Anke Thomsen hat eine Mission: Sie will Einsamkeit bei Kindern und Jugendlichen sichtbar machen. Als Referentin für Soziale Arbeit im DRK-Landesverband Schleswig-Holstein e.V. hat sie erkannt, dass dieses gesellschaftliche Problem lange unterschätzt wurde. In einem Vortrag 19. Netzwerktreffen “Jung und allein?” beim Netzwerktreffen „Jung und allein?“ des Österreichischen Netzwerkes Offene Jugendarbeit spricht sie darüber.
10% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland beschreiben deutlich erhöhte Einsamkeit
"Einsamkeit beschreibt ein unangenehmes subjektives Gefühl, das selbst nicht gewählt ist", erklärt Anke Thomsen. Es geht dabei um mehr als nur allein zu sein. Betroffene haben oft das Gefühl, "nicht genug soziale Kontakte" zu haben und können "selber daran nichts ändern".
Besonders alarmierend ist die Verbreitung von Einsamkeit unter jungen Menschen. Anke Thomsen zitiert eine erschreckende Statistik: "10% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland beschreiben deutlich erhöhte Einsamkeit, mit höheren Raten bei Armut im Jugendalter".
Die Auswirkungen von Einsamkeit sind gravierend. "Einsamkeit soll so schädlich sein wie Rauchen", betont Anke Thomsen. Noch besorgniserregender ist der Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen: "Eine aktuelle internationale Metastudie findet, dass Einsamkeit die Entstehung von psychischen Störungen deutlich begünstigt".
Die COVID-19-Pandemie hat die Situation verschärft. "Weltweit gab es einen starken Anstieg psychischer Erkrankungen wie Depression und Angststörungen", berichtet Anke Thomsen. "Aktuell sind weiterhin 20% bedeutsam psychisch belastet".
Viele bestehende Angebote erreichen junge Menschen nicht, da sie häufig über junge Menschen sprechen und nicht mit ihnen. Im DRK sind in den letzten Jahren hier innovative Produkte entstanden, die sowohl Fachpersonen als auch Kinder und Jugendliche selbst ansprechen:
Es geht eher um Awareness, um Sensibilisierung", erklärt Anke Thomsen. "Wir haben nicht die Lösung für alle Probleme, wenn Kinder Gefühle von Einsamkeit habe".
Das Projekt wurde 2019, also vor der Pandemie gestartet und stoß damals noch öfter auf Unverständnis. Erst mit der Pandemie und vor allem danach ist das Thema in das gesellschaftliche und fachliche Sichtfeld gerückt. Jetzt werden die Erfahrungen und Materialien aus dem Projekt verstärkt nachgefragt.
TeilSein hat 2024 den Innovationspreis des DRK gewonnen. Hier finden Sie die Projektvorstellung und das Video der Verleihung DRK-Innovationspreis - DRK Wohlfahrt
Anke Thomsen betont:
Einsamkeitsprävention bedeutet nicht nur individuelle Unterstützung, sondern auch einen Beitrag zur Demokratieförderung.
Es geht darum, ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
Ich glaube, dass wir die Folgen auch heute noch spüren …
… mahnt Anke Thomsen in Bezug auf die Pandemie-Auswirkungen. Es ist an der Zeit, Einsamkeit bei Kindern und Jugendlichen als das anzuerkennen, was es ist: ein ernsthaftes gesellschaftliches Problem, das unsere volle Aufmerksamkeit und unser Handeln erfordert.