Eine Frau steht vor einem Bildschirm und nutzt digitale Verwaltungsleistungen.

Das Onlinezugangsgesetz und die Wohlfahrtspflege

Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) hat die Bundesregierung bereits im Jahr 2017 die Verwaltung von Bund und Ländern verpflichtet, bis 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Lange ging es nur schleppend voran in der OZG-Umsetzung. Mit dem Corona Konjunkturpaket und der nahenden Frist hat die Umsetzung Fahrt aufgenommen. Was das OZG für die Wohlfahrt bedeutet, erfahren Sie in diesem Blog.

Was ist das OZG?

Das OZG ist das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen. Angesichts der schleppenden Digitalisierung der Verwaltung hat die Bundesregierung 2017 Bund und Länder verpflichtet, 575 Verwaltungsleistungen in 14 Themenfeldern für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen digital verfügbar zu machen. Für jedes Themenfeld ist ein Bundesministerium in Kooperation mit einem Bundesland zuständig. In diesem Tandem werden die OZG-Leistungen entwickelt und dann nach dem Prinzip „Einer für Alle“ (EfA) für alle anderen Bundesländer zur Verfügung gestellt.

Die 14 Themenfelder im OZG (1) Familie & Kind, (2) Querschnitt, (3) Bauen & Wohnen, (4) Ein- und Auswanderung, (5) Unternehmensführung & -entwicklung, (6) Arbeit & Ruhestand, (7) Steuern & Zoll, (8) Bildung, (9) Forschung & Förderung, (10) Recht & Ordnung, (11) Umwelt, (12) Gesundheit, (13) Engagement & Hobbies, (14) Mobilität & Reisen.  

Weitere Informationen zu den Themenfeldern und zugeordneten Leistungen gibt es auf dem OZG Informationsportal des Bundesinnenministeriums und der OZG Informationsplattform.

Die Verwaltungsleistungen sollen in nutzerzentrierten Prozessen entwickelt und auf einem Portalverbund bereitgestellt werden. Das bedeutet, dass Nutzerinnen und Nutzer sich möglichst nur auf einem Portal einmal anmelden sollen und dann auch auf die Verwaltungsleistungen anderer föderaler Ebenen Zugriff haben. Aus Nutzerinnen-Perspektive ist dies attraktiv: Statt wie aktuell auf zig verschiedenen Seiten die Information für eine Verwaltungsleistung zusammensuchen zu müssen, um dann festzustellen, dass sie nur im Rathaus persönlich beantragt werden kann, soll dies in Zukunft mit wenigen Klicks möglich sein.

Was ist die Relevanz für die DRK-Wohlfahrtspflege?

Auch wenn es bei der OZG-Umsetzung vorrangig um die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen geht, gibt es einige Leistungen, die für die Wohlfahrtspflege relevant sind. Das ist dann der Fall, wenn etwa

  1. die Anmeldung zu Leistungen, die die Wohlfahrtspflege erbringt, digitalisiert wird;
     
  2.  die Leistungserbringung selbst im Rahmen der OZG-Umsetzung digitalen abgebildet werden soll; oder
     
  3. die Klientinnen und Klienten der Wohlfahrtspflege in Zukunft womöglich Unterstützung bei der Online- Beantragung von Leistungen benötigen und in der Umsetzung der Online-Leistung im Sinne der anwaltschaftlichen Vertretung auf besondere Bedürfnisse hingewiesen werden sollte (z.B. Barrierefreiheit, Konsolidierung der bundesweit unterschiedlichen Antragsformulare).

Unter Leistungen, die der Gruppe 1 zuzuordnen sind, fallen etwa die Anmeldung zur Kita oder zum Hort. Die Kitaplatzvergabe soll beispielsweise nach dem Prinzip „Zentrale Entwicklung mit Betriebsvarianten“ entwickelt werden. Das bedeutet, dass das für die Leistungsumsetzung verantwortliche Bundesland Bremen einen Standard entwickeln wird, der dann deutschlandweit ausgerollt, aber regional weiterentwickelt und an die Bedarfe vor Ort angepasst werden kann. Orientiert wird sich bei der Umsetzung an bereits etablierten Kitaplatzvergabe-Lösungen wie „Wolles Welt“, dem Vergabesystem der Stadt Wolfsburg. Bei der Online-Kitaplatzvergabe ergeben sich für die Träger zahlreiche Fragen: Nach welchen Kriterien werden die Plätze vergeben? Wird dies ein Algorithmus entscheiden oder Verwaltungsmitarbeitende? Gibt es die Möglichkeit, dass Kind und Kita sich kennenlernen vor der Platzvergabe?

In die Gruppe 2 fallen Leistungen, die aktuell von der Wohlfahrtspflege erbracht werden und im Zuge des OZG digital abgebildet werden sollen. Das betrifft vor allem diejenigen Leistungen, die auf der aktuell in Entwicklung befindlichen bundesweiten Sozialplattform abgebildet werden sollen. Die Sozialplattform wird federführend in Nordrhein-Westfalen umgesetzt. Ziel ist, dass die Bürgerinnen und Bürger auf einer zentralen Plattform unmittelbaren Zugang zu Informationen, Anträgen, Onlineberatungen und Anspruchsklärung rund um Sozialleistungen erhalten („Sämtliche Sozialleistungen aus einer Hand“). Geplant ist ein Sozialleistungsfinder – ähnlich wie das Infotool Familie des Bundesfamilienministeriums –, der Nutzende darin unterstützt, Leistungen zu identifizieren, auf die sie Anspruch haben, zu informieren und Leistungen direkt zu beantragen. Außerdem ist hier geplant, einige der Leistungen direkt in der Sozialplattform abzubilden. Darunter fallen die Terminvergabe und Oonline-Durchführung von Schuldner- und Suchtberatung. Wie genau die Integration dieser Leistungen in die Plattform aussehen wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Zahlreiche offene Fragen gilt es in den nächsten Monaten zu klären: Wie wird die Oonline- Leistungserbringung refinanziert? Welche Träger können Angebote auf der Plattform einstellen? Wo und wie wird Beratung dokumentiert?   

Unter Gruppe 3 fallen Leistungen wie etwa die Eingliederungshilfe. Die EUTB-Beratungsstellen unterstützen Menschen bei der Beantragung von Leistungen und können – neben den beantragenden Personen und ihren Angehörigen selbst – wertvolle Hinweise dafür liefern, wie eine Antragsstrecke aussehen sollte, um zielgruppengerecht gestaltet zu sein. Darüber hinaus wäre es begrüßenswert, würden die teils erheblichen regionalen Unterschiede in der Antragsgestaltung im Zuge des OZG angeglichen werden.

Der DRK Bundesverband, die Ligen und die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege werden den Umsetzungsprozess des OZG in den kommenden Monaten im Sinne der Verbände und unserer Zielgruppen begleiten und mitgestalten.