Das Bild zeigt eine Brieftasche auf einem Tisch und davor verstreut liegendes Kleingeld.
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Spürbarer Anstieg von Schuldnerberatung durch Covid-19-Pandemie

Die Vermutung lag nahe, dass die Covid-19-Pandemie finanzielle Auswirkungen für viele Menschen nach sich ziehen würde. Während nach wie vor nur schwer zu bilanzieren ist, wie groß die Belastung im Einzelfall ist, zeigt sich hingegen ein trauriger Aufwärtstrend bei der Nachfrage nach den Leistungen der Schuldnerberatung. Zu diesem Schluss kommt eine Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV).

Immer mehr Menschen geraten durch die Covid-19-Pandemie in finanzielle Not. Im ersten Halbjahr 2021 verzeichneten die gemeinnützigen Schuldnerberatungsstellen im Vergleich zum Aufkommen vor der Pandemie einen deutlichen Anstieg der Beratungsanfrage.

Über zwei Drittel der 461 teilnehmenden gemeinnützigen Beratungsstellen gaben an, dass sich die Anzahl der Anfragen erhöht haben. Bei fast der Hälfte der Rückmeldungen lag der Anstieg zwischen zehn und 30 Prozent, in etwa einem Fünftel der Fälle wurde eine Zunahme um mehr als 30 Prozent verzeichnet.

Die Ergebnisse bestätigen die Befürchtungen, dass finanzielle Schieflagen infolge der Covid-19-Pandemie erst zeitverzögert sichtbar werden. Während zu Anfang der Pandemie vielfach persönliche Rücklagen oder finanzielle Unterstützung aus dem persönlichen Umfeld Schlimmeres vermeiden konnten, zeigen die Ergebnisse nun, dass ein Abrutschen in ernstzunehmende Überschuldungssituationen häufig nur aufgeschoben war.

Während der Beratungsbedarf nach Schuldnerberatung zwar allgemein anstieg, unterschieden sich jedoch die spezifischen Ursachen. Ein Viertel der teilnehmenden Beratungsstellen führte die erhöhte Beratungsanfrage auf fällige Kredite, Miet- und Energieschulden zurück, in 15% der Beratungsstellen hingegen wurde die Pfändung von Corona-Hilfen als Grund angeführt. Darüber hinaus erkundigte sich eine stark gestiegene Anzahl an Personen nach einem Pfändungsschutzkonto und suchten Unterstützung bei dessen Beantragung. Zudem gab es einen spürbar steigenden Information- und Aufklärungsbedarf von voneinander abgrenzbaren Personengruppen: von (Solo-)Selbstständigen in 44%, von Personen in Kurzarbeit in 41% und von Arbeitslosen in 21% der teilnehmenden Beratungsstellen.

Viele Menschen wurden schwer finanziell von der Covid-19-Pandemie getroffen und sind in reale Existenznot geraten. Während die Pandemie ihren bisherigen Höhepunkt überschritten hat, geht für viele in Überschuldung geratene Menschen ihr weiterer Kampf erst richtig los. Die gemeinnützigen Schuldnerberatungsstellen stehen Ratsuchenden nach wie vor und insbesondere jetzt mit engagierten Mitarbeitenden und kompetenter Beratung zur Seite. Allerdings steuern auch viele Beratungsstellen und Mitarbeitende inzwischen auf die Grenzen des Leistbaren zu…

Es braucht vor diesem Hintergrund dringend den notwendigen Ausbau der Beratungsinfrastruktur und eine grundsätzliche Aufstockung der finanziellen Mittel für die Schuldnerberatung. Zudem muss mit einem individuellen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung der kostenfreie Zugang zur gemeinnützigen Beratung sichergestellt werden. Nach geltender Rechtslage ist diese auf Personen im Sozialleistungsbezug begrenzt und führt zu einem weitreichenden Ausschluss von überschuldeten oder von Überschuldung bedrohten Menschen.