Bild einer lächelnden Frau vor rotem Hintergrund

"Allen Ratsuchenden gerecht zu werden und für alle genügend Zeit zu finden, ist die größte Herausforderung"

Im Gespräch mit Karina Hauck, Leiterin einer Migrationsberatungsstelle beim BRK, erfahren wir, warum die Arbeit mit Menschen sie erfüllt und welche Herausforderungen sie täglich meistert. Zudem teilt sie ihre Erfahrungen während der Corona-Pandemie und appelliert an langfristige politische Maßnahmen, um den Arbeitskräftemangel in der Migrationsberatung zu bekämpfen und den Beruf attraktiver zu gestalten.


Ich heiße Karina Hauck und bin 45 Jahre alt. Seit 2010 leite ich einen Teilbereich der Abteilung „Soziale Arbeit“ und bin für die Migrationsberatung, Suchdienst, Mutter-/Vater-Kind Kuren und für unseren Second Hand Laden im Kreisverband Haßberge in Bayern, zuständig.  

Liebe Frau Hauck, was hat Sie damals dazu bewogen, sich für diesen Beruf zu entscheiden?  

Die Arbeit mit und für Menschen hat mich schon immer fasziniert. Das war immer wichtig für mich, deswegen habe ich gerne als Lehrerin mit Kindern und später als Sozialpädagogin mit Jugendlichen und Erwachsenen gearbeitet.

"Das Gefühl den Ratsuchenden zu helfen, sie zu unterstützen und auf dem Weg der Integration zu begleiten, gibt mir Kraft und ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit."


Man bekommt sehr viel Wärme und Dankbarkeit zurück und die sichtbaren Entwicklungen der Ratsuchenden geben mir die Zuversicht, alles richtig gemacht zu haben.

Der BRK-Kreisverband Haßberge mit seinem Kreisgeschäftsführer Herr Greger ist außerdem ein sehr guter Arbeitgeber, der alles dafür tut, um uns zu unterstützen. Mein Team ist wie meine zweite Familie für mich und ich freue mich jeden Tag, auf die Arbeit zu gehen und die Kolleginnen und Kollegen zu sehen. Dies alles sind wichtige Voraussetzungen für die zufriedenstellende und erfüllende Arbeit, die noch dazu Spaß macht und gut bezahlt wird.  

Was sind in ihrer Arbeit die größten Herausforderungen?  

Zu den größten Herausforderungen gehört es für mich, allen Ratsuchenden, die unsere Beratung aufsuchen, gerecht zu werden und für alle genügend Zeit zu finden und die Wartezeiten zu minimieren.

"Leider werden es immer mehr Ratsuchende mit sehr komplexen Themen. Viele befinden sich in Lebenskrisen und benötigen sehr engmaschige Unterstützung und Begleitung."


Leider sind auch unsere Kooperationspartner und -partnerinnen (Behörden, Anmerk. d. Redaktion) personell sehr eingeschränkt und haben kaum Kapazitäten, wenn wir sie mit unseren Ratsuchenden wegen Behördenangelegenheiten anrufen. Die Bearbeitung der Fälle zieht sich dann oft in die Länge, die Zuständigkeiten wechseln und die Ratsuchenden sind verunsichert oder frustriert. Aufgrund meiner russischen und ukrainischen Sprachkenntnisse besuchen insbesondere viele russisch/ukrainisch sprechende Ratsuchende unsere Beratungsstelle. Meine Kollegin Natalia Haas und ich sind für sie die erste Anlaufstelle und helfen bei allen Belangen des täglichen Lebens. Auch meine anderen Kolleginnen, Anne Depietri und Andrea Scheuring, kümmern sich um die Flut von Anfragen. Diese gute und reibungslose Arbeit im Team ist auch der Schlüssel des Erfolges unserer Migrationsberatungsstelle. 

    Frau mit dunklen Locken lächelt blonde Frau an

    Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf ihre Arbeit? 

    Die Pandemiezeit war sehr nervenaufreibend für uns, da unsere Beratungsstelle trotz Corona immer für die Ratsuchenden offen war.

    "Wir mussten neue Wege suchen und kreative Entscheidungen treffen."


    Da fast alle Einrichtungen geschlossen waren, waren wir für unsere Ratsuchenden die einzige Möglichkeit, behördliche Angelegenheiten zu erledigen, was uns oft an den Rand unserer Kräfte geführt hat, unseren Zusammenhalt und die Kollegialität untereinander jedoch nur gestärkt hat. Deswegen war es für uns eine sehr komplizierte, aber auch eine sehr interessante und kreative Zeit. Wir haben auch die Onlineberatung mbeon genutzt. 

    Was sind Ihrer Meinung nach Maßnahmen, um den Beruf attraktiver zu gestalten?  

    Die erfolgreiche Integration der Menschen mit Migrationshintergrund in die deutsche Gesellschaft ist ohne finanziell langfristig abgesicherte und personell gut ausgebaute Migrationsberatungsstellen nicht denkbar.

    "Schon während des Studiums der Sozialen Arbeit muss ein Schwerpunkt bei der Integration liegen und mehr über die Arbeit der MBE (Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer) als Best Practice Modell berichtet werden."


    Durch die bessere Verknüpfung von Studium und Praxis, mehr Öffentlichkeitsarbeit an den Fachhochschulen/Universitäten und vor allem die Sicherheit, dass die Stellen auch über ein Jahr hinaus ausfinanziert sind, könnte sicherlich das Interesse und die Bereitschaft steigen, als Migrationsberaterin oder -berater zu starten. Gerade die immer nur für ein Haushaltsjahr durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bewilligte Förderung bedeutet ständige Unsicherheit für die Mitarbeitenden. Der Bedarf an Migrationsberatung steigt stetig – auch durch den anhaltenden Krieg in der Ukraine. Migrationsarbeit ist kein jährliches Projekt, das irgendwann abgeschlossen ist. Sie ist eine Daueraufgabe, die staatlich dauerhaft gefördert werden muss und auch von gesamtgesellschaftlichem Engagement lebt.

    Gibt es noch etwas, das Ihnen besonders am Herzen liegt? 

    Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, so eine erfolgreiche und wichtige Integrationsarbeit zu depriorisieren.

    "Die Kolleginnen und Kollegen leisten eine wertvolle Arbeit und sind mit vollem Herzen dabei, die Finanzierungsängste lähmen jedoch die Arbeit."

    Unsere Arbeit muss hochgeschätzt und gut finanziert werden. Ich möchte mich deshalb bei allen meinen MBE-Kolleginnen und Kollegen, bei meinem Kreisgeschäftsführer u­nd bei unserem ganzen Verband für die Möglichkeit bedanken, eine zuverlässige und kompetente Integrationsarbeit in der MBE leisten zu können. 

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    Wir danken Ihnen, Frau Hauck, für das Interview.



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