Lange haben wir dieses Ziel verfolgt und nun geht es los: die Bundesförderung für die Asylverfahrensberatung ist gestartet und kann sogar rückwirkend ab dem 01.01.2023 beantragt werden. Die Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU gibt vor, dass Asylsuchenden unentgeltliche Rechtsberatung zur Verfügung stehen muss. Bisher ist dies nicht flächendeckend und bedarfsdeckend der Fall.
Frau Matthes, warum ist eine unabhängige Asylverfahrensberatung so wichtig?
Nun, die deutschen Gesetze und Behördenverfahren sind schon für Muttersprachler:innen nicht immer leicht zu verstehen. Asylsuchende sind in einer besonders vulnerablen Situation: sie haben ihre Heimatländer verlassen und sind nun nach einer oft langen und auch gefährlichen Flucht in Deutschland angekommen und durchlaufen nun ein komplexes Asylverfahren.
Hier ist es von enormer Wichtigkeit, Berater:innen zu haben, die nicht den staatlichen Behörden zugeordnet sind, und somit unabhängig sind und einzig im Interesse der Ratsuchenden handeln. Sie können niedrigschwellig bei Fragen zum Ablauf des Verfahrens weiterhelfen, die Rechte und Pflichten verständlich vermitteln, auf die Anhörung vorbereiten und ggf. auch zur Anhörung begleiten, rechtliche Fragen zum Schutzgesuch beantworten und bei einer eventuellen Ablehnung weiterhelfen.
Sie beschäftigen sich schon seit fast 4 Jahren mit dem Thema: was sind die wichtigsten Veränderungen, die das neue Gesetz zur Asylverfahrensberatung bringt?
Neu ist, dass es nun eine Bundesförderung gibt, die tatsächlich eine solche unabhängige Beratung flächendeckend sicherstellen soll. Bisher waren die Förderlandschaft divers und die Situation uneinheitlich: in mehreren Bundesländern gibt es entsprechende landesgeförderte Programme, außerdem werden Träger von Asylverfahrensberatung teilweise aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) finanziert.
Durch die Bundesförderung soll nun sichergestellt werden, dass Asylsuchende überall in Deutschland unabhängige Asylverfahrensberatung in Anspruch nehmen können, nicht nur in Bundesländern, wo es zufällig ein Landesprogramm und/oder eine AMIF-Förderung gibt. Wir setzen uns dafür ein, dass bestehende und neue Förderungen möglichst gut ineinandergreifen und es insbesondere kein Wegbrechen von Angeboten gibt.
Und was bedeutet das Gesetz zur Asylverfahrensberatung für uns im Deutschen Roten Kreuz?
Auch wir als DRK werden uns beteiligen und in enger Absprache mit den anderen Wohlfahrtsverbänden und anderen beteiligten Organisationen neue Beratungsstrukturen aufbauen. Die Ausgangslage in den einzelnen Bundesländern ist dabei sehr unterschiedlich. Was aber überall gleich ist: die Vielzahl der Akteure, die an diesem Prozess beteiligt sind und mitwirken. Deswegen sind wir als Bundesebene im dauernden Austausch mit unseren Gliederungen und können sie so möglichst gut in dieser Phase begleiten.
Wie geht es weiter und was ist Ihr persönliches Fazit?
Momentan läuft das sogenannte Interessenbekundungsverfahren, hier werden die geplanten Projekte und damit einhergehenden Kosten dem Zuwendungsgeber mitgeteilt. Geeignete Projekte werden dann zur Antragsstellung aufgefordert und schließlich kann dann die tatsächliche Arbeit vor Ort, die Beratung der Asylsuchenden, losgehen. In wenigen Jahren sollte die anvisierte Zielsumme von 80 Mio. € bereitstehen, so dass dann deutschlandweit und flächendeckend Asylverfahrensberatung angeboten werden kann.
Unserem Ziel, dass Asylsuchende überall in Deutschland niedrigschwelligen Zugang zu unabhängiger Asylverfahrensberatung in Anspruch nehmen können, sind wir durch die nun etablierte Bundesförderung einen großen Schritt nähergekommen!
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Inga Matthes
Inga Matthes ist zuständige Referentin für den Themenbereich Flucht. Schwerpunkte ihrer innerverbandlichen Arbeit und politischen Interessenvertretung sind das Asylverfahren, die Unterbringung von Geflüchteten und die freiwillige Rückkehr. Zudem koordiniert sie für das DRK-Generalsekretariat das vom BMFSFJ geförderte Projekt DeBUG (Dezentrale Beratungs- und Unterstützungsstruktur für Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften).