Der Titel des DRK-Wohlfahrtskongress 2022 lautet "Zukunft ist jetzt."

DRK-Wohlfahrtskongress 2022 - Zukunft ist jetzt

„Wir müssen stark machen, dass alle Menschen verstehen, dass die wirkliche Intelligenz die soziale ist.“

Mit diesen Worten eröffnete Prof. Dr. Harald Welzer, Direktor der Stiftung Zukunftsfähigkeit, den DRK-Wohlfahrtskongress 2022 und gab damit den Startschuss für zwei Tage voller Diskussionen, Austausch und Ideenfindungen für die Zukunft der Wohlfahrt.  

Angeregt durch die geladenen Rednerinnen und Redner wie Staatssekretärin Kerstin Giese (BMAS) oder DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt haben sich die gut 300 Teilnehmenden und Referierenden mit zukunftsweisenden Themen beschäftigt. In 35 Workshops und an den verschiedenen thematischen Markständen wurde im Futurium, dem Haus der Zukünfte, diskutiert, Lösungen entwickelt, Prototypen getestet und Gedanken jongliert. All das diente  einem Ziel: Die Wohlfahrt für heutige und zukünftige Herausforderungen zu stärken, um ihrem Auftrag nachzukommen und die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen! 

Zukunft schon heute gestalten. 5 Thesen für eine soziale Zukunft

Man sieht ein gezeichnetes Bild, das die 5 Themenfelder des Wohlfahrtskongresses sowie Ergebnisse aus den Workshops und Diskussionen festhält.
Dokumentation des Wohlfahrtskongresses 2022 als Graphic Recording

Dr. Joß Steinke, Bereichsleiter Jugend & Wohlfahrtspflege, fasste in seiner Rede zusammen, was jetzt und zukünftig für uns als DRK gilt: 

„Das heißt, dass wir unsere Arbeit unter anderen Vorzeichen machen müssen. Aber wir hören ja nicht auf. Wir können gar nicht anders als weiterzumachen. Weil die Menschen auf das DRK und seine Wohlfahrtspflege angewiesen sind. Weil unsere Expertise etwas zählt.“ 

Weitermachen ist ein gutes Stichwort. Die Inhalte und Ergebnisse des Wohlfahrtskongresses, insbesondere im Hinblick auf die fünf Themenfelder, können wir als Ausgangspunkt für unseren weiteren Austausch und die gemeinsame Arbeit nutzen. Was das für die einzelnen Themenfelder bedeutet, die wir beim Kongress intensiver behandelt haben, können Sie im Folgenden nachlesen. 


Digitalisieren – Mehr digitale Teilhabe für mehr soziale Teilhabe

Digitalisierung spielt in jedem Arbeitsbereich eine Rolle. So verwundert es auch nicht, dass wir uns beim Kongress mit Fragestellungen aus so verschiedenen Feldern wie der Online-Migrationsberatung, der Kitaplatzvergabe durch Algorithmen, der digitalen Vermittlung von Ehrenamtlichen und hilfesuchenden Seniorinnen und Senioren beschäftigt haben. Auch zur technischen Umsetzung der Digitalisierung wurde diskutiert, zum Beispiel wie man Künstliche Intelligenz gewinnbringend in der Wohlfahrt einsetzen kann oder welchen Mehrwert zentrale Plattformen mit digitalen Angeboten für die Nutzenden haben können. 

Unabhängig vom Thema steht fest: Schon heute und zukünftig noch stärker sind digitale Angebote und damit digitale Teilhabe in zweifacher Hinsicht von Bedeutung: Einerseits für das DRK als Organisation, die sich mit Investitionen in die digitale Infrastruktur und den Kompetenzaufbau der ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden zukunftsfähig aufstellt. Nur mit gezielten und strategisch-geplanten Investitionen können wir im Verband mit der Digitalisierung der Gesellschaft Schritt halten. Andererseits prägt Digitalisierung das Leben der Menschen, die im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen. Digitale Angebote können für sie sinnvolle Ergänzungen zu bestehenden Angeboten und sogar neue Zugänge für bisher ausgeschlossene Personen bieten.  

Um unsere digitalen Angebote weiter ausbauen zu können, brauchen wir jedoch klare Rahmenbedingungen für die Refinanzierung solcher Leistungen. Bisher ist die Finanzierung sozialer Leistungen an das Territorialprinzip geknüpft. Dies ergibt bei digitalen Leistungen wenig Sinn und hemmt den Ausbau der Angebote. Wir sehen außerdem einen wesentlichen Zukunftsauftrag für uns darin, die gleichberechtigte soziale und digitale Teilhabe aller Menschen zu ermöglichen. Das bedeutet für uns als DRK auch, dass niemand ausgeschlossen wird und digital nicht-affine Personen im Umgang mit digitalen Neuerungen unterstützt und über deren Chancen sowie Risiken informiert werden. Zusätzlich müssen digitale Lösungen dafür barrierearm und beteiligungsorientiert (weiter-)entwickelt und umgesetzt werden. 

