Die Veröffentlichung des „Jugendfreiwilligenjahrs“ ist laut Giffey der Gegenentwurf zur Forderung nach einem Pflichtdienst (oder auch Dienstpflicht) vom Koalitionspartner CDU – auch zeitlich gesehen, denn die CDU wird auf ihrem Parteitag am 7.-8. Dezember darüber abstimmen. Damit könnte es in der Koalition zwei unterschiedliche Konzepte geben, wie junge Menschen verstärkt für das Gemeinwohl gewonnen werden sollen. Die Umsetzung der Ideen für das „Jugendfreiwilligenjahr“ wird dadurch nicht einfacher.
Ein kurzer Rückblick
Seitdem CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer im Sommer die Pflichtdienst-Debatte lanciert hat, haben die Freiwilligendienste große mediale Aufmerksamkeit erfahren. Sogar Bundeskanzlerin Merkel äußerte sich im Sommerinterview dazu und sprach sich für die bestehenden Angebote aus. Die Debatte wurde zwar nicht von allen Stakeholdern goutiert, hatte aber den Effekt, dass das Thema Freiwilligendienste auf der politischen Agenda nach oben rutschte. Diesen Rückenwind konnte das DRK gemeinsam mit den anderen verbandlichen Zentralstellen für die Erhöhung der Fördermittel im Bundeshaushalt 2019 erfolgreich nutzen. Durch das Zusammenspiel von öffentlicher Debatte und politischen Gesprächen mit Abgeordneten wurde erreicht, dass das Budget für Freiwilligendienste in 2019 um 65 Mio. € auf rund 327 Mio. € angehoben wird – ein Zuwachs um fast 25%.
Zudem wurde Anfang November der Referentenentwurf für eine Teilzeit-Regelung in den Freiwilligendiensten veröffentlicht. Damit soll im nächsten Jahr die Möglichkeit geschaffen werden, in begründeten Ausnahmefällen einen Freiwilligendienst in Teilzeit – das wird wohl bedeuten mehr als 20 Stunden pro Woche – zu absolvieren. Dies war eine langjährige Forderung u.a. des DRK, damit auch junge Menschen in besonderen Lebenslagen einen Freiwilligendienst leisten können, die ein Vollzeit-Dienst überfordern würde.
Unsere Einschätzung des "Jugendfreiwilligenjahrs"
Nun das „Jugendfreiwilligenjahr“, dessen Kern ein Rechtsanspruch darauf sein soll, dass jede Freiwilligendienst-Vereinbarung vom Bund gefördert wird. Uns ist dabei wichtig, dass ein Rechtsanspruch nicht auf einen bestimmten Platz besteht, weder regional noch nach Aufgabe, sondern der Bund die Förderung für alle jungen Menschen übernimmt, die bei uns einen Freiwilligendienst leisten möchten. Zudem soll das Taschengeld, laut Giffey, bundesweit einheitlich vom Bund in Höhe von ca. 400 € garantiert werden. Oben drauf gibt’s noch einen Zuschuss für den ÖPNV. Auch das wäre aus unserer Sicht eine erhebliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Freiwilligen, die das schon lange fordern. Um auch benachteiligte Jugendliche vermehrt für einen Freiwilligendienst zu begeistern, müsste jedoch die partielle Anrechnung des Taschengeldes auf SGB II-Leistungen abgeschafft werden.
Die Zahl der Freiwilligen könnte laut Giffey um 50% – von über 80.000 auf 120.000 junge Menschen – erhöht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss neben der Verbesserung der Rahmenbedingungen auch die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt werden. Hier wünschen wir uns vom Bund, dass er das Jugendfreiwilligenjahr mit einer bundesweiten Kampagne bewirbt. Um unseren Trägern die Bewerbung ebenfalls zu ermöglichen, müssten die Kosten für Öffentlichkeitsarbeit und das Bewerbungsverfahren förderfähig gemacht werden.
Insgesamt würden sich die Kosten für das „Jugendfreiwilligenjahr“ auf ca. eine Mrd. € jährlich belaufen. Das wäre eine Verdreifachung des Budgets für 2019 und daher sind gewisse Zweifel, ob das Konzept in Gänze das Licht der Welt erblicken wird, angebracht. Mal sehen, was die CDU auf ihrem Parteitag zu diesem Thema beschließen wird. Das DRK und die anderen Zentralstellen begrüßen die Initiative der Bundesfamilienministerin und stehen bei der Umsetzung gerne mit Rat und Tat beiseite.
Die Pressemitteilung des Bundesfamilienministeriums zum "Jugendfreiwilligenjahr" finden Sie
hier.