Ende Januar hatten wir, Gisela Wedler und Luise Springer vom Team „Innovation und Gesellschaftliche Trends aus Sicht des DRK“, die Gelegenheit, eine zweitägige Veranstaltung des Französischen Roten Kreuzes in Paris zu besuchen. Ziel der Veranstaltung war es, sich mit den internationalen Rotkreuzgesellschaften zu ihren Initiativen im Bereich soziale Innovation auszutauschen, sich zu vernetzen und gegenseitig zu inspirieren.
21 – Der Accelerator des Französischen Roten Kreuzes
Der erste Tag der Veranstaltung fand in den Räumlichkeiten des Accelerators 21 statt. Das Französische Rote Kreuz geht in Sachen Innovation visionär voran und hat im letzten Jahr einen Accelerator namens "21" ins Leben gerufen. 21 steht hierbei stellvertretend für die Bearbeitung der dringendsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Hier werden unterschiedliche Programme zur Förderung sozialer Innovationen angeboten. Gemeinsam mit sozialen Start-ups wird in sechsmonatigen Zyklen nach innovativen Lösungen für soziale Problemstellungen gesucht (Entrepreneurship-Programm). Ein ähnliches Programm richtet sich an Mitarbeiter des französischen Roten Kreuzes. Auch hier können innerhalb von sechs Monaten innovative Ideen mit Unterstützung des Accelerator-Teams ausprobiert werden (Intrapreneurship-Programm). In ländlichen Gebieten werden durch gezielte sozialraumorientierte Projekte Innovationen in die Fläche gebracht (Third Places-Programm).
Darüber hinaus bietet 21 einen Social Coworking Space, welcher sozialen Startups Arbeitsraum bietet und ihnen ermöglicht, sich mit anderen Gründern und Gründerinnen auszutauschen. In den gleichen Räumlichkeiten werden Programmier-Kurse für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen angeboten.
Einen besseren Ort für den Auftakt der Veranstaltung hätte man sich nicht wünschen können. Innerhalb von nur drei Jahren hat das Team des Accelerators 21 einen beeindruckenden und inspirierenden Raum für Kreativität und Innovation geschaffen.
Austausch mit den anderen Rotkreuzgesellschaften
Nachdem das Accelerator 21 Team uns am Morgen seine Programme präsentiert hatte, stand am Nachmittag ein Austausch der nationalen Rotkreuzgesellschaften zu ihren Projekten auf dem Programm. Unter anderem waren Rotkreuzgesellschaften aus Italien, Norwegen, Kenia, Andorra, Israel, Großbritannien, Österreich und der Schweiz anwesend. Auch Vertreter und Vertreterinnen des Strategie- und Innovationsteams des IFCR waren vor Ort.
Es war unglaublich spannend zu sehen, welche Projekte und sozialen Innovationen in den unterschiedlichen Ländern durchgeführt werden. Die Bandbreite war groß und reichte von einer Online-Plattform zur Vernetzung der Ehrenamtlichen in Italien bis hin zur Errichtung eines Fab-Labs* in Kenia. Auch die Diskussionen über Hindernisse und Erfolgsfaktoren war sehr bereichernd. Im Nachhinein hat uns vor allem die Vielzahl unterschiedlicher Initiativen beeindruckt, welche sich auf unterschiedliche Weise damit auseinandersetzen, bestehende Angebote des Roten Kreuzes verbessern und damit unsere Zielgruppen noch gezielter unterstützen können.
ChangeNow Konferenz
Am zweiten Tag besuchten wir gemeinsam die ChangeNow Konferenz. Diese Konferenz stellte Aktivitäten und Innovationen vor, die die großen globalen Herausforderungen adressieren, wie z.B. den Klimawandel, die Umweltverschmutzung oder die Flüchtlingskrise. Hier konnten wir uns mit einigen internationalen sozialen Startups austauschen, die spannende Innovationen präsentierten, die auch für das Rote Kreuz interessant sein könnten. So hat z.B. das Startup Rogervoice eine App entwickelt, welche es gehörlosen Menschen ermöglicht zu telefonieren, indem sie das Gesprochene verschriftlicht und umgekehrt die verfasste Nachricht für den Empfänger versprachlicht.
Was nehmen wir als DRK mit?
Abgesehen von der inspirierenden Wirkung der vielen konkreten Beispiele, kann das DRK von der Veranstaltung in vielerlei Hinsicht profitieren.
Wir haben gesehen, dass es sich auszahlt, neue Wege zu gehen. Innovation braucht Räume, die Kreativität ermöglichen. Das Französische Rote Kreuz hat uns auf eindrucksvolle Weise gezeigt, wie das aussehen kann.
Zudem können wir von den Projekten und Ideen der anderen Rotkreuzgesellschaften lernen. Nicht jedes Rad muss neu erfunden werden. Was anderswo funktioniert, kann vielleicht so oder in abgeänderter Form auch bei uns funktionieren. Vernetzung und der Austausch von Ideen wird heutzutage immer wichtiger.
Zweigleisig fahren: Die Entscheidung neue Formate und Arbeitsweisen auszuprobieren, bedeutet nicht, dass das Rote Kreuz seine bewährten Vorgehensweisen über Bord werfen sollte. Im Gegenteil: Wir müssen fortfahren, eine zuverlässige und kontinuierliche Rolle zu spielen und uns konsequent für die Schwächsten in unserer Gesellschaft einsetzen. Gleichzeitig müssen wir Räume für Innovation und Neues schaffen. Wir müssen uns vernetzen und voneinander lernen. Wir müssen Veränderungen zulassen und erproben. Es braucht die Kombination von Altbewährtem und Neuem, um uns gemeinsam für die Zukunft aufzustellen.
Autorinnen: Luise Springer und Gisela Wedler
* ein Fabrikationslabor, d.h. eine offene Werkstatt mit dem Ziel, Privatpersonen und einzelnen Gewerbetreibenden den Zugang zu modernen Fertigungsverfahren zu ermöglichen, z.B. 3D Drucker.