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Barrierefreies Internet aus dem Gespräch mit Prof. Maaß.

Barrierefreiheit im Internet – Gespräch mit Christiane Maaß

Digitalisierung ist in unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Während viele Menschen die damit verbundenen Möglichkeiten voll ausschöpfen, ist das nicht allen möglich. Barrieren existieren nicht nur in physischen Räumen, sondern auch im Digitalen. Digitale Teilhabe ist daher ein wichtiges, aber auch komplexes Thema, mit dem sich Fachleute beschäftigen. Dennoch ist es für uns alle möglich zu mehr Barrierefreiheit beizutragen, und zwar mit unseren Beiträgen in sozialen Medien und auf Webseiten. Wie das geht und worauf wir achten sollten, darüber haben wir mit Frau Prof. Dr. Christiane Maaß gesprochen.

Prof. Christiane Maaß ist Professorin für Medienlinguistik an der Universität Hildesheim und Leiterin der Forschungsstelle Leichte Sprache. Außerdem ist sie seit Herbst 2019 gemeinsam mit anderen Experten und Expertinnen mit und ohne Behinderungen in der Initiative #barrierefreiPosten aktiv.  

Leichte Sprache und Barrierefreiheit im Internet – Stand heute 

Der Beginn unseres Gesprächs stimmt optimistisch: Nach Einschätzung von Prof. Christiane Maaß sind wir in den letzten Jahren in Deutschland beim Thema Leichte Sprache auf einem guten Weg. Das Behindertengleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2002 und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung aus dem Jahr 2011 setzen die rechtlichen Grundlagen. Mit dem Recht auf barrierefreie Informationen sei ein wichtiger Schritt zu mehr Barrierefreiheit im Internet gemacht worden. Die Verordnung verpflichtet öffentliche Stellen des Bundes ihre Webseiten barrierefrei zu gestalten. Mit dem European Accessibility Act aus dem Jahr 2019 kommen neue Verpflichtungen hinzu. „Deutschland ist spät gestartet, dann ist aber wirklich viel passiert und inzwischen schauen sogar die Kollegen aus dem Ausland darauf, was bei uns in Sachen Barrierefreie Kommunikation läuft“, so Prof. Maaß. 

Auch die allgemeine Bereitschaft im Bereich Leichte Sprache und Barrierefreiheit aktiv zu werden sei angestiegen. So gibt es inzwischen einen Duden Leichte Sprache mit drei Bänden, der von Prof. Christiane Maaß gemeinsam mit Prof. Ursula Bredel verfasst worden ist. Viele Organisationen wie das Netzwerk Leichte Sprache haben Praxishilfen für Leichte Sprache veröffentlicht. Fest steht aber: Es gibt noch viel zu tun und wir stehen erst am Anfang, wenn es darum geht, Kommunikation ganz umfassend zugänglich zu machen. Eine barrierefreie Homepage zu erstellen sei lediglich ein Schritt von vielen. Praxishilfen müssen auch im Arbeitsalltag umgesetzt werden.   

Wir alle sind verantwortlich, dass dies geschieht und jeder und jede Einzelne an der Digitalisierung unserer Gesellschaft teilhaben kann. Für uns im Deutschen Roten Kreuz bedeutet es im Besonderen, dass die digitale Teilhabe unserer Zielgruppen auch in der täglichen Arbeit abseits von Interessenvertretung und Entwicklung neuer Angebote bedacht wird. Prof. Maaß empfiehlt einfach anzufangen und zwar in unserer Kommunikation in den Sozialen Medien und auf unserer Webseite. Sie rät: „Denken Sie die Social Media mit! Unternehmen glauben oft, dass sie der Barrierefreiheit Genüge tun, wenn sie die Unternehmensseite barrierefrei machen. Das ist aber nicht alles, denn heute laufen viele aktuelle Inhalte vor allem über die Social-Media-Kanäle. Auch diese Inhalte müssen barrierefrei gemacht werden.“

Nächster Schritt: Barrierefrei Posten

Abgebildet sind zwei Beiträge zur Ankündigung des Interviews mit Christiane Maaß. Man sieht die Aufnahme eines Bildschirms mit Christiane Maaß und Anna-Lena Kose bei einem Videotelefonat. Der rechte Beitrag ist barrierefreier gestaltet als der andere.

Bildunterschrift: Abgebildet sind zwei Beiträge zur Ankündigung des Interviews mit Christiane Maaß. Man sieht die Aufnahme eines Bildschirms mit Christiane Maaß und Anna-Lena Kose bei einem Videotelefonat. Der rechte Beitrag ist barrierefreier gestaltet als der andere. Der barrierefreie Post hat eine Bildunterschrift, keine Fremdwörter und Hashtags mit Großbuchstaben zwischen den einzelnen Wörtern. So kann er besser gelesen werden.  

Dieses Beispiel zeigt: Kleine Anpassungen können eine große Wirkung haben. Mit ein paar Handgriffen kann ein Beitrag in den digitalen Medien barrierefreier gestaltet und für mehr Menschen lesbar werden. Barrierefreies Posten ist gar nicht so schwer. 

Genau darum ging es auch Laura M. Schwengber, als sie im Oktober 2019 gemeinsam mit Prof. Christiane Maaß und anderen die Initiative #barrierefreiPosten gestartet hat. Die Initiative beschäftigt sich mit der Herausforderung digitale Beiträge barrierefrei zu gestalten. Auf ihren Kanälen in den sozialen Medien sprechen sie mit Experten und Expertinnen zum Beispiel über Hashtags oder den Gebrauch von Emoticons. So entdecken sie die Möglichkeiten der sozialen Medien für mehr Barrierefreiheit. Gemeinsames Ausprobieren und Lernen ist das Motto. 

Praxistipps zum barrierefreien Posten 

Sind Sie auch neugierig geworden und wollen ausprobieren barrierefrei zu posten? Prof. Maaß hat uns die wichtigsten Tipps verraten: 

  • Schreiben Sie kurze Sätze. 

  • Fügen Sie eine aussagekräftige Bildunterschrift ein. 

  • Schreiben Sie !B in Ihren Post. !B weist auf eine Bildunterschrift hin. 

  • Schreiben Sie bei Hashtags jedes neue Wort groß. #WohlfahrtDigital statt #Wohlfahrtdigital 

  • Verzichten Sie auf Fremdwörter und Fachbegriffe. Wenn das nicht möglich ist, erklären Sie Fremdwörter und Fachbegriffe kurz. 

  • Nutzen Sie Videos mit Untertiteln. Beiträge mit Videos erreichen mehr Menschen. 

Alle Tipps zu mehr Barrierefreiheit in Sozialen Medien finden Sie auf www.barrierefreiposten.de  

Neues Wissen zu barrierefreien Beiträgen 

Für uns in den Kompetenzzentren Digitalisierung war der Austausch mit Prof. Christiane Maaß eine Bereicherung. Das Thema “Barrierefrei Twittern” haben wir bereits Anfang des Jahres im Team besprochen. Trotzdem haben wir viel Neues gelernt. Das “!B” als Hinweis für eine Bildunterschrift haben wir bisher nicht gekannt. Beim Schreiben dieses Beitrags haben wir die Praxishilfe Leichte Sprache als Unterstützung verwendet. Kürzere Sätze zu schreiben und weniger Fremdwörter zu verwenden ist machbar. Damit unser Schreibstil flüssiger wird, müssen wir aber noch viel üben. Wir möchten Sie an dieser Stelle ermuntern mutig zu sein und es auch auszuprobieren. Denn Übung macht den Meister!