  • Die wichtigste Erkenntnis die Johanna Debletz, Referentin Digitale Familienbildung im DRK-Generalsekretariat, aus ihrem Workshop “Zentrale Plattform(en) im DRK” zieht ist, 

  • Diese Schlussfolgerung nimmt Anna Heindorf, Referentin für Digitalisierung und soziale Innovation im DRK-Generalsekretariat, aus ihrem Workshop “Digitale Teilhabe in der Praxis” mit. 

  • Auch der Workshop “Zukunftsszenarien: Personal in der Kindertagesbetreuung” unterstreicht den zentralen Punkt im Bereich Fürsorgen noch einmal. Sabine Urban, Referentin Kinderhilfe/Kindertagesbetreuung im DRK-Generalsekretariat, zieht folgende Schlussfolgerung.


Fürsorgen – Die Sorgearbeit der Zukunft sichern

Wer ist in Zukunft für die Menschen da? Ausgehend von dieser Fragestellung wurden Lösungen und auch Prototypen entwickelt, wie mehr Fachkräfte für die Care-Arbeit gewonnen werden können, und was wir dafür angehen müssen.  

Um in Zukunft sicherstellen zu können, dass alle Menschen, die Unterstützung erhalten, die sie benötigen und wünschen, müssen wir dringend wirksame Maßnahmen zur Fachkräftesicherung und -gewinnung ergreifen. Sukzessive Nachwuchs- und Quereinstiegsförderung, Aufwertung der Arbeitskonditionen und die Erleichterung des Einstiegs für ausländische Arbeitskräfte sind nur einige Aspekte, um so viel professionelle Betreuungskapazität aufzubauen wie möglich.  

Gleichzeitig müssen wir uns überlegen, was zu tun ist, wenn das nicht ausreicht: Wir brauchen einen sozialpolitischen und gesellschaftlichen Diskurs darüber, wie freiwilliges Engagement, private Fürsorge und professionelle Betreuung in Zukunft Hand in Hand wirken können, um den allein aufgrund des Arbeitskräftemangels wahrscheinlichen Sozialabbau zumindest im Ansatz aufzufangen. Die wichtige Rolle von Ehrenamtlichen hoben auch Ulrike Würth, Vizepräsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, sowie Annette Strauß, Bundesleiterin Wohlfahrts- und Sozialarbeit, hervor. 

Auch ein anderer Blickwinkel aus dem Bereich der Fürsorge wurde uns beim Kongress vor Augen geführt. In Bezug auf die sich ändernden klimatischen Bedingungen werden neben dem Fachkräftemangel zukünftig auch die Umweltbedingungen im Fürsorgebereich ein Thema sein. Wie wir schon heute darauf reagieren können, zeigte das Cooling Center, welches bei großer Hitze ein Rückzugsort für besonders unter hohen Temperaturen leidende Personen wie ältere Menschen oder kleine Kinder bietet.  


Lernen – Innovationsräume schaffen, um bedarfsgerecht zu helfen und voneinander zu lernen

Nicht nur die Beiträge, die explizit zum Themenfeld Lernen angeboten wurden, sondern der gesamte Kongress verfolgte das Ziel von- und miteinander zu lernen, sich von bereits laufenden Projekten inspirieren zu lassen und auch aus den Erfahrungen Anderer Schlüsse für die eigene Arbeit zu ziehen.  

Wie DRK-Generalsekretär Christian Reuter in seiner Ansprache so treffend sagte: „Wenn das DRK wüsste, was das DRK weiß.“ Wir haben bereits viel Wissen bei uns im Verband vereint. Um dieses bestmöglich zu nutzen, ist es an uns, uns als lernende Organisation immer wieder neu zu erfinden, weiterzuentwickeln und so aufzustellen, dass wir diese Veränderungen schnell wahrnehmen und in eine geänderte passende Leistungserbringung übersetzen können. Dafür benötigen wir mehr Flexibilität, Vernetzung sowie Freiräume für Innovation. Neben der Flexibilisierung der Leistungsverträge und Steuerungsmechanismen durch die Politik müssen wir uns als DRK weiterentwickeln: Die stetige Evaluation und evidenzbasierte Anpassung unserer Angebote mithilfe von Daten, der verbandsweite Wissensaustausch und die Vernetzung sind relevante Aspekte, um zukunftsorientiert und nachhaltig Wirkung für unsere Zielgruppen zu entfalten. 

Mit dem Wohlfahrtskongress haben wir einen weiteren Raum zum Wissensaustausch mit Akteurinnen und Akteuren des DRK sowie Externen geschaffen. So wurde darüber diskutiert, wie wir Netzwerke zu diesem Zweck einsetzen und stärken, welche Erkenntnisse wir aus unseren Daten für zukünftige Entscheidungen ziehen und auch was und wie wir von unseren Zielgruppen für die Entwicklung neuer Projekte lernen können. Hier trifft die Aussage von Dr. Joß Steinke: „Wir brauchen offenen Diskurs und Debatten in unserem Verband.“ den Kern. Lassen Sie uns im Gespräch bleiben und gemeinsam als Organisation lernen und uns weiterentwickeln! 

