Was brauchen Kinder für gutes Aufwachsen wirklich?
Sie sagen sich sicher, das ist doch wohl klar. Im Dialog mit anderen zu der Frage werden Sie schnell feststellen, dass die Auffassungen zu den Antworten aus Sicht von Erwachsenen auseinandergehen. Es gibt viele Faktoren, die eine Rolle spielen, aber das Gemeinsame ist, dass Kinder in einer liebevollen und stabilen Umgebung aufwachsen. Kinder brauchen Eltern oder Bezugspersonen, die ihnen Sicherheit und Geborgenheit geben, sie unterstützen und ermutigen. Außerdem ist es wichtig, dass sie genügend Zeit und Raum haben, um ihre Persönlichkeit zu entwickeln und ihre eigenen Interessen zu entdecken. Kinder sollten auch die Möglichkeit haben, ihre sozialen Fähigkeiten zu trainieren, indem sie mit anderen Kindern spielen und interagieren. Eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung sind ebenfalls entscheidend für ein gutes Aufwachsen. Aber am wichtigsten ist es, dass Kinder in einer Umgebung aufwachsen, in der sie sich geliebt und akzeptiert fühlen. Nur so können sie zu glücklichen und selbstbewussten Erwachsenen heranwachsen. Was die pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen dafür tun können, beschrieb Linda Eich praxisnah in ihrem Vortrag auf der Tagung.
Kindertageseinrichtungen sind Orte, in denen sich Kinder einen oft großen Teil des Tages aufhalten. Sie sind idealerweise:
- Orte für ungeteilte Zeit - während Erwachsene nach der Uhrzeit leben, gilt für Kinder die Erlebniszeit. Ihnen das zu ermöglichen, braucht reflektierte und entspannte Erwachsene
- Orte für Orientierung und Freude - eine kindgerechte Tagesstruktur und verlässliche Beziehungen zu Erwachsenen geben Sicherheit. Dafür brauchen Kinder optimistische Erwachsene, die Zutrauen in ihre Fähigkeiten haben. Fachkräfte, die nicht nur auf Kinder aufpassen, sondern jedem Kind dann Entwicklungsimpulse geben, wenn es diese braucht.
- Orte erfahrbarer Demokratie und Gewaltfreiheit - Kinder haben Mitsprachemöglichkeiten an dem, was sie als Kind in der Kita betrifft. Gemeinsam Regeln aufstellen, anstatt nur Regeln mitgeteilt zu bekommen. Die Kita ist ein Ort angstfreier Entwicklung. Das erfordert Fachkräfte, die immer wieder ihre pädagogische Macht daraufhin reflektieren können,mit welchen Entscheidungen sie Kinder in ihren Bedürfnissen gerecht werden. Vor allem brauchen Kinder eine klare Haltung der Erwachsenen mit Blick auf Kinderschutz; d.h. eine parteiliche Haltung und Begleitung des Kindes: zuhören, wahrnehmen, Glauben schenken, nicht bedrängen und helfen.
Was brauchen pädagogische Fachkräfte, um das zu ermöglichen?
Die pädagogische Fachkraft spielt also eine entscheidende Rolle für das gute Aufwachsen von Kindern. Um dies zu ermöglichen, braucht sie vor allem Empathie und Einfühlungsvermögen, um die Bedürfnisse der Kinder zu verstehen und darauf eingehen zu können. Auch eine positive Grundeinstellung und eine hohe Motivation sind wichtig, um den Kindern ein Vorbild zu sein und sie zu unterstützen. Zudem verfügt sie über ein breites pädagogisches Fachwissen, um den Kindern eine optimale Bildung und Entwicklung zu ermöglichen. Eine offene Kommunikation mit den Eltern und anderen Fachkräften ist ebenfalls unerlässlich, um gemeinsam für das Wohl der Kinder zu sorgen. Nicht zuletzt ist auch eine gute Selbstreflexion und die Bereitschaft zur Weiterbildung von großer Bedeutung, um stets auf dem neuesten Stand zu bleiben und die bestmögliche Unterstützung für die Kinder zu bieten.
