Kinder sitzen am Tisch
Foto: Elisabeth Ingman

Familien in Corona Zeiten

Kitas zu, Schulen zu, Eltern im Homeoffice: wenn alle Stricke reißen, trifft sich alles am Küchentisch. Bislang war die Familie gemeinhin für die Re-generation zuständig, für die seelische und körperliche Selbstsorge und Fürsorge für ihre Nächsten. Nun soll sie zu Hause auch „generieren“: für den Job im Homeoffice, für die Schule im Home-Schooling und auch die jungen Kinder arbeiten fleißig mit. Familien haben sich auf die Strukturen einer modernen Gesellschaft verlassen und sich sicherlich auch unter diesen Voraussetzungen gegründet. Nun sind seit Wochen viele dieser Strukturen außer Kraft gesetzt.

Der Spagat zwischen Beruf und Familie wird gerade vielfach zur Zerreißprobe. Die Kinder müssen nach wie vor über unabsehbare Zeit zu Hause betreut werden. Der Job fordert den ganzen Menschen. Die pflegebedürftigen Großeltern gehören zur Risikogruppe. Viele Familien haben existenzielle Sorgen, wissen nicht, wie es in Zukunft weitergeht. Überforderung und Unsicherheit können leicht zu einer explosiven Mischung werden, die sich in Gewalt entladen kann.

Bedeutung der Fürsorge

Die jetzige Situation zeigt wie in einem Vergrößerungsglas, wie bedeutsam Sorgearbeit für die Gesellschaft ist, wie wichtig es ist, verlässliche Strukturen aber auch genügend Zeit zu haben für diejenigen, die auf Fürsorge angewiesen sind. In der Isolation zeigt sich auch deutlich, wie wichtig es ist, diese anspruchsvolle Aufgabe zu teilen, mit anderen Menschen aus der Familie, der Nacharschaft und mit professioneller Unterstützung (vgl. DRK Publikation Yes we care - gute Rahmenbedingungen für Menschen in Sorgeverantwortung.)

Die Bundesregierung hat schnell reagiert und unterstützt auch Familien

Die Bundesregierung hat vielfältige Unterstützungsangebote und -leistungen für Familien in die Wege geleitet:

  • Das Familienministerium hat gerade unter dem Motto „Zuhause nicht sicher“ eine Bundesweite Kooperation mit Supermärkten gegen häusliche Gewalt geschlossen. Auf Plakaten und der Rückseite von Kassenzetteln wird über Notrufnummern bei Konflikten informiert. Jede Einrichtung kann an der Posteraktion mitmachen. https://staerker-als-gewalt.de/
  • Es wurde ein zeitlich begrenzter erleichterter Zugang zu den sozialen Sicherungssystemen geschaffen. In den Bewilligungszeiträume vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2020 wurde die Berücksichtigung des Vermögens bei der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen ausgesetzt, die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen anerkannt und die Berücksichtigung von Einkommen in Fällen einer vorläufigen Entscheidung erleichtert. Ggf. gilt diese Regelung bis Ende des Jahres. https://www.arbeitsagentur.de/corona-faq-grundsicherung
  • Familien bekommen denerleichterten Kinderzuschlag (Notfall-KIZ) ab dem 1.April bis zum 30.September. Ausschlaggebend für die Berechnung sind dabei nicht mehr die letzten 6 Monate, sondern das Einkommen des letzten Monats. Der Notfall-KIZ kann online beantragt werden. https://www.bmfsfj.de/kiz
  • Für Familien mit Kindern unter 12 Jahren gibt es einen Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle im Infektionsschutzgesetz (§56). Wenn alle Möglichkeiten der beruflichen Tätigkeit bezahlt fern zu bleiben ausgeschöpft sind, können Familien für max. 6 Wochen 67% des Arbeitsentgeltes beziehen. https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/Entschaedigung-Eltern/entschaedigung-eltern.html
  • Geplant ist eine Änderung des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) aufgrunddes Coronavirus SARS-CoV-2: bestimmte Monate sollen bei der Elterngeldberechnung ausgeklammert werden (bspw. Kurzarbeit, Freistellung). Eltern mit systemrelevanten Berufen sollen Elterngeldmonate aufschieben können. Bei dem Partnerschaftsbonus soll es keine Rückforderung geben, wenn beide Elternteile nicht vollzeitnah (zwischen 25-30 Std.) und zeitgleich arbeiten konnten.  Die Änderungen sollen rückwirkend ab dem 1.3. und bis zum 31.12.2020 gelten.

Risiko von Rückschritten

Die Zerreißprobe, in der sich die Familien aktuell befinden, bleibt aus heutiger Sicht trotz langsamer Lockerung in Kita, Schule und öffentlichem Leben weiterhin noch lange bestehen. Für viele Familien läuft die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz aus. Wenn nicht gegengesteuert wird, besteht für Frauen zudem die Gefahr, dass sie noch stärker in die Retraditionalisierungsfalle geraten, wie es ohnehin schon oft nach der Geburt eines Kindes geschieht:  weil sie weniger verdienen als Männer übernehmen sie den Großteil der Familienarbeit - auf Kosten ihrer beruflichen und finanziellen Selbstbestimmung und dem Risiko der Altersarmut.

Familien brauchen gerade jetzt Unterstützung und Orientierung, damit alle ihre Mitglieder gut durch die Krise kommen.

Unterstützung von Familien – das DRK ist dabei

Viele DRK Gliederungen haben Angebote rund um die Familie etabliert. Neben den bundesweit 1640 DRK-Kitas gibt es in vielen DRK-Einrichtungen Bildungs- und Beratungsangebote, die Familien unterstützen und ihnen Orientierung geben. Diese Angebote können in der aktuellen Situation in ihrer klassischen Form nicht aufrechterhalten werden, da ein analoges Zusammenkommen mit den Eltern nicht erlaubt ist. Deshalb entwickeln die Einrichtungen alternative Formate, um die Familien zu erreichen. Einige Beispiele hierfür:

Wir bitten alle, die gerade alternative Angebote für Familien entwickeln, uns darüber zu informieren, damit wir sie verbreiten können!

Familienunterstützende Angebote – wichtiger denn je

Die Einrichtungen selbst sind allerdings ebenfalls stark von der Corona-Krise betroffen. So finanzieren sich Einrichtungen der Familienbildung zu einem wichtigen Teil aus Teilnahmegebühren, die nun wegfallen. Mitarbeitende befinden sich oftmals in Kurzarbeit. Honorarkräfte, die Angebote schon vorbereitet und sich auf Einkünfte verlassen haben stehen jetzt oftmals vor dem Nichts. Virtuelle Angebote können nur bedingt von der bisherigen Finanzierung gefördert werden.

Dabei sind die Angebote der Familienunterstützung Vor-Ort gerade jetzt und nach der Krise wichtiger denn je. Diese Strukturen sind jedoch in Gefahr, wenn die Honorarkräfte nicht besser abgesichert und die Einrichtungen nicht stärker unterstützt werden!

Familien- und Fürsorgefreundlichkeit sind ein gesamtgesellschaftliches Ziel, für das sich das DRK als Wohlfahrtsverband vielfältig einsetzt. Es erreicht mit seinen inner- und außerverbandlich vernetzten Angeboten bereits viele Familien, auch in der jetzigen Krisensituation.

Die vielfältigen Erfahrungen, die wir in dieser sehr herausfordernden Situation sammeln, werden auch unsere zukünftige Arbeit bestimmen: damit wir uns weiterhin für Familien einsetzen und ihnen zur Seite stehen können.

Wichtige Informationen für Familien in der Corona-Zeit