Haushaltskürzungen schwächen die Freiwilligendienste und damit die gesamte Gesellschaft #SozialkürzungenStoppen

Die Zukunft der Freiwilligendienste in Deutschland steht auf dem Spiel. Die geplanten Haushaltskürzungen destabilisieren dieses bewährte Format für gesellschaftliches Engagement und persönliche Entwicklung. In unserem neuesten Blogbeitrag erklärt Dr. Claudia Peters (Referentin Freiwilligendienste), warum Freiwilligendienste so wichtig für den sozialen Zusammenhalt, die Demokratieförderung und die Bewältigung des Fachkräftemangels sind. Sie beleuchtet die drastischen Auswirkungen der Kürzungen im Bundeshaushalt 2024 und erklärt, warum sie das erfolgreiche Konzept dieser Dienste gefährden. #FreiwilligendienstStärken #SozialkürzungenStoppen

Welche Bedeutung haben die Freiwilligendienste für unsere Gesellschaft?

Freiwillige erhalten während des Freiwilligen Sozialen Jahres die Möglichkeit sich selbst zu testen, ihre alltagsweltlichen Kompetenzen weiterzuentwickeln und vielfältige praktische Einblicke in unterschiedliche, für sie neue Lebenswelten, zu bekommen. Während dieses Orientierungs- und Bildungsjahrs haben sie die Möglichkeit sich beruflich zu orientieren und erfahren gleichzeitig Anerkennung und Wertschätzung. Häufig öffnet ein Freiwilliges Soziales Jahr auch die Tür zu gesellschaftlichem Engagement im weiteren Lebensverlauf. 

Damit leisten die Freiwilligendienste einen großen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt und Gemeinsinn, da sich hier unterschiedliche Menschen begegnen – und das in den meisten Fällen über soziale und kulturelle Grenzen und Generationen hinweg. 

Dies fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die gelebte Inklusion und bedeutet nichts weniger als Demokratieförderung.


Damit leisten die Freiwilligendienste einen großen Beitrag gegen extremistische Einstellungen und Ausgrenzungen, der kontinuierlich an Bedeutung gewinnt. 

Wie bewerten Sie die geplanten Kürzungen im Entwurf des Bundeshaushalts 2024? 

Bei der in Aussicht gestellten Kürzung in Höhe von fast 25% der bisherigen Mittel für 2024 und eine weitere Kürzung von 35 Millionen in 2025 wird 2024 jeder vierte Platz in den Freiwilligendiensten wegfallen – 2025 sogar jeder dritte!  

Und dies angesichts der Tatsache, dass die Freiwilligendienste dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Die Einsatzstellen gewinnen durch die Freiwilligen nicht nur zusätzliche Hilfskräfte, sondern möglicherweise auch geeignete Nachwuchskräfte, indem junge Menschen praxisnahe Einblicke in den sozialen oder pflegerischen Bereich erhalten. Gleichzeitig bekommen die Menschen in den Einsatzstellen von den Freiwilligen Zeit und viel Aufmerksamkeit geschenkt. Zwei Dinge, für die der Arbeitsalltag professioneller Fachkräfte oft nur noch wenig Gelegenheit bietet, denn sie agieren in einem sehr engen zeitlichen und finanziellen Rahmen. Zudem bringen die jungen Menschen mit ihrem nicht-professionellen Hintergrund „frischen Wind“ in die Einrichtungen. Sie sind praktisch ein „Add on“, ob sie mit Lebensälteren aus dem Pflegeheim spazieren gehen, dort Ausflüge organisieren, mit Demenzkranken basteln, am Krankenbett einfach nur Zuhören oder in der Schule und Kita individuell betreuen und zu sportlichen Aktivitäten animieren. Ohne Freiwillige würde ganz viel „zusätzliche Menschlichkeit“ wegfallen.  

Freiwillige schaffen nicht nur diesen Mehrwert, sie fühlen sich dadurch gebraucht und als wertvolles Mitglied der Gesellschaft. Dies ist besonders nach den häufig verunsichernden Pandemieerfahrungen wichtig. Projektarbeit ermöglicht ihnen, sich gesellschaftlich relevanter Themen anzunehmen für die sie sich einsetzen möchten und die sie interessieren (Gedenkstätten, nachhaltige Entwicklung etc). 

Viele kleinere Einsatzstellen und viele auch in ländlichen Gebieten werden bei Umsetzung der Kürzungen wegfallen. Das bedeutet ein Sinken der Attraktivität der Dienste, weil Qualität und Bandbreite nicht aufrecht erhalten werden können und Diversität noch weniger gelebt werden kann. Die Qualität der pädagogischen Unterstützung leidet, denn es sind keine Übernachtungen, Exkursionen oder externe Referenten mehr finanzierbar.

Es entsteht eine Abwärtsspirale für die Freiwilligendienste, von der sie sich kaum mehr erholen werden können. 


Im Koalitionsvertrag wurde festgeschrieben die Freiwilligendienste zu fördern. Angesichts der drastischen Kürzungen kann davon keine Rede sein. Auch ein novelliertes Gesetz zu Regelungen von Taschengeld und Teilzeit führt in der Praxis nur bedingt zu einer Aufwertung der Freiwilligendienste angesichts von Kürzungen. 

Was braucht es stattdessen? 

Die Mittelkürzung ist das absolut falsche Signal an eine gesellschaftliche Gruppe, die bereit ist sich zu engagieren. Wie groß diese Gruppe ist, zeigt u.a. der Erfolg der Petition #freiwilligendienststärken. Knapp 100.000 Menschen haben sich hier für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in den Freiwilligendiensten ausgesprochen. 

Die Mittelkürzungen bedrohen die Freiwilligendienste in ihrem Kern. Damit riskiert die Bundesregierung ein erfolgreiches und jahrzehntelang bewährtes Format für Orientierung, Bildung und gesellschaftliches Engagement junger Menschen kaputtzusparen! Inflationsbedingt sind schon gleichbleibende Mittel eine immense Herausforderung (z.B. deutlich steigende Kosten für Personal und Seminarhäuser). Nötig wäre vielmehr ein Aufwuchs der Mittel. 

Die gesellschaftlich gewollte Inklusion von Menschen mit Unterstützungsbedarfen, Beeinträchtigungen und jungen Menschen, die sich aufgrund ihrer sozialen Lage und ihrer familiären Situation keinen Freiwilligendienst leisten können, wird durch die Kürzungen fast unmöglich.