Mann mit Bart vor rotem Kreuz

"Geflüchtete fragen mich sehr oft, wie sie helfen können." - Ehrenamtliches Engagement beim DRK

Nori Hassan, der 2014 aus dem Irak nach Deutschland fliehen musste, ist seit dem Jahr 2016 ehrenamtlich in der Geflüchtetenhilfe des DRK tätig. Für sein langjähriges Engagement wurde er nun persönlich zum Bürgerfest des Bundespräsidenten eingeladen. Da der Einsatz und die Perspektive von geflüchteten Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, oft im Verborgenen bleiben, gilt die Anerkennung stellvertretend auch für das ehrenamtliche Engagement unzähliger Menschen unterschiedlicher Generationen, religiöser Zugehörigkeit, Herkünfte und Lebensumstände im DRK. Im Interview mit Herrn Hassan erhalten wir Einblicke in ganz persönliche Erfahrungen, die das Ehrenamt als Ganzes ausmachen. Dabei wird erneut deutlich, wie wichtig es ist, Strukturen zu schaffen, die es allen ermöglichen, sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen - und wie bereichernd das sowohl für den Einzelnen als auch für die Allgemeinheit ist. Es wird betont, dass barrierefreie Zugänge zur gesellschaftlichen Teilhabe durch das Ehrenamt die Grundlage für eine vielfältige Gesellschaft bilden, in der jede Person ihre Fähigkeiten und Perspektiven einbringen kann.

Herr Hassan unterstützt und bereichert seit dem Jahr 2016 die Migrations- und Integrationsarbeit des DRK-Kreisverbands Duisburg. Sein Länder- und kulturspezifisches Wissen sowie seine Sprachkompetenzen ermöglichen es ihm, den Alltag Geflüchteter mit viel Verständnis zu begleiten. Als Sprachmittler unterstützt er die – aktuell von Haushaltskürzungen bedrohte – "Migrationsberatung für Erwachsene Zuwanderer" (MBE). Zudem war er etwa während der Corona-Pandemie tätig und unterstütze das Ankommen ukrainischer Geflüchteter im März 2022. Seine Fähigkeit zwischen den Kulturen und verschiedenen Perspektiven zu vermitteln, ist insbesondere in Konfliktsituationen eine große Bereicherung für alle Beteiligten.


Herr Hassan, wie haben Sie das Deutsche Rote Kreuz kennengelernt?

Als ich nach Deutschland kam, musste ich zuerst in einem Heim leben. Das Deutsche Rote Kreuz hatte dort ein Büro, wo sie allen Geflüchteten geholfen haben. Es war ein kurdischer Berater dort, der uns viel in unserer Sprache erklären konnte. Dies war für uns sehr hilfreich, da wir dann die Probleme verstanden haben. Wir konnten zu jeder Zeit ins Büro gehen und unsere Probleme erklären. Dort haben sie mir beim Asylantrag und bei der Arbeitssuche geholfen. Ich habe sofort gearbeitet und Deutsch gelernt.

Wieso ist es für Sie wichtig, sich ehrenamtlich zu engagieren?

Es macht mir Freude, anderen Menschen zu helfen. Geflüchtete sprechen über ihre Probleme. Ich wusste manchmal eine Lösung, und dann habe ich ihnen geholfen. Ich spreche auch Arabisch und Kurdisch. Ich habe kleine Ausflüge in Duisburg organisiert. Ich habe den Menschen gezeigt, wo das Rathaus und das Sozialamt sind. Wo können die Kinder sich in der Schule anmelden oder wie finden sie Ärzte, die auch Arabisch oder Kurdisch sprechen. So haben viele auch Duisburg kennengelernt. Wir haben gemeinsam viel gelernt. Ganz schnell wurde ich im DRK-Team wie in einer Familie aufgenommen.

Was bedeutet für Sie die Einladung zum Bürgerfest des Bundespräsidenten?

Zum Bürgerfest eingeladen zu werden, ist eine besondere Ehre für mich. Mein Vater und meine Mutter werden im Herzen glücklich sein, dass ich in Deutschland anderen Menschen helfe. Ich bin Jeside aus dem Irak. Meine Eltern kennen das nicht, dass große Politiker sich bei den Menschen bedanken. Meine Eltern werden stolz auf mich sein. Sie werden glücklich sein, dass ich in Deutschland ein neues Zuhause gefunden habe.

Was hat Sie dazu bewogen, anderen Menschen in Deutschland zu helfen?

Deutschland hat uns sehr viel geholfen. Leider musste ich mein Land verlassen, da die IS unser Volk und meine Stadt zerstört haben. Ich habe im Irak gut gelebt. Innerhalb weniger Stunden musste ich meine Heimat verlassen. Das war sehr schwierig für mich. So viele Geflüchtete aus anderen Ländern haben auch Krieg erlebt. Ich habe viel Hilfe bekommen. Wenn ich ein wenig helfen kann, sage ich Danke, dass ich in Deutschland leben darf, dass ich im Frieden leben darf. Ich informiere, wie wichtig es ist, in Deutschland aktiv zu sein. Die Menschen müssen Deutsch lernen, sie müssen einen guten Schulabschluss haben. Alle Menschen müssen sich gegenseitig respektieren.

Welche Unterstützung würden Sie sich wünschen, damit mehr Menschen aus unterschiedlichen Ländern beim DRK helfen können?

Viele Geflüchtete möchten anderen Menschen helfen, zum Beispiel während der Corona-Zeit oder auch bei Unwetterkatastrophen. Ohne ehrenamtliche Geflüchtete wäre die Zeit während der Corona-Pandemie in den Unterkünften sehr schwierig gewesen. Wir haben den Menschen in ihrer Muttersprache alle Regeln erklärt. Geflüchtete fragen mich sehr oft, wie sie helfen können. Es wäre wünschenswert, wenn Geflüchtete dafür eine entsprechende Ausbildung erhalten könnten. Menschen mit Aufenthaltserlaubnis könnten dann auch in anderen Ländern Unterstützung leisten. Vielleicht beherrschen sie die Sprache nicht perfekt, aber sie können praktisch arbeiten.

Wir danken Ihnen, Herr Hassan, für ihr Engagement.

Damit Menschen wie Herr Hassan von Hilfeempfängern zu aktiven Engagierten werden können, bedarf es neben einer außerordentlichen persönlichen Bereitschaft auch der Offenheit von Strukturen sowie einer institutionalisierten Anbindung und hauptamtlichen Begleitung. Das DRK ist mit seinen vielfältigen Projekten, seiner bundesweiten Vernetzung in den Sozialraum und den zahlreichen Ehrenamtlichen ein verlässlicher Partner des Staates bei der Bewältigung gesamtgesellschaftlicher Herausforderungen. Ein Staat der eine nachhaltig resiliente Gesellschaft fördern und schutzbedürftigen Menschen eine Perspektive – auch im Hinblick auf den zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangel – anbieten will, muss derartige Strukturen für Integration nachhaltig gestalten und erhalten.

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