Wie kann der erste Arbeitstag gelingen und neue Mitarbeitende richtig ankommen, wenn diese von Zuhause arbeiten oder im Büro kaum Kolleginnen und Kollegen treffen?
Annette Schneider:
Vorbereitung ist hier alles. Man sollte sichergestellt haben, dass die notwendige technische Ausstattung vorhanden und funktionsfähig ist und die Führungskraft die Begrüßung übernimmt. Eine zuvor bestimmte feste Ansprechperson übernimmt die Begleitung in den ersten Tagen und Wochen und kümmert sich um die Fragen und Belange der neuen Kollegin oder des neuen Kollegen und gibt in festgelegten Videoterminen den notwendigen Input um eigenständig arbeitsfähig zu werden. Wir verschicken vorab Willkommenspakete mit notwendigen Infos und Materialien und die Mitarbeitenden erhalten am ersten Tag eine E-Mail mit einer Willkommens-Präsentation mit allgemeinen Hinweisen zum Arbeiten bei uns im Betrieb, damit man z.B. weiß, welche Arbeitszeitregelungen gelten, wie man online seine Arbeitszeit erfasst und wo und wie man sich arbeitsunfähig meldet. Auch Hinweise zu notwendigen Online-Standardschulungen sowie eine Video-Grußbotschaft des Vorstands sind hier mit enthalten.
Gisela Wedler:
Beim digitalen Onboarden ist es sehr wichtig, gerade die ersten Tage gut zu strukturieren. Als Führungskraft nehme ich mir am ersten Tag natürlich immer Zeit für neue Mitarbeitende. Zudem wird in unserem Team für jeden neuen Mitarbeitenden ein detaillierter Onboarding-Fahrplan erstellt.
Welche drei Hinweise möchten Sie neuen Mitarbeitenden mitgeben, sodass sie möglichst positiv im neuen Team und Haus ankommen?
Nadja Saborowski:
Herausstellen würde ich hier das Fragen! Ich habe beobachtet, dass neue Mitarbeitende die Herausforderung haben, dass man nicht mal schnell am Büro nebenan klopfen kann oder jemanden zufällig trifft. Ich und mein ganzes Team lädt neue Kolleginnen und Kollegen daher immer zuerst ausdrücklich zum Fragenstellen ein, um hier das wichtige Signal zu geben, das stört nie.
Die Vorstellung in Netzwerken und über das Team hinaus ist auch ein wichtiger Punkt. Solche eine Vorstellung kann man gut und gerne ergänzen mit Zielen und Visionen aber auch zu welchen Themen man bisher gearbeitet hat. Das bietet allen die Chance Anknüpfungspunkte zu identifizieren.
Als einen dritten Punkt würde ich Geduld mitaufnehmen wollen. Wer kennt nicht das Gefühl zu Beginn einer neuen Tätigkeit: Ich verstehe die Zusammenhänge nicht, muss ständig nachfragen, kann nur eingeschränkt selbstständig arbeiten, die Fragen werden eher mehr als weniger. Hier sage ich immer, perfekt, genau das ist richtig. Wer am Anfang denkt, alles verstanden zu haben, täuscht sich hier meist.
Welche Rolle nehmen Führungskräfte bei der Einführung von neuen Mitarbeitenden ein? Wie hat sich diese Rolle verändert im Zuge des digitalen Onboardings?
Carola von Peinen:
Zum einen sind sie dafür verantwortlich, dass alles, was eine gute Einarbeitung ausmacht, auch digital umgesetzt wird: Inhalte, unkompliziert nachfragen können, zusehen wie andere die Arbeit machen, ausprobieren, Feedback erhalten. Aber natürlich auch die zwischenmenschlichen Faktoren: Das Team kennenlernen, Vertrauen aufbauen, die Kultur verstehen. Da muss man etwas kreativ werden und sich mal zu einem digitalen Lunch verabreden oder die Kolleg*innen intensiv in die Einarbeitung einbinden, damit ein Kennenlernen stattfindet. Aber es ist definitiv möglich. Für Führungskräfte ist es zudem zentral, aktiv auf Menschen zuzugehen und sich regelmäßig zu erkundigen, wie es ihnen geht, wie die Zusammenarbeit im Team läuft und wie es um die Arbeitsauslastung steht. Diese Dinge sieht und spürt man im täglichen persönlichen Miteinander schneller und deutlicher. Hier ist viel Potenzial, dass Konflikte schwelen und Unzufriedenheiten unbemerkt bleiben.
Gisela Wedler:
Als Führungskraft fühle ich mich dafür verantwortlich, dass neue Mitarbeitende gut im Haus, im Team und in ihrer Rolle ankommen. Dazu gehört für mich ein detaillierter Onboarding-Fahrplan, der die Organisation, Prozesse und Regeln im Haus erklärt, der die Aufgaben und Mitglieder des Teams vorstellt und in die Aufgaben des neuen Teammitgliedes einführt. Das Ganze kann natürlich auch digital stattfinden, aber da der informelle kurze Austausch in Büro und Kaffeeküche fehlt, müssen vor allem am Anfang häufigere digitale Treffen geplant werden, wobei dabei auch Formate zum reinen Kennenlernen und Plaudern gehören sollten.
