Kind geht mit Teddy durch Herbstlaub
Kinderschutz Foto: Pixabay

Besserer Schutz von Kindern und Jugendlichen

Durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz sind die Regelungen für einen wirksamen Kinderschutz überarbeitet worden und unmittelbar in Kraft getreten. In unserer Reihe zur Umsetzung des Gesetzes haben wir im Workshop „Besserer Kinder- und Jugendschutz – Umsetzung des KJSG“ am 23. November 2021 die Neuregelungen vorgestellt. Einige Kernaussagen aus der Veranstaltung haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst.

Unser Dank gilt Hans Leitner, den Leiter der Fachstelle Kinder- und Jugendschutz Brandenburg, der die umfänglichen Regelungen im in seinem Fachvortrag kompakt und praxisnah zusammengefasst hat. Die dazugehörige Präsentation finden Sie hier.

Schutz vor Gewalt in unseren Einrichtungen und Angeboten sicherstellen

Das Recht eines Kindes auf Schutz vor Gewalt ist in Artikel 19 der UN-Kinderrechtskonvention verbrieft. Alle Vertragsstaaten haben sich dazu verpflichtet, geeignete Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmaßnahmen zu treffen, um das Kind vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung zu schützen. Im Kinder- und Jugendhilfegesetz findet dieser Schutzgedanke seit jeher seine Umsetzung und wurde nun nochmals geschärft.

Einrichtungen, die Kinder betreuen, legen zur Sicherung der Rechte und des Wohls von Kindern und Jugendlichen ein Konzept zum Gewaltschutz vor, bieten geeignete Verfahren der Selbstvertretung an und schaffen interne und externe Möglichkeiten zur Beschwerde. Diese Vorgaben sind Voraussetzung, um eine Betriebserlaubnis zu erhalten. Neu geregelt wurden folgende Formulierungen:

das Kindeswohl: war bisher nur von den Rechten des Kindes die Rede ist nun der bereits im Bürgerlichen Gesetzbuch verankerte unbestimmte Rechtsbegriff des Kindeswohls hinzugefügt worden. Für diesen Begriff gibt es keine eindeutige Definition, er orientiert sich an den Grundrechten und Grundbedürfnissen von Kindern. Eine Annäherung ergibt sich eher, wenn von einer Kindeswohlgefährdung ausgegangen wird. Diese wird angenommen, wenn das geistige, körperliche oder seelische Wohl des Kindes nicht gewährleistet werden kann oder gar gefährdet ist. Einrichtungen müssen alles dafür tun, dem präventiv vorzubeugen.

die explizite Erwähnung von Gewaltschutzkonzepten: Institutioneller Kinderschutz respektive Gewaltschutz bedeutet, sich gemeinsam im Team zu überlegen, was in der Einrichtung getan werden kann, damit es nicht zu einer Kindeswohlgefährdung kommen kann. Ebenso darüber, wie mit Grenzüberschreitungen der Erwachsenen gegenüber Kindern oder der Gewalt von Kindern und Jugendlichen untereinander umgegangen werden soll. Für die Kinderschutzkategorie Sexualisierte Gewalt hat das DRK auf Bundesebene bereits verbindliche Standards und dazugehörige Arbeitshilfen entwickelt. Das DRK hat bereits Leitlinien im Rahmenkonzept der DRK-Kindertageseinrichtungen zur konzeptionellen Verankerung von Kinderschutz erstellt sowie ein umfangreiches Curriculum „Was MACHT was?!“ entwickelt, das sich mit dem Thema Macht in Beziehungen von Erwachsenen gegenüber Kindern auseinandersetzt.  Diese Materialien werden im DRK kontinuierlich weiterentwickelt und in 2022 auch auf die aktuelle Gesetzeslage hin angepasst.

die externen Beschwerdemöglichkeiten: sich beschweren ist eine wichtige Kompetenz, die Kinder in ihrer Entwicklung lernen. Kinder nehmen die Vorgaben von erwachsenen Bezugspersonen als gegeben und unveränderbar hin. Kinder sind aber Expertinnen und Experten in eigener Sache und können viel zur Verbesserung ihrer Lebenswelt beitragen. Beschwerden, Wünsche, Rückmeldungen und Feedback von Kindern sind deshalb erwünscht in partizipativen Organisationskulturen. Interne Beschwerdeverfahren zu entwickeln, gehört bereits zum Standard in der Kinder- und Jugendhilfe. Externe Beschwerdemöglichkeiten sollen sicherstellen, dass Beschwerden nicht aufgrund von Abhängigkeitsverhältnissen innerhalb der Einrichtung oder des Trägers „untergehen“. Deshalb ist im KJSG nun verankert, dass eine Beschwerdemöglichkeit außerhalb des eigenen Trägers für die Kinder und Jugendlichen entwicklungsgerecht zugänglich gemacht wird. Das kann eine Stelle bei der Kommune oder bei einem anderen Träger sein, mit dem man eine Kooperationsvereinbarung trifft.

