Hans-Jörg Hodemacher

Who is Who der DRK-Schuldnerberatung: Hans-Jörg Hodemacher, DRK-KV Braunschweig-Salzgitter e.V.

Die Angebote der Schuldner- und Insolvenzberatung sind für Ratsuchende von großer Bedeutung und ermöglichen Vielen einen Neustart in ein (wieder) selbst bestimmtes Leben. Doch wer steckt eigentlich hinter dieser Arbeit - und was treibt sie an? Im Rahmen eines kleinen "Who is who" stellen wir Beratungsfachkräfte aus der DRK-Schuldnerberatung vor. Heute: Hans-Jörg Hodemacher aus dem DRK-Kreisverband Braunschweig-Salzgitter e.V.

Angaben zur Person:

Name: Hans-Jörg Hodemacher

Alter: 57 Jahre

Arbeitsstelle: Schuldnerberatungsstelle des DRK-Kreisverbands Braunschweig-Salzgitter e.V.

Funktion: Einrichtungsleitung

Beginn der Tätigkeit: 1996

Beruflicher Background: Sozialarbeiter, Diplom-Pädagoge, zertifizierter Schuldnerberater

Angaben zur Beratungsstelle:

Wie groß ist Ihre Einrichtung?

Derzeit arbeiten sechs Schuldnerberater:innen und eine Teamassistentin in der Beratungsstelle.

Wie ist Ihre Beratungsstelle aufgebaut?

Das Team besteht aus drei Teilteams. Ein Team berät Ratsuchende, die eine Eingliederungshilfe nach § 16a SGB II bewilligt bekommen haben. Das andere Team ist für die Abwicklung der Insolvenzverfahren zuständig. Ein weiteres Team ist für alle weiteren Anfragen zuständig.

Welchen fachlichen Hintergrund haben Ihre Kolleg:innen?

Alle Berater:innen haben einen pädagogischen Studienabschluss und eine Qualifikation als Schuldnerberater:in. Darüber hinaus gibt es verschiedene Zusatzausbildungen, u.a. Systemische Therapie, Onlineberatung, Mediation, Coaching, Klientzentrierer Beratung. Eine Beraterin ist zusätzlich ausgebildete Wirtschaftsjuristin.

Persönliche Motivation

Warum haben Sie sich bei der Berufswahl für die Schuldnerberatung entschieden?

Schon im Studium war ich im Projekt "Wirtschaftlicher Beratungsdienst" aktiv. Daran schloss sich ein Praktikum in der DRK-Beratungsstelle an und danach habe ich mein Anerkennungsjahr bei der Stadt Braunschweig im Bereich "Wohnhilfen" (Klient:innen mit Mietschulden) gemacht. Ich hatte also eigentlich gar keine andere Wahl :)

Was fasziniert Sie am Beruf des Schuldnerberaters?

Die Kombination aus rechtlichen Fragestellungen und der klassischen sozialen Arbeit.

Arbeiten beim DRK

Wie sind Sie zum Roten Kreuz gekommen und warum?

Ich habe zwei Studien-Praktika in unterschiedlichen DRK-Kreisverbänden absolviert, unter anderem auch in der Beratungsstelle, in der ich jetzt tätig bin.

Wie zeigen sich die DRK-Grundsätze - etwa Menschlichkeit - in Ihrer täglichen Arbeit?

Ich finde wichtig, dass wir der Würde des Menschen Achtung verschaffen. Dazu gehört für mich zwingend, dass wir die Umstände, die zu einer Ver- bzw. Überschuldung geführt haben, nicht (be-)werten und Klient:innen nicht zu Lösungen drängen. Wir helfen Ratsuchenden, autonom zu bleiben/ zu werden und gemeinsam mit ihnen individuell passende Lösungen zu entwickeln. Die Beratung bietet keine fertigen Lösungen, sondern regt den selbstverantwortlichen Entscheidungsprozess an.

Klientel

Wer kommt in Ihre Beratungsstelle?

Da wir durch unsere Kostenträger keinerlei Einschränkungen haben, ist die Klientel vielschichtig: Vom Azubi bis zum Akademiker, vom jungen Erwachsenen bis zum Rentner, Frauen und Männer.

Was sind die hauptsächlichen Gründe für Überschuldung?

Mir ist es wichtig, zwischen Ver- und Überschuldungsgründen zu unterscheiden. Auch in der Beratung starte ich mit der Analyse der Verschuldungsgründe, die sehr unterschiedlich, komplex und häufig auch geschlechtsspezifisch sind. Die Verschuldungsphase liegt in der Regel sehr viele Jahre zurück. Erst danach schaue ich gemeinsam mit den Klient:innen nach den Gründen für die Überschuldung. In der Regel sind dies dann Arbeitslosigkeit, Trennung/ Scheidung/ Tod des Partners und Krankheit/ Verrentung. Wir sprechen hier von kritischen Lebensereignissen.