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    Das nehmen die Referentinnen des Workshops “Mit Daten mehr bewegen”, Jasmin Rocha und Dr. Beate Rottkemper, aus der Diskussion mit Datenexpertinnen und -experten mit.


Steuern – Gemeinnützigkeit stärken, um das Gemeinwohl zu erhalten

Wie können und wo müssen wir als DRK uns stärker positionieren, um die gemeinnützigen Strukturen zu erhalten und unserer Verantwortung gegenüber den Menschen gerecht zu werden? Es wurde diskutiert und getüftelt, wie gute Beschäftigungsbedingungen im sozialen Sektor erreicht werden können, wie wir unter Wahrung des Grundsatzes der „Neutralität“ mutiger nach außen auftreten können und welche finanziellen, aber auch strukturellen Voraussetzungen es braucht, um nachhaltig und langfristig einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen. 

Die Wohlfahrtspflege übernimmt in vielen Bereichen einen wichtigen Beitrag in unserem Sozialstaat. Sir tritt für die ein, die Hilfe benötigen, stützt in Krisen die Gesellschaft und gibt sozialen Aspekten eine starke Stimme. Um genau dies auch zukünftig weiterverfolgen zu können, braucht es Veränderungen. So muss zum Beispiel die Finanzierungsbasis für die soziale Infrastruktur insgesamt krisensicherer gestaltet werden: Das bedeutet einerseits längerfristige Finanzierungen zu schaffen, um mehr Planungssicherheit in Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege zu ermöglichen. Ebenso bedeutet es zu verhindern, dass Kommunen ausgerechnet in knappen Haushaltslagen soziale Leistungen kürzen. Gemeinsam mit den Leistungsträgern muss hier weitergedacht werden.  Auch die wirtschaftlichen Nachteile freigemeinnütziger Organisationen gegenüber gewerblichen Anbietern können so nicht bestehen bleiben, wenn das Gemeinwohl erhalten bleiben soll.  

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    Auf dem Podium “Anwaltschaftliche Vertretung in Zeiten digitaler Kommunikation. Was geht im DRK?” hat Dr. Joß Steinke mit verschiedenen Gästen über die politische Positionierung im Spannungsfeld des DRK-Grundsatzes der Neutralität diskutiert und zieht folgendes Resümee:


Teilhaben – Teilhabe für alle ermöglichen und Diversität stärken

Unsere Gesellschaft ist von unterschiedlichen Lebensmodellen, Zugehörigkeiten und Selbstbezeichnungen geprägt. Doch ist diese Vielfalt oft innerhalb von Belegschaft, Organisationskultur und Angeboten nicht gleichwertig vertreten oder nur unzureichend mitgedacht. Diversität darf nie nur Ausdruck für eine “bunte Bereicherung” sein, sondern ist mit Zugangsbarrieren verbunden, die identifiziert und aktiv abgebaut werden müssen.  

Wie wir als DRK eben diese Zugangsbarrieren weiter senken können und wie wir noch stärker verschiedene Perspektiven in unsere Arbeit einbeziehen können, wurde deshalb im Rahmen des Kongresses beleuchtet. Dabei waren die Fragestellungen und Ansätze selbst von großer Vielfalt geprägt: Angefangen bei der Frage, wie Jugendliche stärker an Zukunftsdiskussionen innerhalb des Verbandes und der Gesellschaft teilnehmen können über diversitätssensible Ansätze bei der Gestaltung von Betreuungs- und Beratungsangeboten sowie der Gewinnung neuer Ehrenamtlicher im Bereich der Migrationsarbeit bis hin zur Sensibilisierung für eine inklusive Arbeitswelt. 

Damit wir als DRK unsere Werte leben, qualifizierte Mitarbeitende, neue Klientinnen und Klienten oder wertvolle Kooperationspartnerinnen und -partner gewinnen und gemäß unserem gesellschaftlichen Auftrag zur Stärkung unserer Gesellschaft insgesamt beitragen, brauchen wir Formate und Angebote, die die gleichberechtigte Teilnahme und Verantwortungsübernahme unterschiedlicher Personengruppen gewährleisten. Die Beispiele vom Kongress sind ein guter Start, um uns als Verband noch weiter für das Thema zu öffnen und zu sensibilisieren.  

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    Diese Erkenntnis nimmt Dr. Luise Hilmers, Referentin für Diversity Management im DRK-Generalsekretariat, aus dem Workshop “Diversity in der DRK-Wohlfahrt – Wo wollen wir hin?” mit.


Noch Fragen zum Wohlfahrtskongress 2022 oder Anregungen für den kommenden Kongress?

Schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an wohlfahrtskongress(at)drk(dot)de

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Ergebnisse des DRK-Wohlfahrtskongress 2019