Spezifische Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen beachten

Mit dem KJSG wurde der Leitgedanke der Inklusion in allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe verankert. Auch im Kinderschutz wird das zukünftig eine größere Rolle spielen. In den oben genannten Konzepten, Maßnahmen und Verfahren sind die speziellen Abhängigkeitsverhältnisse und Schutzbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen besonders Rechnung zu tragen. Hierfür ist zukünftig auf allen Ebenen eine engere Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Behindertenhilfe unabdingbar. Neben Augenhöhe und Verständigung auf eine gemeinsame Sprache wird es zahlreicher Qualifikationsangebote bedürfen, um dem gesetzlich verankerten Anspruch gerecht werden zu können.

Mehr Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

Beteiligung zu ermöglichen ist ein wesentlicher präventiver Aspekt im Kinderschutz. Im KJSG wurden hierfür an vielen Stellen die Rechte der Kinder und Jugendlichen, aber auch der Familien genau dafür gestärkt.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit hier die dafür geänderten Paragrafen: §4 SGB VIII –Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und Eltern; §9a SGB VIII Verpflichtung des überörtlichen Trägers einer Ombudsstelle;  §45 SGB VIII Verpflichtung zu externer Beschwerdemöglichkeit Stärkung in der Beratung, Hilfeplanung und bei der Inobhutnahme; §8 SGB VIII Beratungsanspruch junger Menschen auch ohne die Kenntnis der Personensorgeberechtigten; §9a SGB VIII Ombudsstellen; §36 SGB VIII  stärkere Beteiligung in der Hilfeplanung, Beratung und Aufklärung; §36 SGB VIII  bessere Beteiligung  der nicht Sorgeberechtigten; §42 SGB VIII bessere Aufklärung von Kindern und Jugendliche bei der Inohutnahme.

Mehr Zusammenarbeit mit…

Kinderschutz ist keine alleinige Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe. Kinder mit körperlichen und seelischen Wunden tauchen überall auf, in Arztpraxen, mit ihren Familien in sozialen Beratungsstellen oder in der Justiz. Um Kinder effektiv zu schützen, wurde mit dem KJSG auch die Zusammenarbeit mit diesen externen Stellen gestärkt.

Werden Berufsgeheimnisträgerinnen und -träger (entsprechend § 4 KKG – Gesetz zu Kooperation und Information im Kinderschutz) gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung bekannt und wird es dadurch nicht mehr gefährdet, sind sie verpflichtet, das mit den Erziehungsberechtigten zu erörtern und auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinzuwirken. In akuten Fällen sind Berufsgeheimnisträgerinnen und -träger verpflichtet, die Kindeswohlgefährdung dem Jugendamt anzuzeigen, weil in dem Fall das Rechtsgut des Kindeswohls höherwertiger ist, als der Datenschutz. Während der Prozess damit bisher meist mit dem Verweis auf den Datenschutz endete, wurde im KJSG nun geregelt, dass die Personen nun in geeigneter Weise an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen sind.

Neu geregelt ist nun auch die Beteiligung der Berufsgeheimnisträgerinnen und -träger an der Einschätzung des Jugendamtes zum Kindeswohl und Informationen zum Hilfeplan in Verfahren der Familiengerichte. Die im  Koalitionsvertrag versprochenen Fortbildungen für Richterinnen und Richter in Familiengerichten sind eine aus Sicht des DRK sinnvolle und dringend überfällige Maßnahme.

 

Bereits am 29.September fand im Rahmen dieser Reihe ein Workshop zum Leitgedanken der Inklusion statt. Die Zusammenfassung finden Sie hier. Weitere Workshops werden 2022 stattfinden und werden auf der Veranstaltungsseite sowie über den Newsletter Kinder-, Jugend- und Familienhilfe veröffentlicht.