Beim digitalen Ankommen fallen Gespräche in der Mittagspause oder auf dem Flur leider aus. - Welche digitalen Alternativen können dafür etabliert werden?
Gisela Wedler:
Eine Alternative, die wir in unserem Team praktizieren, sind kurze digitale "Team-Matches." Hierbei wird alle zwei Woche ausgelost, welcher Mitarbeitende sich mit welchem für 30 Minuten trifft, um sich über meist private Dinge auszutauschen und einfach mal kennenzulernen. Ein gutes Format, um auch neue Mitarbeitende im Team ankommen zu lassen.
Wie kann eine strukturierte inhaltliche Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen gelingen?
Nadja Saborowski:
Man braucht einen Plan und muss den Patinnen und Paten auch die zeitlichen Ressourcen schaffen, dass eine Einarbeitung nicht nebenbei gemacht wird. A und O ist hier auch eine gute Übergabe der Vorgängerin bzw. des Vorgängers. Das ist mir sehr wichtig, vom aufgeräumten Büro über digitale Ablagesysteme bis hin zu Übergabelisten mit Verlinkungen, wo man was findet. Das bespreche ich mit den ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen und gehe die Übergabeliste auch immer gemeinsam durch.
Als Führungskraft biete ich zudem in den ersten Wochen, wöchentliche Termine für Fragen und Einführungen an. Enge Begleitung und Austausch zu Beginn ist essenziell. Wenn man hier schlampt, dann bekommt man das meistens später zu spüren und hat dann mehr Arbeit und riskiert Frustration.
Dies ist der 3. Beitrag einer vierteiligen Interviewreihe mit Führungskräften aus dem DRK und Talents4Good. Im 1. Interview ging es um das digitale Rekrutieren von neuen Mitarbeitenden und im 2. Beitrag über digitale Vorstellungsgespräche. Nächste Woche erscheint der letzte Beitrag der Reihe, in dem es um das Hineinwachsen in ein neue Team geht und die Frage, wie auch dies digital gelingen kann.
Teilgenommen am Interview haben:
Annette Schneider ist seit dem Jahr 2000 für den DRK e.V. tätig und u.a. mit arbeitsrechtlichen und personalrechtlichen Aufgabenstellungen befasst. Sie leitet im DRK-Generalsekretariat das im Bereich Zentrale Dienste verortete Team Personal. Dieses ist zuständig für die Betreuung von derzeit ca. 350 Arbeitsverhältnissen im Inland sowie durchschnittlich 90 Arbeitsverhältnissen mit Auslandsdelegierten, die in Not- und Krisengebieten dieser Welt eingesetzt sind. (E-Mail-Adresse)
Gisela Wedler ist seit 2020 im DRK und leitet das Team Gesellschaftliche Trends und Innovationen im Bereich Jugend und Wohlfahrtspflege. Die Aufgaben ihres Teams beinhalten die Querschnittsthemen Digitalisierung und soziale Innovation, Diversity Management, Klimaschutz und Nachhaltigkeit sowie Europapolitik, die eng mit den anderen Teams und Fachbereichen verknüpft sind. (Kontaktdaten)
Nadja Saborowski ist seit 2016 im DRK und leitet seit 2019 das Team Soziale Arbeit und Bürgerschaftliches Engagement. Themenbezogen werden im Team sozialpolitische Vorhaben aus Politik und Verbänden mitgestaltet, Positionen des DRK vorbereitet und sowohl innerverbandlich als auch nach außen vertreten. Es werden Rahmenvorgaben für den Gesamtverband entwickelt und die Mitgliedsverbände werden bei deren Umsetzung fachlich unterstützt. In ihrer Arbeit ist es ihr wichtig, die Verbandsperspektiven und die konkreten Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen der Einrichtungen und Diensten einzubringen und sich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen der Arbeit einzusetzen sowie passgenaue Angebote zu etablieren. (Kontaktinformationen)
Carola von Peinen (Talents4Good GmbH) ist studierte Betriebswirtin. Sie war 9 Jahre in verschiedenen Positionen für das Personaldienstleistungsunternehmen Randstad tätig. 2012 gründete sie mit weiteren Mitstreiter*innen das Sozialunternehmen Talents4Good, das sich auf die Personalberatung und Rekrutierung von Fach- und Führungskräften für soziale, ökologische und nachhaltige Organisationen spezialisiert hat. Dort ist sie bis heute als Geschäftsführerin tätig. Digitales Arbeiten und moderne Arbeitswelten, die die Bedürfnisse von Mitarbeiter*innen und Arbeitgeber in einen sinnvollen Einklang bringen, sind ein wichtiger Teil der DNA von Talents4Good.