Zwischenbilanz
Der Bericht macht deutlich, dass bereits einige Verbesserungen in der Pflege erreicht wurden und darüber hinaus viele wertvolle Impulse zur Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen gesetzt werden konnten (Die Bundesregierung, 2020).
Gleichzeitig, und die Corona-Krise zeigt dies in aller Härte, heißt das jedoch nicht "weiter so". Vielmehr ist klar: Für eine barrierefreie und bedarfsgerechte medizinisch-pflegerische Versorgung gilt es noch viele Steine aus dem Weg zu räumen.
Gute Zusammenarbeit
Das Deutsche Rote Kreuz ist als Partner der Konzertierten Aktion Pflege aktiv an der Umsetzung der daraus resultierenden Maßnahmen beteiligt, wie die vielen Best-Practice-Beispiele unserer Mitgliedsorganisationen belegen (vgl. "Gute Praxis im DRK").
Ich persönlich vertrete das DRK seit April diesen Jahres in der Ausbildungsoffensive Pflege. In diesem Gremium schätze ich besonders die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit der Partnerverbände und -institutionen, wodurch schon so manche Herausforderung bewältigt wurde, oder zumindest ein gemeinsames Problembewusstsein geschaffen werden konnte.
Dies betrifft insbesondere die Sicherstellung der Praxisanleitung durch eine (befristete) Flexibilisierung der gesetzlich vorgesehenen, berufspädagogischen Zusatzqualifikation, wie auch die Fortführung der theoretischen Ausbildung während der Corona-Pandemie mittels digitaler Unterrichtsgestaltung. Überdies konnte eine tragfähige Lösung gefunden werden, um den psychiatrischen Krankenhäusern auch weiterhin die Ausbildungsträgerschaft zu erlauben.
Als weiterer Erfolg kann eine Steigerung der Ausbildungszahlen in den Pflegeberufen verbucht werden. Dem Zwischenbericht zufolge zeigen die Daten für das Schuljahr 2019/2020 eine Steigerung um 5,9%. Dies entspricht zwar noch nicht den angestrebten, magischen 10% (Engelhard, 2020); aber was nicht ist, kann schließlich noch werden. Manchmal ist das Glas eben halb voll und nicht halb leer.
In absoluten Zahlen belegen die Pflegeberufe mit 25.008 (nach dem KrPflG) bzw. 24.900 (nach dem AltPflG) sogar die ersten beiden Plätze unter den staatlich geregelten Ausbildungsberufen - vor Bürokauffrau/-mann, Verkäufer:in und KFZ-Mechatroniker:in (Engelhard, 2020). Dies zeigt: die Pflegeberufe sind doch beliebter als ihr Ruf. Kumulativ liegen die Pflegeberufe mit Abstand vorne.
Gute Praxis im DRK (1)
Ein schönes Beispiel ist der "Ausbildungsverbund Westerwald", dem mittlerweile 40 Einrichtungen, von unterschiedlichen Trägern, mit den verschiedensten Fachgebieten, angehören. Hierzu zählen sowohl Einrichtungen und Dienste der Langzeitpflege, wie auch Krankenhäuser, die neben den allgemeinen Stationen der Erwachsenenpflege auch pädiatrische und psychiatrische Abteilungen beinhalten.
To do
Trotz dieser Bemühungen seitens der Akteure der Ausbildungsoffensive gibt es allerdings immer noch einige „Baustellen“, die uns Sorgen bereiten. Dazu zählen z.B. die unterschiedlich hohen - und in Teilen nicht deckungsgleichen Pauschalbudgets in den Bundesländern, deren Kalkulationsgrundlagen nicht immer die landesspezifischen, historisch gewachsenen Bildungs- und Ausbildungsstrukturen berücksichtigen.
Ebenso wird dringend ein Ausbau der pflegewissenschaftlichen bzw. pflegepädagogischen Studiengänge benötigt, um die Auflagen des Pflegeberufegesetz, hinsichtlich der Qualifizierung der Lehrenden auf Masterniveau, bis 2030 auch tatsächlich erfüllen zu können. Des Weiteren bleibt bis dato die Finanzierungsfrage zu den Miet- und Investitionskosten der Pflegeschulen, die nicht an ein Krankenhaus angegliedert sind, weitestgehend unbeantwortet, was im Besonderen die ehemaligen Altenpflegeschulen betrifft.
Und auch für die reibungslose Zertifizierung der Pflegeschulen nach der AZAV, mittels derer Umschüler:innen, im Rahmen der beruflichen Weiterbildung, gefördert werden könnten, gibt es noch etwas zu tun. Genauso, wie bei der Umsatzsteuerbefreiung derjenigen Leistungen, die im Zusammenhang mit der Ausbildungsdurchführung entstehen, z.B. auf der Grundlage von Kooperationen in Ausbildungsverbünden.
