Susanne sitzt im Zug und arbeitet an ihrem Laptop.
Mobiles Arbeiten im DRK - ein Beitrag aus dem Zug.

Digitalisierung in der DRK Wohlfahrtspflege

„Digitalisierung in der Wohlfahrt? Was genau macht ihr denn da?“ Eine Frage, die den Mitarbeitenden im Bereich Digitalisierung des DRK-Generalsekretariats öfter begegnet – im Berufsalltag, aber auch beim Heimatbesuch. Unsere Kollegin Susanne Bruch schreibt darüber, wie wir in der DRK-Wohlfahrtspflege Digitalisierung verstehen und was die Mitarbeitenden tun, um die digitale Transformation möglichst sozial zu gestalten.

Ich schreibe diesen Blog-Artikel auf einer Zugfahrt von Hamburg nach Berlin. Hinter mir liegt ein Wochenende in meiner Heimatstadt, an dem ich unter anderem gefragt wurde, was ich eigentlich genau in meinem Beruf mache. Denn trotz der großen Präsenz der Wohlfahrtsverbände im alltäglichen Leben wissen gar nicht so viele Menschen in Deutschland, was diese „Wohlfahrt“ eigentlich ist und tut (vgl. Wohlfahrtskongress 2019). Und der Begriff „Digitalisierung“ steht für so viel – teilweise sehr Technisches, mal sehr Menschliches, auf jeden Fall Neues –, dass nicht immer klar ist, was damit genau gemeint ist. Meine Fahrt will ich also nutzen, um für alle Leserinnen und Leser, die sich genau die gleiche Frage stellen, zu beschreiben, was unser Auftrag und unsere Tätigkeiten sind.

Digitalisierung in der Gesellschaft und Wohlfahrtspflege

Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft mit hoher Entwicklungsdynamik. Digitale Technologien prägen zunehmend alle Lebensbereiche: So ist es für viele nicht mehr vorstellbar, ohne Computer oder Smartphone zu leben, der smarte Herzschrittmacher oder der digitale Insulinstift sind gar überlebenswichtig. Die Gesellschaft und somit auch in ihr agierende Organisationen werden durch digitale Technologien einem grundlegenden Wandel unterzogen, der weder Wirtschafts- und Arbeitswelt noch Öffentlichkeit und Privatleben unbeeinflusst lässt.

Hieraus ergeben sich große Chancen etwa für die barrierefreie Gestaltung sozialer Beziehungen (z.B. über Videokonferenzen und Livestreams) und den Zugang zu Angeboten und Leistungen (z.B. über Online-Bibliotheken oder telemedizinische Versorgung durch Fachärzte). Es ergeben sich aber auch neue soziale Herausforderungen für die Menschen, die nicht ausreichend Ressourcen haben, um in der digitalen Welt zu partizipieren. Diese werden künftig zunehmend von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen, etwa wenn bestimmte Leistungen nur noch online zur Verfügung gestellt werden. Den Chancen der Digitalisierung stehen folglich Risiken sozialer Spaltung gegenüber.

Die Freie Wohlfahrtspflege ist mit ihren zahlreichen sozialen Angeboten und Leistungen das Gerüst der sozialen Infrastruktur, weshalb wir vermehrt Aufgaben übernehmen, um die Digitalisierung gemeinwohlorientiert zu gestalten und der digitalen gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken.

Unsere Wirkungsziele für Digitalisierung in der Wohlfahrtspflege im Bundesverband

Als Bundesverband haben wir uns entsprechend dieser Anforderungen die Frage gestellt, wie wir bestmöglich die Wahrnehmung dieser neuen Aufgaben unterstützen und realisieren können. Wir haben uns daher in Bezug auf Digitalisierung für die DRK Wohlfahrtspflege zwei Wirkungsziele definiert:

  1. Die Digitalisierung am sozialen Ausgleich orientiert zu gestalten; und
  2. Soziale Versorgung und Teilhabe im digitalen Zeitalter bestmöglich zu gestalten.

Um die Digitalisierung am sozialen Ausgleich orientiert zu gestalten, bedarf es der politischen Mitgestaltung durch zivilgesellschaftliche Organisationen und Vertreterinnen und Vertreter, die in erster Linie dem Gemeinwohl und nicht privatwirtschaftlichen Interessen verpflichtet sind. Wir setzen uns daher im Rahmen unser anwaltschaftlichen Vertretung dafür ein, dass bei politischen Entscheidungen die sozialen Folgen nicht außer Acht gelassen werden.

Gleichzeitig gilt es, auch in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft eine gut funktionierende soziale Infrastruktur aufrechtzuerhalten und diese an neue Gegebenheiten anzupassen. Als Erbringerin sozialer Angebote und Leistungen ist es daher die Aufgabe der DRK Wohlfahrtspflege, sich so aufzustellen, dass wir durch digitale Unterstützung und innovative Konzepte (noch) bessere Angebote und Leistungen für unsere Zielgruppen bereitstellen.

Um politische Positionen zu erarbeiten und das Potenzial digitaler Technologien und innovativer Ideen zu erkennen, bedarf es eines Organisations- und Personalentwicklungsprozesses im Verband. Denn wir müssen selbst gut und digital aufgestellt sein, um vor Ort erkennen zu können, was es für Bedarfe gibt und diese umzusetzen und wo regulatorische Lücken sind, die adressiert werden müssten.

