftigten und der betreuten Kinder und Jugendlichen kontrollieren.
Dies wirft gleich mehrere Fragen auf: Sind die angesprochenen Einrichtungsleitungen fachlich überhaupt qualifiziert zu beurteilen, ob ausreichender Impfschutz vorliegt? Was geschieht mit dem Betreuungsvertrag, wenn ein betreutes Kind keinen Impfschutz nachweisen kann? Welche Auswirkungen hat es insgesamt auf die Einrichtungen, wenn diese nun Kontrollpflichten übernehmen? Muss eine Erzieherin einer Kita gekündigt werden, wenn eine Impfung schlicht verweigert wird?
Stellungnahme der BAGFW
Einige dieser Aspekte kamen in der Anhörung zur Sprache. Die Kritik der BAGFW, die auch schon in der entsprechenden Stellungnahme zum Ausdruck gebracht wurde, nämlich dass die Hauptverantwortung der Umsetzung den Einrichtungen und Trägern auferlegt wird, habe ich in der Anhörung nochmal bekräftigt. Die BAGFW sieht für diese Rolle den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) als prädestiniert an. Schließlich haben die Gesundheitsämter schon vergleichbare Funktionen- beispielsweise die Durchführung der Schuleingangsuntersuchung. In der Anhörung wurde dann offenbar, was vor Ort spürbar ist. Der Öffentliche Gesundheitsdienst hat keine Kapazitäten. So heißt es auch in der Antwort der Bundesregierung auf den Vorschlag des Bundesrates, die Einschätzung des Impfstatus auf das Gesundheitsamt zu übertragen: „Dagegen wurde eine alleinige Durchsetzung der Impfpflicht durch die Gesundheitsverwaltung aus Gründen von Subsidiarität, Bürokratievermeidung sowie bereits bestehender anderweitiger Belastungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes nicht in Betracht gezogen.“
Ich habe mir erlaubt, in der Anhörung Zweifel laut werden zu lassen, dass Bürokratie vermieden wird, wenn den Einrichtungen diese Aufgabe zuteil wird- das Gegenteil dürfte der Fall sein. Ich habe zudem klar betont, dass bei den Einrichtungen und Trägern in mindestens demselben Maße anderweitige Belastungen vorliegen.
Insbesondere vor dem Hintergrund des gravierend wachsenden Fachkräftebedarfes und der aktuell angespannten Personalsituation ist es schließlich unsere Pflicht, zusätzliche Aufgaben, die für die Einrichtungen neu definiert werden, kritisch zu hinterfragen.