Doch was ist eigentlich konkret für den Bereich der Langzeit-Pflege geregelt?
Der vorgesehene Ausgleich der COVID-19 bedingten finanziellen Belastungen kann grob in zwei Sachverhalte unterteilt werden. Zu einen geht es um die Erstattung von Mehraufwendungen zum anderen um die Kompensation von Mindereinnahmen.
Hinsichtlich der Details, der Antragsmodalitäten und Nachweise hat die Selbstverwaltung unter Beteiligung des BMG Kostenerstattungs-Festlegungen nach § 150 Absatz 3 SGB XI erarbeitet, die der GKV-Spitzenverband kürzlich veröffentlicht hat. Bei der Aushandlung dieser Festlegungen haben wir uns – ausgerüstet mit den wertvollen Anregungen, konstruktiven Vorschlägen und Hinweisen aus unserem Verband – für einen möglichst umfassenden Ausgleich sowie eine unkomplizierte bürokratiearme Antragsgestaltung stark gemacht. Wer die Prozesse und das Verhandlungsgeschehen mit den Kostenträgern im Pflegebereich kennt, wird genau abschätzen können, dass dies kein leichtes Unterfangen war. Ein bisschen Normalität bleibt also auch in Krisenzeiten erhalten.
Das Wichtigste hier in Kürze.
Für wen gilt das Gesetz?
Die Erstattungsansprüche bestehen für alle nach § 72 SGB XI zugelassenen ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen, einschließlich der Betreuungsdienste nach § 71 Absatz 1a SGB XI. und erstrecken sich demnach auch auf Leistungsbestandteile wie die Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a SGB XI, Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI, Individuelle Schulungen in der Häuslichkeit nach § 45 SGB XI, die zusätzlichen Betreuungskräfte nach § 43b SGB XI sowie Unterkunft und Verpflegung.
Was wird ab wann wie berücksichtigt?
Berücksichtigt werden coronabedingte Mehraufwendungen bzw. Mindereinnahmen im Zeitraum zwischen März und September 2020. Dabei ist nur maßgeblich, ab wann der Tatbestand (z.B. Schließung) eingetreten ist und nicht, ab wann eine behördliche Verfügung diesbezüglich erfolgt ist. Bezugsgröße sind jeweils die Forderungen der Einrichtung des Monats Januar 2020. Für nach Januar 2020 zugelassene Einrichtungen können gesonderte Regelungen getroffen werden.
Sinn und Zweck des KH-EntlastungsG ist, dass möglichst schnell und in einem unkomplizierten Verfahren finanzielle Hilfe gewährt werden kann. Dabei ist es bei der Leistungsgewährung zunächst unerheblich, ob andere vorrangige Leistungen wie Kurzarbeitergeld oder Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz beantragt wurde. Dies wird erst in einem nachgelagerten Verfahren entsprechend abgerechnet. Wichtig ist jedoch, dass die Inanspruchnahme anderweitiger Finanzierungsmittel bei der zuständigen Pflegekasse unverzüglich angezeigt wird.
Welche Mehrkosten sind erstattungsfähig?
Die Aufzählung der erstattungsfähigen Aufwendungen/Mindereinnahmen ist nicht abschließend. Die Erstattungsfähigkeit ist neben Pflege- und Betreuungskräften bei „sonstigem Personal“ ebenfalls gesichert. Auch ist die Inanspruchnahme von Fremddienstleistungen (z. B. Fahrdienste für die Tagespflege) explizit aufgenommen worden.Zudem werden „coronabedingte“ Sachmittelkosten übernommen. Hierzu zählen natürlich insbesondere Kosten, die mit dem Infektionsschutz zusammenhängen. Das dürfte vor allem Mehrbedarf an Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln betreffen.
Wie verhält es sich mit den Mindereinnahmen?
Dem Umstand, dass stationäre Einrichtungen aus Gründen des Infektionsschutzes keine neuen Pflegebedürftigen mehr aufnehmen und dadurch Mindereinnahmen entstehen, wird Rechnung getragen. Gleiches gilt natürlich für behördlich verfügten Aufnahmestopp. Neben Kosten für Pflege, Wohnen und Verpflegung erstreckt sich dies auch auf Ausbildungskosten. Bedauerlicherweise können jedoch die entgangenen Investitionskosten nicht im Rahmen des KH-EntlastungsG geltend gemacht werden. Weder der Gesetzgeber noch die Kassen sehen sich hier in der Pflicht. Hier wird eine entsprechende Verpflichtung zur Kompensation bei den Ländern gesehen.
Wann wird die Erstattung ausgezahlt?
Die Erstattung erfolgt grundsätzlich 14 Tage nach Beantragung. Ein weitergehender Anspruch bezogen auf die Monate März bis September 2020 kann bis zum Ende des Jahres 2020 nachgemeldet werden.
Welche Regelungen sind noch für den Pflegebereich relevant?
Wie schon erwähnt, werden durch das Gesetz auch Regelungen getroffen, die eine Versorgung weiter sicherstellen und durch bestimmte Ausnahmen in der Zeit der Krise Erleichterungen ermöglichen. So werden durch das befristete Aussetzen von Qualitätsprüfungen, Änderungen bei der Durchführung von Begutachtungen die Einrichtungen der ambulanten und stationären Pflege entlastet. Zudem wird in der Zeit der Krise auf die sonst obligatorischen Beratungsbesuche bei Pflegebedürftigen verzichtet.
Es wird zudem geregelt, dass insbesondere von den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben und Rahmenbedingungen zur Personalausstattung abgewichen werden kann. Dies betrifft sowohl die qualitativen aber auch die quantitativen Aspekte. Auch hier ist wichtig, entsprechende Abweichungen bei der Pflegekasse zu melden.
Wie geht es weiter?
Im Generalsekretariat werden wir die Prozesse eng begleiten und zudem die Frage nach bislang nicht gedeckten Mehrkosten oder Mindereinnahmen (Stichwort Investitionskosten) weiterhin vehement verfolgen. Durch einen regelmäßigen Austausch mit dem BMG haben wir die Gelegenheit, Probleme, die in der Praxis bestehen, sofort zu transportieren. Nutzen Sie das und kommen Sie auf uns zu. Wir wünschen Ihnen in dieser Zeit viel Kraft, Zuversicht und last but not least Gesundheit.