Die Bedingungen FÜR Fachkräfte spielen eine ebenso große Rolle.
Das Arbeitssetting muss die Zeit für Beziehungen, Zeit für Reflektion allein und im Team, Zeit für die Zusammenarbeit mit den Eltern und Zeit für fachliche Weiterbildung ermöglichen. Zunehmende Fluktuation und der Mangel an qualifizierten Fachkräften führen aktuell genau zu gegenteiligen Rahmenbedingungen. Fachkräfte geraten mehr und mehr unter Druck und können viel zu oft nur noch das Betreuungsangebot aufrechterhalten, damit Eltern arbeiten gehen können. Zeit für Bildung und Zeit für Entwicklung fehlen häufig. Wenn die Fachkräfte fehlen, ist der Träger gefordert angemessene Maßnahmen umzusetzen, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Immer mehr führt das zum Schließen von Gruppen oder ganzen Einrichtungen. Neue Konzepte zu denken und dabei nicht an der Beziehungsqualität zu rütteln ist eine der aktuell größten Herausforderungen für die frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung.
Wie können Fach- und Praxisberatende Leitungen und Teams gut unterstützen?
Fach- oder Praxisberatende sind eine wichtige Unterstützung für Träger, Leitungen und Teams von Kindertageseinrichtungen, um ein gutes Aufwachsen für Kinder zu ermöglichen. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Fach- und Praxisberatung sowie den Leitungen und Teams ist dabei essenziell. Es ist wichtig, dass eine Beraterin oder ein Berater ein offenes Ohr für die Anliegen und Bedürfnisse der Leitungen und Teams hat, den Druck zum sofortigen Handeln rausnimmt und gemeinsam Lösungen erarbeitet werden. Eine wertschätzende und respektvolle Kommunikation ist dabei unerlässlich. Die gelingt Fach- und Praxisberatenden immer wieder durch Perspektivwechsel, wie die in der Tagnung gemeinsam erarbeiteten Erfolgsgeschichten zeigen. Mit der Methode des wertschätzenden Erkundens sind aus Geschichten guter Praxis Erfolgsfaktoren für die Arbeit von exzellenter Fachberatung herausgearbeitet worden.
Fach- und Praxisberatung ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal und aus Sicht des DRK als solches im SGB VIII zu verankern.
Den Blick immer wieder auf das Gelingende zu setzen, erfordert viel Optimismus. Sich gegenseitig der qualitativen und fachlichen Arbeit zu versichern und Ideen für neue Methoden und Wege zu bekommen - dafür bietet die jährliche Fachtagung des DRK-Generalsekretariates einen guten Rahmen. Gemeinsam mit dem Team auf Schatzsuche gehen, sich regional gut vernetzen und ein gut gefüllter Methodenkoffer sind für Fach- und Praxisberatende wesentlich, um die Qualität der pädagogischen Arbeit zu verbessern und die Bedürfnisse der Kinder in den Fokus zu stellen. In Workshops zu den Themen Beziehungsqualität in Teams fördern, Kitas bei der Einführung gelingender Elternpartizipation begleiten, Gewaltschutzkonzepte im Team erarbeiten und für das DRK-Profil begeistern, haben die Teilnehmenden ihre persönlichen Methodenkoffer auf der Tagung aufgefüllt.
Was kann das DRK dazu beitragen?
Jetzt fragen Sie sich vielleicht, wie das DRK dazu beitragen kann, um ein gutes Aufwachsen für Kinder zu fördern. Nun, als Dachverband der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung in Deutschland setzen wir uns täglich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche in einer sicheren und geschützten Umgebung aufwachsen können. Wir bieten eine Vielzahl von Projekten und Maßnahmen an, die darauf abzielen, das Wohlbefinden von Kindern zu fördern und ihre Bedürfnisse zu unterstützen. Dazu gehören beispielsweise die Unterstützung von Familien in schwierigen Lebenssituationen, die Förderung von Bildung und Integration sowie die Stärkung von Kindern und Jugendlichen durch unsere Jugendrotkreuz-Arbeit. Wir sind davon überzeugt, dass jedes Kind das Recht auf ein gutes Aufwachsen hat und setzen uns dafür ein, dass dieses Recht auch in der Praxis umgesetzt wird. Zusammen können wir eine bessere Zukunft für unsere Kinder schaffen.