Wie wir unseren Auftrag umsetzen

Als DRK-Bundesverband gilt für uns: Wir müssen den Spagat zwischen föderaler Eigenständigkeit und der großen, gesamtverbandlichen Herausforderung Digitalisierung meistern. Denn die Stärke der DRK-Wohlfahrtspflege – mit ihren 19 Landesverbänden, über 500 Kreisverbänden, über 1.000 Kitas, 200 Einrichtungen der Jugendsozialarbeit, jeweils über 500 ambulanten und stationären Altenpflegeeinrichtungen und vielen weiteren sozialen Angeboten – liegt in der Präsenz in der Fläche.

Wir setzen unseren Auftrag daher in einem Dreiklang um:

  • Wir nehmen unsere Aufgabe der anwaltschaftlichen Vertretung gegenüber der Politik wahr, indem wir uns an Gremien beteiligen und gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern (technologische) Entwicklungen untersuchen und ihren Einfluss auf die Gesellschaft bewerten. Hier geht es beispielsweise um die Fragen, wie ethische Aspekte bei der Entwicklung neuer Technologien ausreichend berücksichtigt werden können oder welche regulatorischen Anforderungen sich ergeben, wenn neue Technologien in Umfeldern wie Pflegeeinrichtungen oder Kitas eingesetzt werden.
     
  • Wir führen gemeinsam mit unseren Mitgliedsverbänden konkrete Umsetzungsprojekte zu Digitalisierung und Entwicklung sozialer Innovationen durch, die gute Beispiele vor Ort schaffen und über den Bundesverband skaliert werden. So begleiten wir Gliederungen bei der Entwicklung von Digitalstrategien, erproben mit ihnen neue Technologien und entwickeln für interessierte Gliederungen aus dem Gesamtverband ein Konzept für eine DRK-Plattform.

Beispiele aus unserer Arbeitspraxis:

Eine digitale Plattform für das DRK:
Eine Vielzahl der DRK-Angebote und -Services sind bereits online auffindbar, können jedoch nicht online gebucht werden. Dies führt dazu, dass das DRK Interessenten im Prozess verliert. Aus diesem Grund wurde 2019 das Projekt "Online-Plattform" ins Leben gerufen. Eine Gruppe interner und externer Expertinnen und Experten analysiert mögliche Szenarien einer digitalen Plattform und erarbeitet eine Entscheidungsgrundlage. Im bisherigen Prozess wurde ein Prototyp einer Plattform für Nischenkurse (u.a. die Babysitterausbildung) erstellt und mit potenziellen Nutzern und Nutzerinnen getestet. Im März werden die Ergebnisse präsentiert und es wird entschieden, ob eine digitale Plattform realisiert wird.

Die Kompetenzzentren Digitalisierung: In den drei Kompetenzzentren Digitalisierung unterstützen DRK-interne Beraterinnen und Berater die Kreis- und Landesverbände bei Digitalisierungsvorhaben im Bereich Wohlfahrt: Etwa bei der Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie, der Konzeption einer digitalen Weiterbildung für Mitarbeitende oder der Einführung einer Software für Verwaltung, Kommunikation und Dokumentation in der Kita.
 

  • Wir führen DRK-weite Formate ein, in denen wir den Austausch über gute digitale Beispiele und die gemeinsame Erprobung neuer Lösungen ermöglichen. Denn im DRK gibt es bereits zahlreiche gute Beispiele für den Einsatz digitaler Technologien: Seien es smarte Assistenzsysteme in Pflegeeinrichtungen, gute Beispiele für digitale Zusammenarbeit am Arbeitsplatz, eLearning-Angebote, digitale Dokumentation oder Eltern-Kommunikation in der Kita.

Beispiele aus unserer Arbeitspraxis:

Die DRK Digitalisierungskonferenz
: Am 25. und 26. Juni 2020 findet die erste DRK-Digitalkonferenz in Berlin statt. Teilnehmende aus unterschiedlichen Fachbereichen, Gliederungen und Hierarchieebenen können hier gute Beispiele aus der Praxis kennenlernen, Netzwerke aufbauen und von Digitalisierungsexpertinnen und -experten lernen.

Der DRK Cross-Media-Day: Der Cross Media Day ist das BarCamp zu sozialen Innovationen, Digitalisierung und Social Media im Deutschen Roten Kreuz. Beim CMD treffen sich jährlich bis zu 150 Interessierte aus allen Bereichen des Verbandes. Der CMD findet jedes Jahr an einem anderen DRK Standort statt. Aktuelle Informationen zum nächsten CMD finden Sie auf Twitter @XMediaDay und auf der Webseite.

Think & Do Tank Digitalisierung in der Wohlfahrt: Der „Think & Do Tank Digitalisierung in der Wohlfahrt“ richtet sich an alle interessierten DRK-Mitarbeitenden, die den digitalen Wandel im Verband mitgestalten wollen. Die Mitglieder treffen sich in wechselnden Besetzungen regelmäßig und entwickeln gemeinsam Konzepte und Ideen für die Digitalisierung im DRK.

Ich bin in Berlin angekommen. Nach einem Jahr im DRK bin ich überzeugt, dass wir digitale Lösungen nutzen können, um für unsere Zielgruppen und Mitarbeitenden echte Mehrwerte zu schaffen. Und es macht viel Freude, diese Entwicklungen jeden Tag zu begleiten. Das zumindest konnte ich in der Heimat auch ohne lange Erklärungen vermitteln! 

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