Gruppe Menschen

Ein wichtiges Signal für pflegende Angehörige setzen. Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessern!

Am Donnerstag wurde der zweite Bericht des unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf an die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Lisa Paus übergeben. Ich vertrete das DRK in diesem wichtigen Beirat und setze mich als Beiratsmitglied für bessere Bedingungen für pflegende Angehörige ein, die trotz ihrer Berufstätigkeit, Sorgeverantwortung für pflegebedürftige Menschen übernehmen.


Der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wurde 2015 vom Bundesfamilienministerium ins Leben gerufen und legt alle vier Jahre einen Bericht mit Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Situation pflegender Angehöriger vor. Die Arbeit am vorliegenden Bericht erfolgte in mehreren Arbeitsgruppen, Fachtagungen und zahlreichen Beiratssitzungen.

Der paritätisch besetzte Beirat besteht aus 21 Mitgliedern, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ernannt werden und sich aus Vertreterinnen oder Vertretern der fachlich betroffenen Interessenverbände, der Gewerkschaften, der Arbeitgeber, der Wohlfahrtsverbände und der Seniorenorganisationen sowie der sozialen und der privaten Pflege-Pflichtversicherung zusammensetzen. 

Zweiter Bericht mit Handlungsempfehlungen, wie die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessert werden kann

Und am Donnerstag war es soweit – auf beachtlichen 132 Textseiten haben wir der Bundesregierung den Zweiten Bericht des unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf mit aktuellen Expertisen, Situationsbeschreibungen und Handlungsempfehlungen für die laufende Legislaturperiode vorgelegt.

Im Bericht des unabhängigen Beirates wird konstatiert: Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in den kommenden Jahren fortlaufend ansteigen und die Frage der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf muss stärker in den Fokus rücken. So wurden im Jahr 2021 etwa zwei Drittel der insgesamt fünf Millionen Pflegebedürftigen überwiegend von pflegenden Angehörigen versorgt. Bis 2050 werden rund sechs Millionen Menschen pflegebedürftig sein. Mit dem Eintritt der sogenannten der Babyboomer-Generation in den Ruhestand verschärft sich zugleich der (Fach-) Kräftemangel auf dem Arbeitsmarkt in allen Branchen.

"Es stellen sich daher wichtige Fragen: Wer kann und will Sorgeverantwortung künftig übernehmen und wie schaffen wir es als Gesellschaft den Arbeitsmarkt trotzdem am Laufen zu halten?"    

Umarmung Frau und Seniorin

Die tragende Rolle pflegender Angehöriger

Pflegenden Angehörigen wird in dieser gesamtgesellschaftlichen Gemengelage auch weiterhin eine entscheidende Rolle zukommen.

"Nur mit ihrer Hilfe kann es überhaupt gelingen, eine Balance zwischen der weiteren Zunahme an Pflegebedürftigen und der gleichzeitig sinkenden Anzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern herzustellen."


Allerdings ist die Situation vieler erwerbstätiger pflegender Angehöriger derzeit oft von Überlastung und finanziellen Risiken geprägt. Die Berufstätigkeit ist nur erschwert mit der Sorge für Pflegebedürftige vereinbar, mit hohen physischen und psychischen Belastungen sowie Unsicherheiten und Einkommensverlusten verbunden. 

Bessere Rahmenbedingungen und Unterstützung

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden vornehmlich durch das Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz geregelt. Herzstück des zweiten Berichts ist der Vorschlag, die Familienpflegezeit praxistauglicher auszugestalten und ein neues Familienpflegegeld, ähnlich wie das Elterngeld, einzuführen. Denn pfelegende Angehörige brauchen bessere Rahmenbedingungen und Unterstützung.

Daher ist u.a. die Reform der Pflegezeitgesetze angezeigt. Die aktuelle Bundesregierung plant die Zusammenführung der Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetze. Zudem ist auch die Einführung eines steuerfinanzierten Familienpflegegeldes mit Freistellungsansprüchen vorgesehen, die den Menschen gewährt werden sollen, die nahestehende Personen pflegen und dafür ihre Arbeitszeit reduzieren.  

Ziel ist es, pflegenden Angehörigen und Nahestehenden mehr Zeitsouveränität zu ermöglichen, auch durch eine Lohnersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten. Dies ist, ohne Frage, eine gute Sache. Ob diese, angesichts der aktuellen Politik und der vorgesehenen Kürzungen im Bundeshaushalt ab 2024, realisiert werden kann, ist jedoch ungewiss. Wir müssten befürchten, dass dann an anderer Stelle gekürzt wird. Die Voraussetzungen scheinen daher leider nur bedingt gegeben zu sein, das Vorhaben auch wirklich umzusetzen.   

Versorgungsstrukturen ausbauen

Um die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu verbessern, regen wir als unabhängiger Beirat darüber hinaus an, auch insbesondere die Versorgungsstrukturen durch professionelle Pflege und die Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige auszubauen. 

"Die professionelle Pflege und die Pflege von Angehörigen müssen ineinandergreifen, damit die Sorgeverantwortung gut realisiert werden kann." 


So sollten die Pflegearrangements möglichst flexibel miteinander kombinierbar sein, wie zum Beispiel Leistungen für die Verhinderungs-, Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege. Diese wichtigen Angebote dienen der Entlastung von pflegenden Angehörigen und können besonders erwerbstätige Pflegepersonen unterstützen, um ihnen eine Weiterführung der beruflichen Tätigkeit zu ermöglichen. Jedoch gibt es insbesondere bei der Nachtpflege Ausbaubedarf, Angebote zur Nachtpflege bestehen bis heute kaum. Und auch die Nachfrage nach Tagespflegeplätzen in den letzten Jahren stark angestiegen. 

Besserer Zugang zu Hilfen und Strukturen

Auch sollte jeder Pflegehaushalt unbürokratisch und zeitnah auf bedarfsgerechte, aufeinander abgestimmte zugängliche Hilfen und Strukturen zugreifen können. Hierfür muss sicher auch zuallererst die Pflegeberatung für alle einfacher zugänglich werden. Die Orientierung im oft verwirrenden „Pflegedschungel“ muss gegeben und die Beratung selbst verständlicher werden. Eine gute Pflegeberatung für Pflegebedürftige und ihren pflegenden Angehörigen ist hier oft der Schlüssel.

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