Einrichtungen sind nicht autark
Sie funktionieren, beispielsweise bei einem langanhaltenden Stromausfall, nicht autark und sind auf externe Hilfeleistungen angewiesen. Stundenlang saß ich mit meinem Projektteam über möglichen Projektzielstellungen, Projektstruktur- und Netzplänen und wir haben auf Metaplanwänden unzählige potenzielle Arbeitspakete für die Projektidee „Krisenfestes Pflegeheim“ geschnürt.
Zurück in Berlin tritt dann tatsächlich der Ernstfall ein: In mehreren Ortsteilen von Berlin – Köpenick fiel nach einem Kabelschaden der Strom aus und es dauerte über 30 Stunden, bis die Stromversorgung in allen Kiezen wieder stand. Wie aus den Medien zu erfahren war, hätten viele Anwohner den Stromausfall eher gelassen hingenommen. Und auch der Katastrophenschutz habe laut Berliner Senat weitestgehend funktioniert. Die Berliner Feuerwehr, das THW und Hilfsorganisationen wie das DRK, konnten mit Einsatzkräften und technischer Ausrüstung Unterstützung leisten. Selbst Handys konnten an öffentlichen Strom-Zapfstellen aufgeladen werden.
Also alles gut und zurück in den Alltag?
Jetzt, einige Tage nach dem Blackout, sind immer mehr kritische Stimmen zu hören. So beklagte mein Kollege Hardy Häusler, Landes-Katastrophenschutzbeauftragter des Berliner DRK, u.a. dass in den vergangenen Jahren beim Katastrophenschutz gespart worden sei. Zudem forderte er eine bessere Eigenvorsorge der Bürgerinnen und Bürger.
Und wie sah es in unseren Bereichen der Wohlfahrtspflege aus und was heißt das für unsere künftige Arbeit? Ich frage mich, wie beispielsweise zu Hause versorgte ältere und pflegebedürftige Menschen den Stromausfall erlebt haben? Aus der Wissenschaft wissen wir, dass ältere Menschen in Krisensituationen besonders vulnerabel und überdurchschnittlich stark gefährdet sind.
Aber wie war es in Köpenick? Haben die persönlichen, sozialen Netzwerke funktioniert und gab es eine aktive Nachbarschaftshilfe?
Das vom DRK koordinierte
Forschungsprojekt KOPHIS, welches sich mit Fragestellungen pflege- und hilfsbedürftiger Menschen in Krisen- und Katastrophensituationen beschäftigt hat, kann u.a. für die Aufarbeitung der zurückliegenden Krisensituation theoretischen Background liefern.
Ebenso kann der Beitrag "Partizipation auch in der Krise? Pflegerische Versorgung bei Stromausfall – Ein Krisenszenario, das Fragen aufwirft" von meinem Kollegen Björn Stahlhut und mir - erschienen im Sammelband „Digitalisierung und Teilhabe. Mitmachen, mitdenken, mitgestalten!“ - entsprechenden Hintergrund für die Aufarbeitung bieten.
Und auch der professionelle Pflegebereich wirft Fragen auf
Es gilt genau aufzuarbeiten, vor welchen Herausforderungen der professionelle Pflegebereich gestellt wurde. Bekannt ist, dass neben 30.000 Privathaushalten und 2.000 Gewerbebetrieben auch das Krankenhaus Köpenick und vier Senioreneinrichtungen von dem Stromausfall betroffen waren.
Welche Problemstellungen haben sich vor Ort ergeben? Wie haben die Patienten und Bewohner die Krise miterlebt? Gab es Krisenablaufpläne in den Einrichtungen oder wurde eher improvisiert? Und Haben die ambulanten Pflegedienste weiter funktioniert?
Hierüber habe ich bisher nur wenig aus der Presse erfahren. Unsere Aufgabe ist es daher, die Krisensituation auch in dieser Breite zu analysieren und Verbesserungspotenziale herauszuarbeiten.
Eigene Resilienz stärken, Eigenvorsorge betreiben
Und schließlich wirft auch der Blick auf andere Arbeitsbereiche der Wohlfahrtspflege Fragen auf. Muss es sein, dass Kitas und andere soziale Einrichtungen in derartigen Krisensituationen geschlossen bleiben? Sollte nicht auch eine Kita Eigenvorsorge betreiben und beispielsweise mit einem Notstromaggregat die wichtigsten Bereiche selbst weiter betreiben können?
Aus meiner Sicht sollte dieser Stromausfall einmal mehr zum Nachdenken in der DRK-Wohlfahrtspflege insgesamt anregen und die Themen Resilienz, Krisenfestigkeit und Eigenvorsorge – sei es u.a. in den Bereichen Energie- und Wärmeversorgung, Personal, Medikamente und Lebensmittel etc. – Schwerpunkte unserer Profilentwicklung bilden.