Wie Holger Münch - Präsident des Bundeskriminalamtes - erklärt, passieren die allermeisten Delikte gegen Kinder – Misshandlungen, sexuelle Übergriffe oder sexueller Missbrauch – in Familien oder sozialen Gruppen mitten unter uns, und das oft jahrelang. Aber auch Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und andere Einrichtungen in denen sich Kinder aufhalten, können Orte der Übergriffe sein. Wichtig in allen Fällen ist es, dass wir als Erwachsene wachsam sind, Kinder und ihre Bedürfnisse richtig wahrnehmen, ihnen zuhören und sie ernst nehmen, um Signale die auf einen Missbrauch hindeuten möglichst früh zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Denn wie Studien zeigen, teilen sich 40 Prozent der von sexueller Gewalt betroffenen Kinder nicht mit. (Vgl.
Speak Studie 2018)
Was bedeutet das für die Arbeit der Kinder und Jugendhilfe?
Es geht nicht darum sich als eine Risiko-Institution wahrzunehmen, denn wie beschrieben passieren die meisten Übergriffe im familiären Umfeld. Viel mehr ist die Kinder- und Jugendhilfe in erster Linie Prävention und kann zur Resilienz beitragen, denn gute Präventionsarbeit kann ein Schutzfaktor für die Heilung von Erfahrungen sein. Präventionsarbeit heißt auch die Peergroup zu stärken, denn 80 Prozent der Betroffenen teilen sich zuerst einer Freundin/einem Freund mit. (Vgl.
Speak Studie 2018)
Wichtig ist es, dass sich die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe stetig mit dem Thema auseinander setzen und Präventions- und Schutzkonzepte erarbeiten, um bei Verdachtsfällen/Vorfällen schnell handlungssicher zu sein. Neben Verfahrensleitlinien und Handlungsplänen (u.a. für Grenzverletzungen, Überfälle, Missbrauch) brauchen die Einrichtungen ein sexualpädagogisches Konzept, damit Kinder und Jugendliche darüber sprechen können, insbesondere in Einrichtungen mit Kindern mit Beeinträchtigungen. Wie teilen sich Opfer mit? Das muss bekannt sein, um es einschätzen zu können und adäquat darauf zu reagieren. Auch Nachsorge und Rehabilitation für Betroffene, Einrichtungen und Mitarbeitende gehören zu einem Präventionskonzept.
Es gibt bereits viele Beratungsstellen, die bei der Erarbeitung eines solchen Konzeptes sowie bei Verdachtsfällen/Vorfällen als erste Anlaufstelle helfen. Betroffene können sich auch an den
Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Johannes-Wilhelm Rörig wenden.
DRK-Standards zum Schutz vor sexualisierter Gewalt
Im Juni 2012 haben das DRK-Präsidium und der DRK-Präsidialrat die für alle Verbandsgliederungen verbindlichen „DRK-Standards zum Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Menschen mit Behinderungen in den Gemeinschaften, Einrichtungen, Angeboten und Diensten des DRK“ verabschiedet.
Seitdem wurde das Thema und die Standards in den Landesverbänden stetig weiter bearbeitet, eigene Handlungsempfehlungen geschrieben, Fortbildungen konzipiert und verschiedenste Arbeitsmaterialien entwickelt. Unsere Ansprechperson zum Schutz vor sexualisierter Gewalt auf Bundesebene unterstützt unsere Mitgliedsverbände bei ihrer Arbeit, organisiert dazu bundesweite Netzwerktreffen zum Austausch und zur Fortbildung. Ziel als Bundesverband ist es, die gute Praxis aus den Landesverbänden in die Breite zu tragen, sich auszutauschen, voneinander zu lernen und die eigene Arbeit stetig weiterzuentwickeln. Im Fokus stehen die Prävention und der Schutz von allen Kindern und Jugendlichen sowie alle uns anvertrauten Menschen in unseren Diensten, Angeboten und Einrichtungen.
Mehr zur Arbeit des DRK im Bereich Schutz vor sexualisierter Gewalt Presseinformation UBSKM zur Polizeistatistik 2018