Schon lange haben sich die Wohlfahrtsverbände deswegen gemeinsam für eine Finanzierung der Asylverfahrensberatung mit Bundesmitteln eingesetzt. Im Rahmen des „Geordneten-Rückkehr-Gesetzes“ trat dann im August 2019 der § 12a AsylG in Kraft, der eine staatliche unabhängige Asylverfahrensberatung durch das BAMF vorsieht. Zunächst erhalten alle Asylsuchenden in Gruppengesprächen Informationen über das Asylverfahren und die Rechte und Pflichten der beteiligten Akteure. Anschließend erfolgt in Einzelgesprächen eine individuelle Beratung, die entweder durch das BAMF oder durch Wohlfahrtsverbände durchgeführt wird.
Gesetzgebung im Schnellverfahren
Die Norm gelangte per Änderungsantrag in das Gesetzespaket, eine Anhörung der Wohlfahrtsverbände fand nicht statt. Das ist besonders bemerkenswert, da diese ja explizit in der Vorschrift genannt sind. Die Gesetzesbegründung sieht vor, dass den Verbänden Räumlichkeiten und Sachmittel zur Verfügung gestellt werden, zu Personalkosten wird hingegen keine Aussage getroffen. Folge hiervon ist, dass das BAMF nun bundesweit seine Asylverfahrensberatung anbietet, während die Beratungsangebote der Verbände teilweise mangels Finanzierung eingestellt oder reduziert werden.
Asylverfahrensberatung ist nicht gleich Asylverfahrensberatung
Der Gesetzgeber hat mit der Fassung des § 12a AsylG auch dem BAMF keinen Gefallen getan. Eine unabhängige staatliche Beratung – wie soll das funktionieren? Die Asylverfahrensberatung des BAMF unterscheidet sich gravierend von dem, was die Wohlfahrtsverbände als unabhängige Asylverfahrensberatung verstehen. Das BAMF als staatliche Behörde ist dem Neutralitätsprinzip verpflichtet, es berät laut eigenen Angaben „objektiv“. Bei den Beraterinnen und Beratern handelt es sich um speziell geschulte Mitarbeitende, die vorübergehend von ihrer Tätigkeit als Entscheiderin oder Entscheider freigestellt sind. Die Unabhängigkeit soll durch Trennung der Bereiche „Beratung“ und „Entscheidung“ gewahrt werden. Inhaltlich gibt das BAMF Auskünfte, erklärt die Verfahrensschritte und mögliche Rechtsfolgen – es tut kurzum all das, was es gemäß § 25 VwVfG sowieso tun muss. Explizit ausgeschlossen ist eine Beratung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), also die rechtliche Prüfung des Einzelfalls inklusive Erfolgsaussichten und Alternativen zum Asylverfahren. Genau eine solche Beratung nach dem RDG ist hingegen der Kern der Asylverfahrensberatung, wie sie die Verbände anbieten.
Dies geht zu Lasten der Asylsuchenden - und des Subsidiaritätsprinzips
All dies geht zum einen auf Kosten der Asylsuchenden und der Qualität der Asylentscheidungen. Darüber hinaus wird nicht weniger als das Subsidiaritätsprinzip in Frage gestellt, das den Vorrang freier, privater oder gesellschaftlicher Initiativen vor einem staatlichen Tätigwerden vorsieht.
Wir als DRK sehen die Asylverfahrensberatung als klare Aufgabe der Wohlfahrtsverbände und fordern weiterhin eine Bundesfinanzierung für eine Asylverfahrensberatung durch die Verbände. Um auf das Thema aufmerksam zu machen und auch die Landesverbände in ihrer Kommunikation zu unterstützen haben wir heute einen Brennpunkt Wohlfahrt mit dem Titel „Asylverfahrensberatung – übereilte Gesetzgebung und ihre Folgen“ veröffentlicht.
Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre!