Nun ist er da, der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Wir haben
- natürlich aus DRK Sicht - eine erste Einschätzung vorgenommen, auch wenn die Koalition noch nicht steht.
In der Gesamtschau begrüßen wir vor allem diejenigen Vorhaben, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen stärken. Mit Blick auf die rasante weltweite kulturelle Veränderung, die wir „Digitalisierung“ nennen, vermissen wir jedoch wirksame und konkrete Maßnahmen, die den Anspruch der Koalitionsvereinbarung: „aus technischem sozialen Fortschritt machen“, umsetzen.
Viele unserer einzelnen Anliegen werden aufgegriffen – das freut uns natürlich:
So fordern wir als DRK z.B. seit langem einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder, immerhin für Kinder im Grundschulalter soll der nun kommen. Die nun vereinbarte Verankerung ausdrücklicher Kinderrechte im Grundgesetz lässt uns hoffen, dass das Kindeswohl in unserer Gesellschaft mehr Gewicht bekommt. Auch die Unterstützung von Länder und Kommunen beim Ausbau des Angebots und bei der Steigerung der Qualität von Kinderbetreuungseinrichtungen und dem Angebot an Kindertagespflege ist für uns ein wichtiges Anliegen. Wir wissen aber bereits jetzt, dass die jährlich laufenden Mittel, die der Bund dafür und zur Entlastung von Eltern bei den Gebühren bis hin zur Gebührenfreiheit zur Verfügung stellen wird, nicht reichen werden (2019 0,5 Milliarden, 2020 eine Milliarde, 2021 zwei Milliarden Euro). Deshalb plädieren wir dafür, sich zunächst auf den Ausbau und die Qualität der Kindertagesbetreuung zu fokussieren und die beabsichtigte Gebührenfreiheit später umzusetzen.
Ebenso begrüßen wir die Absicht, „die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege sofort und spürbar zu verbessern“, was insbesondere für den Bereich der Altenpflege dringend erforderlich ist. Die beabsichtige Anzahl von 8.000 neuen Fachkraftstellen ist jedoch bei 13.596 Pflegeeinrichtungen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Pro Einrichtung würden etwa nur 0,6 Stellen geschaffen werden können. Die Bedingungen in der Pflege müssen aber schnell verbessert werden. Hier hätten wir ein deutlicheres Signal erwartet.
Wir vermissen die Verankerung der Anschubfinanzierung für die Pflegeschulen, insbesondere für die Altenpflegeschulen. Die Umstellung auf die neue Ausbildung ab 2020 - und die stufenweise Umsetzung der Mindestanforderungen bis 2029 - stellt sie vor große Herausforderungen. So sind im Bereich der Personal- und Organisationsentwicklung bereits in den Jahren vor 2020 zusätzliche Ressourcen der Pflegeschulen notwendig. Deshalb werden wir uns in den kommenden Monaten weiter stark für dieses Anliegen einsetzen.
Aus unserer Sicht sehr positiv: die angestrebte Stärkung und der Ausbau der Freiwilligendienste.. Wir werden uns nach wie vor dafür stark dafür machen, das 2018 auslaufende Sonderprogramm „Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“ in die FSJ- und BFD-Regeldienste zu überführen. Es ist erfreulich, dass das FSJdigital auf den Bundesfreiwilligendienst ausgedehnt werden soll. Hier haben wir mit unserem Modellprojekt FSJdigital in Sachsen-Anhalt wichtige Impulse gesetzt, die wir bereits jetzt bundesweit im FSJ verbreiten.
Die Digitalisierung hat einen hohen Stellenwert im Koalitionsvertrag. Wir bedauern, dass ein Innovationsprogramm zur Digitalisierung in der Freien Wohlfahrtspflege, das wir in dieser Legislaturperiode als unabdingbar einschätzen, keinen Eingang in die Vereinbarung gefunden hat.
Besonders erfreulich ist, dass die unabhängige und flächendeckende Asylverfahrensberatung Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat. Hierzu hatten wir im letzten Jahr erfolgreich ein Pilotprojekt zusammen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt. Die bundesweite Einführung ist für unsere Gliederungen von großer Bedeutung und stärkt die Beratungsstruktur im Verband.
Auch das Recht auf befristete Teilzeit bewerten wir positiv und als einen Schritt zu mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Liebe Leserinnen und Leser, wir freuen uns darauf, gemeinsam mit Ihnen in den nächsten Jahren Politik mitzugestalten. Dazu werden wir das Wissen unseres Verbandes im Kontakt mit den Menschen vor Ort einbringen. Nehmen Sie gern mit uns das Gespräch auf!