Zu guter Letzt gilt es die Durchlässigkeit des Qualifizierungssystems in der Pflege zu erhöhen und die Assistenz- und Helferausbildungen in den Ländern dahingehend zu harmonisieren, dass sie über eine bundesweite Anschlussfähigkeit zu der neuen Pflegeausbildung verfügen.
Gute Praxis im DRK (2)
Der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz führte das Projekt „FSJ Pflege – weil ich eine erfolgreiche Pflegeausbildung machen will“ durch. Neben den regulären pädagogischen Maßnahmen eines FSJ erhalten die Teilnehmenden eine zusätzliche Schulung für Hilfskräfte in der Grundpflege.
Verantwortung übernehmen
Dadurch, dass in den Arbeitsgruppen der Konzertierten Aktion Pflege nun alle relevanten Akteure an einem (derzeit virtuellen) Tisch sitzen, von den Fachverbänden, über die politischen Institutionen, bis hin zu uns Trägerverbänden, kann es allerdings auch keine Ausflüchte und gegenseitige Schuldzuweisungen mehr geben. Die meisten Probleme in der Pflege sind bekannt, und die Partner der KAP stehen nun vor der Aufgabe, diese Herausforderungen gemeinsam, im Interesse der Pflegebedürftigen und ihren Zugehörigen, aber auch der beruflich Pflegenden, zu bewältigen.
Das Deutsche Rote Kreuz ist bereit diese Verantwortung zu übernehmen, indem wir im Rahmen unserer Möglichkeiten zu guten Ausbildungsbedingungen in unseren Pflegeschulen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen beitragen, um die Attraktivität und Qualität, die die neue Pflegeausbildung potentiell bereithält, für einen Ausbau der Ausbildungskapazitäten zu nutzen. Denn nur so kann dem Fachkräftemangel in den Pflegeberufen wirkungsvoll und nachhaltig begegnet werden.
Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krise zeigt sich weiterhin, welch hohe Bedeutung einer gut ausgebildeten und vitalen Pflegeprofession für die medizinisch-pflegerische Versorgung zu kommt. Besonders deutlich wird dies am viel zitierten Beispiel der Intensivbetten: Diese sind zwar materiell vorhanden, aber könnten unter Umständen trotzdem nicht belegt werden, weil schlichtweg entsprechend qualifiziertes Pflegepersonal für diese hochkomplexen Patientengruppen fehlt.
Gute Praxis im DRK (3)
Gemeinsam mit dem BRK hat der DRK-Bundesverband einen Imagefilm zu den neuen Ausbildungen in der Pflege produziert, der allen Mitgliedsverbänden zugänglich gemacht wurde. Der Videoclip wurde in den Web- und Social Media Content von vielen DRK-Einrichtungen, Pflegeschulen und Schwesternschaften integriert und kann unter dem YouTube-Kanal des BRK abgerufen werden.
Gemeinsam umsetzen
Es sollte daher für alle in der Konzertierten Aktion Pflege organisierten Institutionen und Verbände das oberste Gebot sein, die gemeinsam vereinbarten Maßnahmen zielgerichtet und kooperativ umzusetzen, ohne dabei in alte Gewohnheiten oder Partialinteressen zu verfallen. Denn dafür steht einfach zu viel auf dem Spiel.
Gute Praxis im DRK (4)
Als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege führt das DRK-Generalsekretariat zusätzlich das Projekt "DRK-Care 4.0" durch. Gemeinsam mit Fach- und Führungskräften wird diskutiert, welchen Anforderungen digitale Technologien in der Pflege gerecht werden müssen und welche Voraussetzungen Einrichtungen für zukünftige Veränderungsprozesse benötigen.
Quellenangaben
Die Bundesregierung (Hrsg.). (2020). Konzertierte Aktion Pflege. Erster Bericht zum Stand der Umsetzung der Vereinbarungen der Arbeitsgruppen 1 bis 5. Online im Internet. [13.11.2020]
Engelhard, H.P. (Hrsg.). (2020). Ausbildungsoffensive Pflege. (2019 - 2023). Erster Bericht. Online im Internet. [13.11.2020]
Weiterführende Informationen
Bundesministerium für Gesundheit: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/konzertierte-aktion-pflege.html [13.11.2020]
Bundesministerium für Familien, Senioren Frauen und Jugend: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/konzertierte-aktion-pflege--erster-bericht-vorgelegt/162346 [13.11.2020]
Mach Karriere als Mensch! https://www.pflegeausbildung.net/ [13.11.2020]