Dr. Thomas Leppert: "Ihr seid Kompetenzträger für Unternehmen, nicht nur Spendenempfänger"

Brücken zwischen Wirtschaft und sozialem Sektor bauen - Interview mit Dr. Thomas Leppert

Dr. Thomas Leppert hat 2005 Heldenrat e.V. gegründet, um kostenfreie Beratung für soziale Organisation anzubieten. Mittlerweile ist er Geschäftsführer von Heldenrat GmbH, ein Beratungsunternehmen, das Erfahrungen aus dem sozialen Sektor auf die Wirtschaft überträgt. Wir haben uns mit ihm unterhalten – über das Beraten von Helden, das Brückenbauen zur Wirtschaft und Impact Investing.

Tom, wie kamst Du zu der Idee eine Organisation zu gründen, die „Helden“ berät und an wen richtet sich das Angebot von Heldenrat e.V. konkret?

Ich war lange in der Privatwirtschaft tätig und irgendwann war klar: Ich möchte mich sozial engagieren, mich umorientieren. Mit Hilke Posor zusammen hatte ich die Idee einer niedrigschwelligen Anlaufstelle für soziale Initiativen, die sich keine Beratung leisten können. 2005 sind wir dann mit Heldenrat e.V. gestartet – anfangs zu zweit und nur in Hamburg, mittlerweile sind wir über 40 Ehrenamtliche, überall in Deutschland. Wir bieten kostenfreie Beratung und Qualifizierung für soziale Initiativen und Organisationen, und zwar querbeet: von der Initiative für krebserkrankte Mütter bis zur innovativen Freiwilligenvermittlungs-App und zum Naturschutzbund. Bei großen Organisationen mit einem Umsatz von mehr als ca. 100.000 Euro im Jahr erbitten wir allerdings eine kleine Aufwandsentschädigung.

Wir fragen uns bereits oft, was wir als soziale Organisation von der Wirtschaft lernen können. Wie sieht’s denn andersherum aus: Was kann die Wirtschaft von uns lernen?

Ich habe tatsächlich einen ganzen Artikel über diese Frage geschrieben! Aber ich gebe mal ein kurzes Beispiel: Was motiviert Menschen dazu für eine Organisation langfristig zu arbeiten, mal abgesehen von der Vergütung? Hier kann man vom DRK und anderen sozialen Organisationen lernen, die erfolgreich Ehrenamtliche rekrutieren und auch binden. Warum schafft ihr das? Weil ihr im Gegensatz zu vielen Unternehmen in der Privatwirtschaft etwas sehr Attraktives bietet: Die Möglichkeit am Menschen orientiert zu arbeiten. Und das motiviert viele Leute, die werteorientiert unterwegs sind. 

Vor einigen Jahren habt Ihr dann Heldenrat GmbH als Tochter des Vereins gegründet, um Erkenntnisse wie diese auf die Privatwirtschaft zu übertragen. Wie schafft ihr das?

Das ist die Gretchenfrage! Unsere Kunden sind Mittelständische Unternehmen, die Werteorientierung mit ökonomischer Praxis verbinden wollen. Denen bieten wir unter anderem Trainings und Prozessbegleitungen an, zum Beispiel zur Frage, wie sie Erfahrungen aus sozialem Engagement in ihre Unternehmenspraxis übertragen können oder wie sie mit sozialen Organisationen kooperieren können. Dabei ist wichtig, dass der Austausch zwischen Unternehmen und sozialen Organisationen auf Augenhöhe stattfindet. Und dafür müssen wir auch teilweise das Selbstbewusstsein im sozialen Sektor stärken: Hier gibt es Unmengen an Erfahrungen mit Themen, die gerade jetzt in der Wirtschaft aktuell sind. Ihr seid also Kompetenzträger für die Unternehmen, nicht nur Spendenempfänger.

Apropos Brückenbau zur Wirtschaft: Wir untersuchen derzeit, ob Impact Investing – also Investitionen in soziale Projekte mit dem Ziel eine soziale Wirkung und finanzielle Rendite zu erzielen – für die freie Wohlfahrt in Frage käme. Was meinst Du dazu?

Einerseits sehe ich immer, dass soziale Innovationen nicht finanziert werden. Gleichzeitig sehe ich viele soziale Innovation aus Wohlfahrtsverbänden heraus, die sich am Ende doch langfristig finanzieren. Das DRK macht ja auch neue Dinge. Also muss man zuerst fragen: Braucht ihr tatsächlich mehr Finanzierung für soziale Innovationen?

Wenn ihr zusätzliche Mittel gebrauchen könnt und die auch zurückzahlen könnt, dann bin ich ein glühender Verfechter davon, dass ihr euch mit Impact Investoren zusammensetzt und coole Projekte an den Start bringt. Denn Ihr habt bewiesen, dass Ihr das könnt: Ihr habt das Know-How zu sozialen Dienstleistungen, könnt interessante Geschäftsmodelle entwickeln und Ideen flächendeckend umsetzen.

Hast Du Tipps oder Ideen für weitere innovative Finanzierungsmöglichkeiten?

Ich warte ja immer noch auf ersten Publikumsfond Impact Investing, also im Grunde eine Art von Crowdinvesting Topf, in den jedermann einzahlen kann, um in soziale Projekte zu investieren. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Ich finde es jedenfalls großartig, dass sich das DRK mit diesen Themen auseinandersetzt und wünsche Euch viel Erfolg dabei.

Lieber Tom, vielen Dank für das interessante Gespräch!