Digitalisierung der Pflege wird präsentiert
Nadja Hofmann stellt die Umfrage zum Stand der Digitalisierung in der Pflege vor.

Digitalisierung – (k)ein Thema für die Altenpflege?

Was ist unsere Vision der Digitalisierung in der Pflege? Eine Frage, die kurzfristig nicht leicht zu beantworten ist. Aus diesem Grund lohnt sich ein wachsamer Blick hinter die Kulissen. Wird beispielsweise der Einsatz von Robotik einen Teil zur Digitalisierung in der Pflege beitragen? Wäre dies ethisch überhaupt vertretbar oder sind derartige Visionen eher Szenen, welche zu einem Science-Fiction-Film gehören?

Dass die professionelle Pflege vor vielen strukturellen und personellen Herausforderungen steht, ist nichts Neues. Die Gesellschaft sowie die Politik wünschen sich ein Umdenken. Doch welche Rolle kann die Digitalisierung dazu beitragen. Aktuell dreht sich in der Fachliteratur viel um diesen Themenbereich – schließlich ist der Gedanke vielversprechend, die bestehenden und zukünftigen Personalengpässe in der professionellen Pflege durch Digitalisierungsprojekte zu reduzieren. Doch ist dies überhaupt realisierbar? Und was bedeutet Digitalisierung in der Pflege überhaupt?

Zahlen, Daten und Fakten

Um sich diesen Fragen zu widmen hat das DRK-Kompetenzzentrum Süd eine Umfrage zum Stand- und Bedarf der Digitalisierung im Bayerischen Roten Kreuz durchgeführt. Die Ergebnisse aus den über 300 befragten vollstationären Einrichtungen, Tagespflegen sowie den ambulanten Pflegediensten sind spannend und ernüchternd zugleich:

  • Etwas über ein Viertel der Einrichtungen bietet den Pflegebedürftigen sowie den Mitarbeitenden W-LAN,
  • 13 % der Einrichtungen arbeiten mit Sensorik,
  • 2 % arbeiten mit Modellprojekten zur Telecare und Telemedizin,
  • Ein Kreisverband arbeitet mit einem Telepräsenzroboter

Hat die Pflege die Digitalisierung verpasst?

Auf den ersten Blick scheint noch viel Entwicklungspotenzial für die Digitalisierung in der Pflege vorhanden zu sein. Doch der Schein trügt. Die professionelle Pflege hat den Digitalisierungstrend nicht verschlafen. So arbeiten über 80 % der BRK-Kreisverbände mit elektronischen Prozessplanungen sowie mit elektronischen Pflege- und Patientendokumentationssystemen. Zur Entlastung der Mitarbeitenden weisen zudem 83 % der Befragten Unterstützung für schwere körperliche Pflegearbeit an. Beispiele dafür sind elektronische Lifter oder Systeme für die Notfall- und Sturzerkennung.

Zusammengefasst scheint die „Basisdigitalisierung“ in den meisten pflegerischen Versorgungsformen verfügbar zu sein. Vielerorts fehlen jedoch die technische Affinität sowie Personal- und Geldressourcen für innovative Digitalisierungsansätze.

Um Trägern an diesem Punkt Unterstützung und Entwicklungspotenzial zu geben, steht das DRK Projekt „Kompetenzzentrum Wandel.Wohlfahrt.Digitalisierung.“ den pflegerischen Versorgungsformen sowohl beratend als auch unterstützend zur Seite. 

Vom Stand zum Bedarf der Digitalisierung

Dass dies ein Schritt in die richtige Richtung ist, konnte statistisch erhoben werden. So wünschen sich fast die Hälfte aller Befragten Best-Practice-Beispiele sowie Beratung und Begleitung bei der Implementierung von Digitalisierungsprojekten.

Das Bild zeigt eine Grafik, die die Ergebnisse der Umfrage nach dem Unterstützungsbedarf in der Pflege darstellt. Bei 78 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wünschen sich 39% Best-Practice-Beispiele, 5% Beratung und Begleitung zu Implementierung von Digitalisierungsprojekten, 37% Informationen zum Stand der Digitalisierung (inkl. Ethik und rechtliche Grundlagen, 4% keinen Handlungsbedarf und 15% haben keine Angaben gemacht. (Eine Mehrfachnennung war möglich)

© Nadja Hofmann (Kompetenzzentrum Digitalisierung im DRK und BRK)

Es gilt demnach, eine gesamtverbandliche Strategie zu entwickeln, um eine Loslösung von Einzel- und Insellösungen zu erreichen. Konkret bedeutet dies, dass Digitalisierungsprozesse für die breite Masse aufgearbeitet und gebündelt werden müssen, mit folgender Zielsetzung:

  • Technik muss den hilfs- und pflegebedürftigen Menschen sowie den betroffenen Berufsgruppen dienen und sich auf das konzentrieren, was notwendig und bezahlbar ist.
  • Im Fokus der Digitalisierungsentwicklungen sollten immer die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen, derer Angehöriger und die der Pflegekräfte selbst stehen. Entsteht aus der Digitalisierung ein entlasteter und verbesserter Pflegeprozess, kann von einem hohen Gewinn für die Pflege gesprochen werden. Allerdings sollten die Digitalisierungsprozesse nicht in der Lage sein, die zwischenmenschlichen, sozialen und kommunikativen Kernaufgaben in der Pflege und Betreuung zu ersetzen.
  • Die professionelle Pflege muss am Digitalisierungsdialog beteiligt sein, um zu erreichen, dass Digitalisierungsansätze nicht vorrangig vom Pflegemarkt und der Forschung dominiert werden.

Um abschließend die Eingangsfrage zu beantworten: Die Digitalisierung ist ein Thema für die professionelle Altenpflege. Dies zeigen unter anderem die zahlreichen Projekte, welche die Kompetenzzentren in diesem Aufgabenfeld unterstützen. So bietet beispielsweise das Kompetenzzentrum Süd Beratungen zur Finanzierung von Digitalisierungsprojekten an, unterstützt Kreisverbände bei der Testung von Ambient-Assisted-Living und erstellt eLearning Content für innovative Lern- und Arbeitsprozesse.

Doch die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten alleine ist nicht ausreichend. Digitalisierung in der Pflege bedeutet, bei realistischen und praxisorientierten Ansätzen zu bleiben. So gilt es, bei der Implementierung von Digitalisierungsansätzen ein adäquates und bedürfnisorientiertes Change- und Projektmanagement zu planen. Denn nur im gemeinsamen Dialog wird es aktuell und zukünftig möglich sein, das Interesse, die Neugierde sowie die Akzeptanz bei den Mitarbeitenden sowie bei den Pflegebedürftigen und deren Angehörigen für innovative Digitalisierungsprojekte zu wecken.

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Verfasst von Nadja Hofmann, Beraterin Digitale Wohlfahrt und Referentin im Landesverband des BRK