
Ich beginne das Interview mit der Frage: „Christiane, was bedeutet dir diese Aufgabe persönlich?“
Sie lächelt hörbar:
„Weißt du, Sabine, ich habe mich wirklich sehr wertgeschätzt gefühlt, als ich angefragt wurde. Dass ich die Freie Wohlfahrtspflege auf Bundesebene vertreten darf – das ist eine Ehre. Und es bedeutet mir viel, meine Expertise einbringen zu können.“
Dann wird ihre Stimme nachdenklicher:
„In der öffentlichen Wahrnehmung geht die eigentliche Qualität der Kindertagesbetreuung gerade oft unter. Es geht häufig um den Fachkräftemangel, die damit verbundenen verringerten Betreuungsangebote und überforderte Fachkräfte. Ja, das gibt es auch, aber kaum jemand spricht darüber, welche großartige pädagogische Arbeit geleistet wird. Und genau das macht der Kita-Preis sichtbar.“
Als ich nach dem Auswahlprozess frage, erzählt Christiane ohne Zögern weiter:
„Der Prozess ist hochprofessionell und wirklich auf Augenhöhe. Und er ist sehr zeitintensiv – aber im besten Sinne. Alle Beteiligten nehmen sich die Zeit, um die Arbeit der Kitas aus allen Blickwinkeln zu betrachten. Das allein ist schon eine enorme Wertschätzung.“
Auch die Zusammensetzung der Jury hebt sie hervor:
„Da sitzen Menschen aus Praxis, Wissenschaft, Gewerkschaften, Elternvertretung, Medien und dem Bundesfamilienministerium zusammen – das macht die Diskussionen unglaublich bereichernd.“
„Wie viele Bewerbungen waren es eigentlich in diesem Jahr?“, frage ich.
Christiane antwortet:
„Dieses Jahr waren es 587 Bewerbungen für zwei Kategorien: 521 Kitas und 66 lokale Bündnisse. Das ist beeindruckend.“
Dann beschreibt sie strukturiert den Auswahlweg:
„Zunächst prüfen Fachleute u.a. der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) die Unterlagen. Pro Kategorie kommen 15 weiter. Diese erhalten dann erweiterte Bewerbungsunterlagen und erstellen anhand eines Leitfadens für eine Selbsteinschätzung eine genaue Beschreibung ihrer Arbeit als lernende Organisation.“
„Von diesen 30 werden anschließend jeweils acht Finalistinnen und Finalisten ausgewählt. Und dann wird es richtig spannend: die vor Ort stattfindenden Interviews mit Kindern, Leitungen, Fachkräften und Eltern.“

Besonders bewegt sie ein Moment, von dem sie mit Wärme in der Stimme erzählt:
„Was mich besonders beeindruckt, Sabine, ist, dass wirklich alle zu Wort kommen – und dass man bewusst mit den Kindern anfängt. Die Kinder erzählen, was ihnen wichtig ist und was sie brauchen. Das zeigt, wie ernst ihre Stimme und somit ihre Rechte genommen werden.“
Und weiter:
„Und danach werden genauso die Leitungen, die Fachkräfte und die Eltern befragt. Alle Finalisten erhalten zudem eine Rückmeldung zu ihren Qualitätsprozessen.“
„Und wie lief die Bewertung ab?“, frage ich.
Christiane fasst zusammen:
„Nach intensivem Lesen der 16 Berichte hat jedes Jurymitglied nach vier Qualitätsdimensionen beurteilt: Kindorientierung, Partizipation, Sozialraumorientierung und Lernen im Prozess der Organisation. Die Ergebnisse wurden von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) zusammengefasst und bewertet und nach intensiven Diskussionen aller Beteiligten – fachlich, manchmal auch kontrovers, aber immer respektvoll der Arbeit der Praxis vor Ort gegenüber – nochmal bewertet.“
Ich möchte wissen, was bei ihr besonders nachhallt.
„Ein lokales Bündnis hat mich wirklich überrascht. Ich wusste erst nichts so recht mit der Kategorie anzufangen, fand es dann aber beeindruckend, wie die Bündnisse sich gemeinsam für das Aufwachsen von Kindern und die frühkindliche Bildung einsetzen. Besonders hängen geblieben ist bei mir ein Bündnis, wo sich Ausbildung an der Fachschule und Kitas zusammengetan haben – sie hospitieren gegenseitig, lernen voneinander und diskutieren offen über unterschiedliche Standpunkte. Das war so eine echte Offenheit für gemeinsames Lernen.“
Dann ein weiteres Beispiel:
„Eine Kita hat mich tief beeindruckt, weil Inklusion dort so spürbar war. Reggio-inspiriert, tiergestützt – aber vor allem ein Team, das unglaublich gut zusammenarbeitet. Die Stärken der Mitarbeitenden wurden ernst genommen, Probleme gemeinsam gelöst. Es kam richtig rüber, dass die Schwere von Herausforderungen hier im Team mit Leichtigkeit und Lösungsorientierung angegangen wird.“
Ich frage sie, was sie DRK-Kitas rät, die schwanken.
Christiane lacht:
„Los! Wirklich – macht es! Es gibt so viele tolle DRK-Kitas, die echte Chancen hätten. Und ja, ein bisschen Zeit braucht es. Aber wenn man sowieso gute Arbeit macht – und das tun so viele DRK-Teams – dann beschreibt man im Grunde nur das, was man ohnehin lebt.“
Dann wird sie deutlich:
„Wichtig ist aber, dass der Träger dahintersteht. Er muss seinen Kitas den Rücken freihalten, Zeitressourcen ermöglichen und sie unterstützen – auch öffentlichkeitswirksam, damit sie weiterkommen. Das macht einen riesigen Unterschied.“
Und schließlich:
„Je weiter man kommt, desto mehr profitiert man. Die Rückmeldungen, das Feedback – das ist Gold wert. Außenstehende sehen manchmal Dinge, die man im Alltag gar nicht mehr wahrnimmt.“
Auch das Profil der DRK-Kitas hebt sie hervor:
„Wir im DRK haben ein starkes Profil – klare Grundsätze und Werte, ein Verständnis von Inklusion, Partizipation, Vielfalt und Qualität, dass wir täglich leben.“
Zum Schluss sprechen wir über die öffentliche Wirkung, die der Preis hat.
Christiane formuliert es eindrücklich:
„Der Preis hilft auch öffentlich, mit veralteten Kita-Klischees aufzuräumen. Kita ist kein Bastelraum und keine ‚Betreuungseinrichtung‘. Kita öffnet Kindern eine Welt. Sie begleitet Familien, sie stärkt Eltern – und sie macht Kinder zu kleinen Demokratinnen und Demokraten, die selbstständig und selbstbewusst werden.“
Die Preisträgerinnen und Preisträger stehen fest – und sie zeigen eindrucksvoll, welche Qualität und Vielfalt in der frühkindlichen Bildung steckt.
Hier finden Sie die ausgezeichneten Kitas und lokalen Bündnisse:
Preisträger 2025 | Deutscher Kita-Preis
Nach dem Deutschen Kita-Preis 2025 ist vor dem Deutschen Kita-Preis 2026. Anfang 2026 startet wieder die Bewerbungsphase. Bewerben Sie sich schon bald mit Ihrem Kita-Team oder Lokalen Bündnis.