Personen vor Mikrophonen
Julia Liedtke im Interview zu Inklusion durch Sprache

Inklusion ist die "universale Brille" für unseren pädagogischen Alltag

Inklusion bezieht sich nicht nur auf eine bestimmte Gruppe von Menschen, zum Beispiel auf Kinder, die von Beeinträchtigungen bzw. Behinderungen betroffen oder bedroht sind. Inklusion sollte sich auf alle Menschen beziehen. In diesem Gastbeitrag erklärt Fachberaterin Julia Liedtke mit praktischen Beispielen, wie wir in unserer Arbeit den Fokus auf Kinder, Jugendliche, Sorgeberechtigte, Mitarbeitende, Kooperationspartner und je nach Praxisfeld weitere Personengruppen legen können.

Wie verstehen wir Inklusion?

Bei Inklusion - wie wir sie verstehen-, geht es nicht darum, Menschen und deren Lebensweisen an unsere vorhandenen Strukturen anzupassen, sondern sich die Frage zu stellen"Wie können wir die Strukturen und unseren Alltag anpassen, damit wir hier alle gut miteinander sein können?"

Dies muss mit gegenseitiger Wertschätzung und Anerkennung einer jeden Person geschehen. Und alle sollen dazu befähigt werden, sich an der Gestaltung dieser Strukturen beteiligen zu können. Wir müssen Teilhabe für alle kritisch prüfen und vorhandene Barrieren erkennen und abbauen. Und zwar, als prozesshaften Teil des Alltages, immer wieder auf Neue, da sich die Zusammensetzung der Menschen mit denen und die Umstände, unter denen wir täglich arbeiten, regelmäßig ändern.

Inklusion, Kita

Wie kann dies praktisch aussehen?

Es gibt viele Fragestellungen und praktische Übungen, die dem Team helfen können, sich dem Thema zu nähern.

  • Zum Beispiel in dem man einen „inklusiven Spaziergang“ durch die Einrichtung macht. Finde ich mich selbst in den Bilderbüchern, Spiel- und Bastelmaterialien wieder? Können alle Angebote wirklich von allen genutzt werden?
  • Auch Sprache ist ein wesentlicher Schlüssel damit die inklusive Pädagogik im Alltag gelebt werden kann. Sprache kann einerseits verbinden – aber auch messescharf trennen. Wir wollen eine gemeinsame Sprache finden. Für uns in der DRK Kinder- und Jugendhilfe (DRK-KiJu) in Hamburg, hat dies unter anderem dazu geführt, dass wir angefangen haben, unsere PowerPoint-Präsentationen und Handouts von Fortbildungen für unsere Mitarbeitenden in Anlehnung an die leichte Sprache zu überarbeiten. Es ist niemandem damit geholfen, dass wir mit Fachbegrifflichkeiten und Fremdwörtern um uns schmeißen. Viel wichtiger ist, dass die Haltung dahinter ankommt und Einzug in die Praxis findet und somit auch der Diversität in unseren Teams Rechnung trägt. Des Weiteren bieten wir seit zwei Jahren einmal jährlich eine Fortbildung für unsere Mitarbeitenden in der Gewaltfreien Kommunikation mit Kindern an, um den wertschätzenden Umgang miteinander zu fördern.
  • In unseren Kinderageseinrichtungen versuchen wir außerdem mehr auf Visualisierung, d.h. auf Piktogramme, Fotos und Bilder zu setzen. Dies gilt in Hauptsache für die Raumschilder sowie die Essenspläne und Gruppenregeln. Dadurch entstehen auch nebenbei schöne Gesprächsanlässe mit den Sorgeberechtigten in den Bring- und Abholsituationen, wenn die Kinder ihren Eltern die Bilder erklären.
  • Seit 2019 bieten wir außedem im Rahmen des schulischen Ganztages, in der Nachmittagsbetreuung den Kurs „Erst Wut - dann gut!“ an. Hier können die Kinder in einem geschützten Rahmen lernen und ausprobieren, eine Sprache für ihre Emotionen, Gefühle und Bedürfnisse zu finden. Und mindestens genauso wichtig, die dann auch an andere Kinder und Erwachsene formulieren und vertreten zu können.

Neugierig geworden?

Dies waren nur einige Beispiele aus unserer Praxis und der DRK-Handreichung “Inklusion in DRK-Kindertageseinrichtungen". Wer noch mehr Anregungen bekommen möchte, welche Rolle Sprache für gelebte Inklusion in DRK-Kindertageseinrichtungen spielt, kann sich mein Interview “Mit Sprache Brücken bauen” aus unserer Podcast-Reihe „Mit Profil! – Die DRK-Kitas“ anhören.

Julia Liedtke, Fachberaterin bei der DRK-Kinder- und Jugendhilfe in Hamburg, Liedtke(at)drk-kiju(dot)de