Das DRK-Generalsekretariat bietet dem Verband vielfältige Materialien und Formate in hoher fachlicher Qualität an, um Träger, Fachberatungen und Teams in ihrer Arbeit zu unterstützen. Immer neue Kanäle werden dabei angesprochen. So erfahren Sie demnächst in unserem Podcast "Mit Profil – die DRK Kitas" wie pädagogische Fachkräfte, Kitaleitungen und Fachberatende das Profil einer DRK-Kindertageseinrichtungen für mehr Qualität im Kita-Alltag praktisch umsetzen und welche Herausforderungen sie dabei meistern.
Das DRK setzt sich in seiner Interessenvertretung auf allen Ebenen anwaltschaftlich für die Belange von Kindern und Familien ein. Ebenso wie für die Rahmenbedingungen für gutes Aufwachsen in den Einrichtungen und Angeboten, in denen Kinder außerhalb der Familie Zeit verbringen.
Wie heutigen und erst recht zukünftigen Herausforderungen begegnen?
Eltern und Fachkräfte stehen gemeinsam vor Herausforderungen, wenn es darum geht, ihre Kinder gut aufwachsen zu lassen. Die Welt verändert sich ständig und es ist schwierig, mit den neuesten Entwicklungen Schritt zu halten. Gleichzeitig gibt es aber auch viele Chancen, um Kinder zu fördern und ihnen das bestmögliche Aufwachsen zu ermöglichen.
Andreas Knoke von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung sprach in seinem Vortrag über Trends, Herausforderungen und was es braucht, ihnen gut zu begegnen.
- Die Ausweitung des Bildungs- und Erziehungsauftrags führt zu einer zunehmenden Öffnung (Kooperation, lokale Bündnisse) und/oder institutionellen Erweiterung (Kinder- und Familienzentren) von Kitas.
- KiTa-Teams werden heterogener und die Rollen der Beteiligten werden differenzierter.
- Die Antwort auf vielfältiger werdende und steigende Anforderungen sind ganzheitliche, flexible und integrierte Konzepte - nicht starre, isolierte und additive Ansätze oder einseitige Spezialprofile.
- Unser (Zusammen-)Leben wird diverser, mobiler, multikultureller und digitaler - der Kita-Alltag anders.
Damit in Kindertageseinrichtungen gutes Aufwachsen ermöglicht wird ist daher die Investition in hervorragende Qualität erforderlich. Unter anderem um:
- Leitungen als Verantwortliche für Qualitätsmanagement, Personal- und Teamentwicklung fit machen
- Orientierungsqualität zu stärken: Gemeinsames Bildungsverständnis sowie Wissen, Haltungen und Einstellungen der Fachkräfte als Basis pädagogischer Praxis
- Kooperationskompetenz zu fördern: Unterschiedliche Kompetenzen als Basis einer gemeinsamen Praxis zusammenführen
- Digitale Medien zu thematisieren, pädagogisch sinnvoll integrieren und potentialorientiert nutzen.
In Zukunft werden sich die Herausforderungen weiterentwickeln und neue Themen werden aufkommen. Als Erwachsene in Verantwortung für Kinder müssen wir uns auf diese Veränderungen einstellen, um Kinder bestmöglich in ihrer Entwicklung begleiten zu können. Trotz all dieser Herausforderungen gibt es aber auch viele positive Entwicklungen. Immer mehr Menschen setzen sich für eine bessere Zukunft ein und es gibt viele Möglichkeiten, sich zu engagieren. Auch die Bildungschancen für Kinder können sich mit dem Engagement aller Akteure stetig verbessern. Es ist wichtig, diese Chancen zu nutzen und Kinder uneingeschränkt zu unterstützen, damit sie zu selbstbewussten und verantwortungsbewussten Erwachsenen heranwachsen.