Wie viele Gläubiger:innen haben Ihre Ratsuchende durchschnittlich?

Eine pauschale Angabe ist schwierig, aber der Großteil der Ratsuchenden hat zwischen fünf und 20 verschiedene Gläubiger:innen.

Um welche Summen geht es?

Auch hier ist eine allgemeine Angabe nur schwer möglich. Aber grob gemittelt kann man einen Schuldenstand von ca. 30.000 Euro angeben.

Berufseinblicke

Welchen Stellenwert nimmt Schuldnerberatung für überschuldete Personen ein?

Meines Erachtens ist dies sehr unterschiedlich und einzelfallabhängig: von "eine Dienstleistung in Anspruch nehmen" (i.d.R. Ratsuchende, die sich mit Ihrer Verschuldungssituation nicht auseinandersetzen möchten und nur ein Insolvenzverfahren anstreben) bis zur umfassenden "Lebensberatung". In letzterem Fall ist der/ die Beratende eine wichtige Begleitperson in einer schwierigen Lebensphase.

Wie sieht der Arbeitsalltag in der Schuldnerberatung aus?

Einen klassischen "Arbeitsalltag" gibt es in der Beratung kaum. Der Tag ist vielmehr geprägt von unterschiedlichen Beratungsformen und Informationsangeboten. Hierunter fallen etwa: Kurz- und Klärungsgespräche, "normale" Beratungen in einem längeren Beratungsprozess, Telefon- und Videoberatungen, Insolvenzinformationsformate und die Abwicklung des Verfahrens, das Ausstellen von P-Konto-Bescheinigungen sowie Gruppenveranstaltungen und Außensprechzeiten.

Wie erreichen Sie Menschen, die mit Schuldenproblemen zu Ihnen kommen?

Wir lassen Ratsuchende erst einmal reden und bewerten ihr Problem sowie ihre Geschichte nicht. Ratsuchende müssen das Gefühl haben, dass sie mit uns über alles sprechen können. Das ist insbesondere deshalb wichtig, weil sie oft niemanden haben, dem sie sich mit ihren Problemen und Sorgen anvertrauen können. Sie benötigen zudem das Gefühl, dass ihnen eine Lösung nicht nur vorgeben wird, sondern sie aktiv an der Strategieentwicklung und Problemlösung beteiligt werden. Schuldnerberatung läuft nie gleich ab. Wichtig ist jedoch, dass sie sich immer an den Bedürfnissen der Klient:innen orientiert.

Wie bewerten Sie Ihren Erfolg als Schuldnerberater?

Meine Arbeit ist erfolgreich, wenn hinter der Stirn des Ratsuchenden "ein Gewitter abgeht", d.h. dass er/ sie neue Fragen/ neue Erkenntnisse gewinnt. Ziel ist es immer, dass Ratsuchende ihre Situation (wieder) selbst bewältigen können. Das Tempo für diesen Prozess bestimmen aber stets die Ratsuchenden selbst.

Rückblick auf die Covid-19-Pandemie

Wie haben Sie die Covid-19-Pandemie erlebt?

Das gesamte Team hat sehr schnell auf die neuen Rahmenbedingungen reagiert. Uns war sofort klar, dass wir schnellstmöglich eine Alternative zu den Präsenzberatungen schaffen mussten. Fazit: Eine Menge Arbeit, eine ganz spannende Zeit, weil wir viel gelernt haben. Und ein gutes Gefühl, dass wir es gemeinsam geschafft haben.

Welche Spuren im Beratungsalltag hat die Pandemie hinterlassen?

Derzeit können wir Ratsuchende in der Beratungsstelle nur mit "Hürden" beraten (Abstand, Maske, kalte Beratungsräume, Nachweise über Impfungen oder negative Testergebnisse). Aber: Wir haben auch einen großen Schritt in Sachen Digitalisierung gemacht. Inzwischen kann das gesamte Team innerhalb von Minuten von der Beratungsstelle in das Home-Office wechseln. Vordrucke sind elektronisch beschreibbar, Video-Beratungen inzwischen selbstverständlich.

Persönliche Bilanz

Welche Botschaft möchten Sie Menschen mit Schulden auf den Weg geben?

Unsere Philosophie ist "Über Schulden spricht man nicht - wir schon!" Wichtig ist, dass unsere Beratungsangebote möglichst frühzeitig genutzt werden. Aber wir wissen auch, dass es sich um eine tabubeladene Thematik handelt und Betroffene zunächst selbst versuchen, das Problem selbst in den Griff zu bekommen.