Podiumsdiskussion
Abschlussdiskussion mit Thomas Brych, Prof. Petra Bendel und Dr. Markus Kerber

Vielfalt in ländlichen Räumen – gestalten!

Sind Sie bei der Überschrift über den Plural "ländliche Räume" gestolpert? Das war eine mehrfach genannte Botschaft, die gestern bei einer Konferenz in der Robert Bosch Stiftung in Berlin betont wurde. Denn die Landkreise und Kommunen „auf dem Land“ unterscheiden sich teilweise ganz erheblich – auch was die Teilhabechancen von zugewanderten Menschen angeht.

Das Projekt "Land.Zuhause.Zukunft" der Robert Bosch Stiftung begleitet in einer Pilotphase seit Januar 2018 sechs Modellregionen dabei, die Integration und Teilhabe von Neuzuwanderern in ländlichen Räumen zu gestalten. Bei der Konferenz gestern wurden die Erkenntnisse aus der Pilotphase vorgestellt und diskutiert. Dabei waren viele Vertreterinnen und Vertreter von Landkreisen aus ganz Deutschland, aber auch von ehrenamtlichen Gruppen oder Initiativen wie zum Beispiel Über den Tellerrand e.V.

Auf die Haltung kommt es an

In den Workshops der Tagung wurde viel darüber diskutiert, wie ein Integrations- und Teilhabekonzept in der Praxis realisierbar ist – und natürlich auch darüber, wie man es mit Leben füllt. Neben einer kontinuierlichen Beteiligung der Menschen vor Ort ist es für den Prozess wichtig, dass die Entwicklung einer Kultur der Vielfalt als „Chefsache“ angesehen wird. Dass also beispielsweise Integrationsbeauftragte direkt der Landrätin bzw. dem Landrat zugeordnet sind und nicht in den Wirren und Tiefen von Verwaltungseinheiten verloren gehen. Ein Teilnehmer beschrieb es als „Vierklang“: Haltung – Konzept – Struktur – Maßnahmen. Und das in genau dieser Reihenfolge!

Sind gleichwertige Lebensbedingungen realistisch?

Während der Konferenz ging es nicht nur darum, wie Geflüchtete in ländlichen Regionen besser teilhaben können. Es wurde schnell klar, dass die Bedingungen für alle Menschen möglichst attraktiv gestaltet werden müssen, auch um weitere Abwanderungen zu vermeiden. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Annette Widmann-Mauz sprach in ihrem Impulsvortrag davon, dass es uns gelingen müsse gleichwertige Lebensverhältnisse – also soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse – zu sichern. Ein anderer Staatsminister, nämlich Markus Kerber, zuständig für die Abteilung Heimat im Bundesinnenministerium, formulierte dieses Ziel in der abschließenden Runde deutlich defensiver: Es gehe darum, gleichwertige Lebensverhältnisse anzustreben – was jedoch nicht bedeute, dass eine solche Gleichwertigkeit auch tatsächlich in absehbarer Zeit möglich sei.

Und was heißt das für das DRK?

Das DRK ist mit vielen Kreis- und Ortsverbänden genau dort aktiv, wo Teilhabe und Integration gelingen soll. Gerade in den ländlichen Räumen können wir diese Strukturen nutzen, um Menschen zusammen zu bringen und dafür zu werben, sich im Gemeinwesen zu engagieren. Einige strukturelle Probleme in den Regionen lassen sich über die Unterstützung von Mensch zu Mensch ausgleichen – wie beispielsweise Mitfahrbänke als Alternative zum fehlenden ÖPNV zeigen. Aber um ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu entwickeln braucht es Akteure, die gleichzeitig für Engagement und eine hohe Kontinuität stehen – wie eben das DRK. Deshalb dürfen wir unsere vielen bereits existierenden Angebote in den ländlichen Regionen nicht unterschätzen! Und übrigens: Von den sechs Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege waren wir vom Generalsekretariat die einzigen unter den rund 200 Teilnehmenden.