Doch ganz so einfach ist es nicht, das zeigen die vielen Fragen, die an den Bundesverband gerichtet werden. Was genau regelt das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz – kurz SodEG – für Einrichtungen und Dienste. Was gilt es zu beachten, was gilt es noch zu klären? Ich versuche mal einen ersten Überblick zu geben:
Das SodEG ist die Rechtsgrundlage für einen gesetzlich verankerte Sicherstellungsauftrag, dass Sozialleistungsträger weiterhin Zahlungen vornehmen können unabhängig davon, ob die ursprünglich vereinbarte Leistung tatsächlich ausgeführt wird. Ein Beispiel: Fallen Sprach- und Integrationskurse aus und sind diese auch nicht digital oder anderweitig durchzuführen, wird die vereinbarte Leistung nicht erbracht. Die Mitarbeitenden des Trägers übernehmen aber stattdessen die telefonische Beratung der Kursteilnehmenden zum Umgang mit COVID-19, geben Hygieneanweisungen oder erläutern die getroffenen staatlichen Maßnahmen. Sie erfüllen damit anderweitige Leistungen, um die Auswirkungen der Coronav-Krise einzudämmen und genau für solche Fälle soll der Sicherstellungsauftrag greifen.
Solange das Angebot der sozialen Dienstleister weiter erfüllt werden kann, bspw. durch digitale Sprachkursangebote, fließen vorrangig die vereinbarten Leistungen und der Sicherstellungsauftrag greift nicht.
Wir erhalte ich die Zuschüsse für soziale Einrichtungen?
Die nicht rückzahlbaren Zuschüsse können alle sozialen Dienste beim zuständigen Sozialleistungsträger beantragen, die im Aufgabenbereich der Sozialgesetzbücher oder des Aufenthaltsgesetzes soziale Dienstleistungen erbringen. Damit sind bspw. Kinder- und Jugendhilfeträger, Träger der Eingliederungshilfe oder auch die bereits erwähnten Integrationskursträger erfasst.
Das Gesetz klammert explizit Leitungsträger nach dem SGB V und SGB XI aus, denn hier greift das sogenannte Krankenhausentlastungsgesetz. Wie genau wird Karolina Molter in den kommenden Tagen im Blog näher erläutern.
Voraussetzung ist, dass Einnahmeausfälle nicht aus verfügbaren Mitteln des Trägers, Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz oder anderweitiger Refinanzierungsmöglichkeiten – bspw. durch die Beantragung von Kurzarbeit – ausgeglichen werden können.
Und das Gesetz spricht von einer „Erklärung“, die abzugeben ist, dass man alles unternommen habe, um Personal, Räumlichkeiten und Sachmittel zur Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Krise zur Verfügung gestellt hat. Die Einsatzbereitschaft „muss glaubhaft gemacht werden“. Wie dies genau aussehen kann, erarbeitet das BMAS derzeit noch.
Bekomme ich alle Einnahmeausfälle durch die Zuschüsse ersetzt?
Nein. Refinanziert werden bis zu 75 % des Durchschnittswertes der monatlichen Zahlungen der Leistungsträger. Dabei nimmt der Gesetzgeber zudem an, dass Kosten erheblich niedriger ausfallen, da Träger ihrerseits alles unternehmen, um Kosten zu senken, indem sie bspw. Kurzarbeit beantragen.
Was ist mit anderen Finanzierungsquellen: Zuwendungen, Mittel aus der Aktion Mensch, Glückspirale, dem DHW?
Hier arbeiten wir mit Hochdruck an Regelungen mit den unterschiedlichen Zuwendungsgebern, um den Verlust der Zuwendungen aufgrund der Nichtdurchführung der vereinbarten Leistungen abzuwenden. Unser Ziel ist es, vergleichbar mit den Gesetzesregelungen, dass vereinbarte Leistungen auch anderweitig – bspw. digital – erbracht werden können. So hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits in der letzten Woche zugesichert, dass die eigentlich vereinbarte Präsenzberatung der MBE (Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer) nun telefonisch, online und explizit über mbeon (Chat-Beratung) erfolgen kann und auch soll.
Kurzarbeit wäre dann nicht das Maß der Dinge, wenn wir Vereinbarungen mit dem Zuwendungsgeber treffen, dass Leistungen anderweitig aus- und durchgeführt werden können. Denn die Nachfrage nach sozialen Unterstützungs- und Beratungsangeboten ist vielerorts enorm.
Aber es wird sicherlich Projekte geben, die schlicht nicht anderweitig umsetzbar sind. Einige Zuwendungsgeber signalisieren hier bereits, dass dies nicht zum Wegfall der Zuwendung führt und damit in vielen Fällen zur Entlassung des Personals. Wir verhandeln hier weiter und werben dafür, auch hier den Einsatz des Personals für andere soziale Tätigkeiten, die zur Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Krise beitragen, zu ermöglichen. Eine dem Gesetz vergleichbare Regelung sollte auch für Zuwendungen gelten.
Hinweis
Die Aktion Mensch hat bereits sehr schnell auf die derzeitige Situation reagiert und bringt ein 20 Millionen Soforthilfeprogramm auf den Weg. Gefördert werden Träger der sozialen Arbeit, also freie, gemeinnützige Organisationen und Vereine mit Sitz in Deutschland. Sie unterstützen Menschen, die aufgrund von Behinderungen, chronischen Erkrankungen, Alter oder sozialen Notlagen Unterstützung benötigen. Gefördert werden Maßnahmen zur Lebensmittelversorgung und zur Assistenz und Begleitung.
Unsere Mitgliedsverbände können sich für mehr Informationen gerne an unsere Förderberatung wenden.
Was treibt uns noch um?
Wichtig ist für uns noch die Errichtung eines Fonds für Freiwillige und Helferinnen und Helfer (bzw. deren Familien), die sich im Einsatz zur Eindämmung von COVID-19 selbst infizieren und Folgeschäden (z.B. Verdienstausfälle, langfristige Erkrankungen bis hin zum Todesfall) erleiden. Auch hier bleiben wir dran.
Wir sehen das SodEG als einen von vielen Bausteine zur Sicherung der sozialen Infrastruktur. Zugleich sehen wir das Gesetz als eine Wertschätzung und Anerkennung der Leistung der hunderttausend ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden, und zwar jeden Tag – auch ohne COVID-19!
Bleiben Sie gesund!