Normalerweise spürt man den Pulsschlag der Zivilgesellschaft beim Digital Social Summit auf dem Pausenhof der Kalkscheune. Doch 2020 ist alles anders: In meinem Home Office bin ich ganz allein. Hinter mir hängt ein grüner Vorhang, vor mir stehen diverse Bildschirme, Mikrofone und Kameras. Am ersten Tag moderiere ich aus meinem ›Heimstudio‹ ein Panel zum »digitalen Freiwilligenmanagement«, am zweiten Tag zwei weitere Sessions zu »digitaler Starthilfe« und der (digitalen) Zusammenarbeit von »Koch und Kellner« auf kommunaler Ebene.
Mit den Inputgeberinnen und -gebern bin ich jeweils in Zoom-Konferenzen zusammengeschaltet. Das Publikum sitzt ›draußen‹ vor dem Stream. Was uns live verbindet: Ein Chat auf der Konferenz-Seite, den ich mir, um technische Probleme zu vermeiden, über einen extra Monitor anzeigen lasse. Zusätzlich läuft auf dem Smartphone Twitter (#DSS2020) und auf dem Laptop der Slack-Kanal zum Event als digitale Alternativen zum Pausenhof. Der Pulsschlag ist spürbar und ich fühle mich so gar nicht allein.
Mit mir und zirka 1.300 anderen Teilnehmenden war auch meine Kollegin Jennifer Geiser mit einem Panel zu gemeinwohlorientierter Digitalisierung dabei.
Jenny, wie ging es dir beim virtuellen Digital Social Summit?
Ich war vorab etwas unsicher, wie so eine virtuelle Konferenz abläuft, ob es etwa möglich sein würde, sich ebenso gut mit Leuten aus der digitalen Zivilgesellschaft zu vernetzen wie im ›realen Leben‹. Doch dann wurde ich sehr positiv überrascht: Ich fand den Digital Social Summit 2020 wirklich sehr gelungen – sei es die Stimmung durch die vier gleichzeitig stattfindenden Streams und die nebenbei laufenden Chats oder seien es die Vernetzungsmöglichkeiten über Slack und die Social Wall auf Padlet, wo sich alle Teilnehmenden der Konferenz einander vorstellen konnten.
An dieser Stelle will ich den Organisatorinnen und Organisatoren ein großes Lob aussprechen – für die tolle Organisation und die hilfreiche Unterstützung im Hintergrund! Eine eigene Session zu moderieren, so ganz ohne das Publikum zu sehen, war dann doch ganz schön aufregend – aber eine tolle Erfahrung. Und Interaktion ist ja zum Glück trotzdem möglich gewesen.
Hannes, wie hast du den Digital Social Summit dieses Jahr denn im Vergleich zum letzten Jahr wahrgenommen? Du warst ja dieses Mal ganz anders eingebunden.
In der Tat! In den letzten Jahren bin ich immer so von Session zu Session, Plenum zu Plenum, Workshop zu Workshop flaniert und hatte viele schöne Begegnungen auf dem Pausenhof. Das war diesmal etwas anders: Für virtuelle Formate braucht es mehr Man- und Womanpower als beim physischen Zusammenkommen. Das war für mich die Chance, hinter die Kulissen zu schauen und mehr darüber zu lernen, wie sich virtuelle Veranstaltungen dieser Größenordnung organisieren lassen.
Außerdem – und das war mir wichtig – wollte ich dafür sorgen, dass das DRK in den Diskussionen um die Digitalisierung der Zivilgesellschaft sichtbar ist. Auf meinem ›virtuellen Hintergrund‹ (dem grünen Vorhang) prangte deshalb immer ganz präsent auch das DRK-Logo.
Und noch mehr: Bei virtuellen Formaten lerne ich persönlich mehr, wenn ich mich aktiv einbringe. Wie heißt es so schön:
Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es können.
Wie du siehst, habe ich diesmal etwas mehr im ›Backend‹ gelernt. Meine ›Key Take Aways‹ – (1) reduziere den Input, (2) Interaktion klappt auch remote und (3) ›keep it smart and simple‹ (KISS) – unterscheiden sich also vielleicht von deinen, oder nicht?
Da ich auch als Sessiongeberin an der virtuellen Konferenz beteiligt war, kann ich deine Erkenntnisse durchaus nachempfinden: Die Botschaften müssen so klar sein, dass sie auch ohne große Rückfragen ankommen. Und mit kreativen Interaktionsformaten – etwa mit Hilfe von Umfrage-Tools – lässt sich ganz schön was aus den Zuschauenden rausholen.
Aus der Perspektive der Teilnehmerin fand ich es interessant, wie neue Formen der Interaktion aufgetreten sind – etwa das direkte Antworten auf Fragen aus dem Publikum durch das Publikum. Oder eine spontan entstandene Umfrage auf Slack dazu, welchem Märchen die Entwicklung der eigenen Organisation am meisten entspricht. Solche spontan entstehenden Verbindungen waren sehr erfrischend. Auch die Berichterstattung im Live-Blog fand ich eine super Idee – so konnte ich immer auch sehen, was in den parallel laufenden Streams abläuft. Ich habe es außerdem als einfacher empfunden, als introvertierte Person Impulse in den Diskurs zu geben – weil sich nicht direkt alle Augen auf dich richten, wenn du die Wohlfahrtsverbände als wichtigen Akteur der digitalen Zivilgesellschaft in die Debatte bringst. Stattdessen fanden sich auch dort spontane Verknüpfungen mit Leuten, die das genauso sehen – und mit denen ich auch im Nachgang der Konferenz in den Austausch treten werde.
Im Großen und Ganzen war der Digital Social Summit 2020 also eine wirklich gelungene Veranstaltung und ich bin gespannt, ob sich im nächsten Jahr eine hybride Form der Konferenz umsetzen lässt – sowohl digital als auch ›face to face‹.