DRK Botschafterin Zohre Esmaeli mit Smartphone

„Man kommt in eine Gesellschaft, die nach anderen Prinzipien funktioniert“ – Interview mit DRK-Botschafterin Zohre Esmaeli

Menschen stehen im Mittelpunkt unserer Arbeit bei der Wohlfahrtspflege. Gerade im Bereich Flucht und Migration kann man besonders gut sehen, wie es letztendlich immer um individuelle Schicksale Geflüchteter und Zugewanderter geht. Äußerst wichtig ist das bei einer Beratung dieser Menschen, denn bei dieser werden auch wichtige Entscheidungen für ihre Zukunft getroffen. Die Bedürfnisse der Ratsuchenden bildeten den Ausgangspunkt für mbeon.

Das überverbandliche Projekt des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, des Deutschen Caritasverbandes, des Deutschen Roten Kreuzes und des Bundes der Vertriebenen bietet einen besonderen Service: Die Ratsuchenden können ihre Fragen direkt im Chat mit einem Berater oder einer Beraterin stellen und so schnell und unkompliziert Unterstützung erhalten. Bundesweit beraten mehr als 150 Expertinnen und Experten in 15 verschiedenen Sprachen. Solche Lösungen gewährleisten die ganz wichtige Ebene der persönlichen Kommunikation zwischen zwei Menschen und qualifizierte Hilfe.

Model und DRK-Botschafterin Zohre Esmaeli war 13 Jahre alt, als sie aus Afghanistan nach Deutschland kam. Vieles war für sie neu und nicht alles war damals einfach. Im Interview hat sie uns ihre persönlichen Erfahrungen in Deutschland geschildert und Einblicke in die Herausforderungen gegeben, mit denen Geflüchtete und Zugewanderte beim Zugang zu Informationen und im alltäglichen Leben konfrontiert sind:

Erinnern Sie sich an Ihre ersten Schritte in Deutschland? Was war der schwierigste Teil? Wie haben Sie damals Antworten auf ganz alltägliche Fragen bekommen?
Das Schwierigste war die Ungewissheit, ob wir dauerhaft in Deutschland bleiben durften. Unser Aufenthalt wurde nur geduldet. Da war die ständige Angst, nach Afghanistan zurück zu müssen.

Auch alltägliche Fragen waren kompliziert:  Wo können wir einkaufen? Woher bekommen wir guten Reis? Wir lebten in einem Dorf, in dem es noch nicht einmal einen Supermarkt gab. Meine Mutter wollte am Anfang im Supermarkt über Preise verhandeln. Das war mir natürlich peinlich. Ich habe dann meistens mit meinem Bruder die Einkäufe erledigt.

Auf dem Amt habe ich für meine Familie übersetzt. Die Sozialarbeiterin, die für uns zuständig war, kam nur einmal die Woche zu uns nach Hause. Viele Fragen blieben da offen. Die Möglichkeiten auf dem Land an Informationen zu kommen sind viel begrenzter als in einer Stadt, wo an jeder Ecke der nächste Arzt ist. Wir haben oft die Nachbarn gefragt, wenn wir etwas nicht wussten. Und meine Brüder, die schon länger hier lebten, haben uns geholfen. Ich habe mich um Dinge wie die Wohnungssuche gekümmert. Für mich war es einfacher mich einzugewöhnen, weil ich neugierig war und auf die Menschen zugegangen bin. Mein Vater und meine Mutter haben großes Heimweh gehabt und fanden sich nicht so leicht zurecht in der neuen Kultur.

Welche Rolle spielt überhaupt der Zugang zu Informationen für Migrantinnen und Migranten?
Der Zugang zu Informationen spielt eine große Rolle. Man versteht die Sprache nicht und weiß gar nicht, wie was zu machen ist. Stellen Sie sich vor, Sie stehen im Supermarkt und wissen gar nicht, was da im Regal steht, weil Sie die Schrift nicht lesen können. Das sind aber nur die Kleinigkeiten. Man weiß nicht, wie das Leben hier in Deutschland funktioniert. Sehr schwierig sind die Amtsformalitäten, die zu erledigen sind. Die Besuche auf dem Amt sind oft mit Angst verbunden. Man versteht nicht, was zu tun ist und wie die Dokumente auszufüllen sind. Ohne Hilfe ist das kaum machbar.

Was können wir tun, um den Zugang zu Informationen für Migrantinnen und Migranten zu erleichtern?
Es kann helfen, wenn man sich einmal in die Rolle eines Geflüchteten hineinversetzt. Man kommt an in einer Gesellschaft, die nach anderen Prinzipien funktioniert, als man es gewohnt ist. Da ist man verunsichert und eventuell verängstigt.

Für den Anfang ist die Aufbereitung von Informationen von Bedeutung. Informationen sollten in mehreren Sprachen verfügbar sein. Sie sollten verständlich und in leichter Sprache sein. Leichter zugänglich werden Informationen, wenn sie auf verschiedenen Kanälen verfügbar gemacht werden. Also nicht nur über das obligatorische Faltblatt, sondern z. B. auch über Social-Media-Kanäle oder Apps.

Welchen Beitrag kann mbeon leisten?
Bei mbeon wird vieles von dem umgesetzt, was wichtig für den Zugang zu Informationen für Migrantinnen und Migranten ist. Die Bereiche Wohnen, Gesundheit, Arbeit und Beruf usw. sind gebündelt aufbereitet. Das ist sehr gut. Es macht die Dinge einfacher, wenn man möglichst viele Informationen über einen Kanal saugen kann. Besonders gut ist auch die Online-Beratung per Chat. Im Chat nach Informationen zu fragen geht leicht und schnell. Die Hürde, das Handy in die Hand zu nehmen und drauf los zu chatten, ist geringer, als einen langen unverständlichen Text zu lesen oder eine geeignete Person zu finden, die einem helfen kann. Dann ist das zusätzliche Angebot der persönlichen Beratung in unterschiedlichen Sprachen der Herkunftsländer eine super Erweiterung der App. Dass die Beratung z. B. auf Arabisch oder Farsi angeboten wird, schafft Klarheit und Vertrauen. Denn vieles ist einfacher zu klären und zu verstehen, wenn es in der Muttersprache vermittelt wird. mbeon schließt eine Lücke im Informationsangebot und bietet Informationen gebündelt, zeitgemäß und mehrsprachig an.

Lesen Sie die vollständige Version des Interviews.

mbeon wird bundeszentral und überverbandlich von der mbeon-Koordinierungsstelle aus gesteuert, die in den Räumen des DRK-Generalsekretariats in Berlin angesiedelt ist. Gefördert wird mbeon aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF).