Engagiert für Kinder und Familien Anwaltschaftliche Vertretung in DRK-Kindertageseinrichtungen Kapitel 6 Empowerment und Partizipation G U T E P R A X I S Der Early Excellence Ansatz Die DRK-Kindertageseinrichtungen im Kreis Coesfeld gGmbH implementierte den Early Excellence Ansatz seit 2008 flächende- ckend als pädagogischen Ansatz in den Einrichtungen, welcher sowohl mit den Grundsätzen des Roten Kreuzes übereinstimmt als auch den Aspekt der Erziehungspartnerschaft in den Fokus nimmt. Das Kind mit seiner Familie steht im Mittelpunkt unseres Interes- ses. Damit Kinder sich in unseren Einrichtungen entsprechend entfalten können, ist der erste und wichtigste Schritt, sie über eine behutsame Eingewöhnung gut an die neuen Bezugspersonen und an die Räumlichkeiten zu binden. Wir arbeiten mit einem Bezugs- personensystem, das heißt, vor allem zu Beginn gibt es klare Zu- ständigkeiten sowohl für die Kinder als auch für die Eltern. Das gibt allen den notwendigen Halt, um sich gut einzugewöhnen und Sicherheit zu bekommen. Die ganze Familie findet bei uns einen Ort des Wohlbefindens. Auf dieser Basis kann eine positive Ent- wicklung des Kindes gelingen. Pen Green Loop*). Die Elterninteressen werden ernst genom- ( men und mit in die pädagogische Arbeit in der Kita einbezogen. Auf der Basis der Rotkreuz-Grundsätze ist unsere Grundhaltung geprägt von Akzeptanz, Toleranz und Wertschätzung. Im Hinblick auf die Grundsätze Freiwilligkeit und Freiheit wird dem Kind nichts aufgedrängt. In der Praxis des Early Excellence Ansatzes haben die Kinder die freie Wahl, wo und wie sie sich beschäftigen, und sie werden bewusst in die Lage versetzt, sich zu entscheiden, zu wählen und mitzubestimmen, um mündige Bürger zu werden. Wie viel Hilfe jedes einzelne Kind benötigt, bestimmt es selbst. Die Kin- der werden aufgefordert, ihre Meinung zu sagen und sich zu ent- scheiden. Eine kreative, offene und flexible Raumgestaltung sowie eine Materialvielfalt, die immer wieder neu überdacht und auf die Bedürfnisse der Kinder und deren Interessen abgestimmt wird, gibt den ausreichenden Rahmen für diese Entscheidungsfreiheit. Die Kinder lernen somit unterschiedliche Formen der Partizipation kennen. Durch den ressourcenorientierten Blick fühlt sich das Kind ange- nommen und wertgeschätzt. Das Augenmerk liegt auf den Stär- ken der Kinder. Jedes Kind hat unterschiedliche Begabungen, die unterstützt und gefördert werden, denn das ist das Ziel des Early Excellence Ansatzes. Jedes Kind wird hinsichtlich seiner Potenzi- ale gefördert. Einheitliche Förderprogramme für alle Kinder wer- den somit nicht angeboten. Grundlage des Early Excellence Ansatzes ist das System der of- fenen und wertfreien Beobachtung. Es hat zum Ziel, die Potenzi- ale der Kinder zu erkennen und sie weiter zu unterstützen. Jedes Kind wird regelmäßig von den pädagogischen Fachkräften in einer frei gewählten Aktion beobachtet. Die Beschreibungen werden ausgetauscht und ausgewertet, um einen ganzheitlichen Ein- druck von der Art und Weise zu bekommen, wie das Kind sich mit unterschiedlichen Themen auseinandersetzt. Seine Interessen, sein Wohlbefinden, seine Engagiertheit ( vgl. Leuvener Enga- giertheits-Skala) werden in den Fokus genommen. Gleichzeitig erkennen die Fachkräfte, wie sich das Kind mit Dingen auseinan- dersetzt, also dessen kindliche Handlungsmuster und Schemas. Diese Erkenntnisse werden genutzt, um individuelle Angebote für die weitere Entwicklung des Kindes zu setzen und weitere Impulse für das freie Spiel zu geben. Die individuellen Angebote werden mit Hilfe von Fotodokumentation gemeinsam mit den Kindern fest- gehalten in sogenannten Situationsbüchern. Diese Bücher dienen dem Kind dazu, die Aktivitäten für sich zu reflektieren, und sind gleichzeitig Anlass, sich sprachlich zu äußern. Diese Informationen werden im Anschluss auch mit den Eltern be- sprochen. Eltern sind die ersten und wichtigsten Experten ihres Kindes und in der Zusammenarbeit mit den Eltern kann die Ent- wicklung des Kindes optimal begleitet und unterstützt werden. Die Dokumentation bietet die Basis für die Entwicklungsgespräche mit den Erziehungsberechtigten. Mit Hilfe von Videoaufnahmen und Fotos erfahren die Erziehungsberechtigten, dass das, was ihr Kind gerade tut, wertgeschätzt und gesehen wird. Im Gespräch findet ein Austausch darüber statt, wie Kinder lernen, und Eltern bekom- men so oft noch mal eine andere Sicht auf das, was Kinder tun Die DRK-Einrichtungen sind Orte der Begegnung im Gemeinwe- sen. Sie vernetzen sich im Sozialraum und greifen die Bedürfnisse von Familien auf, indem sie Beratungs- und Unterstützungsange- bote vorhalten. Sie schließen Kooperationen, die an die unmittel- bare Lebenswelt der Kinder anknüpfen, zum Beispiel mit Senio- renstiften, Grundschulen, Büchereien usw. Die acht pädagogischen Strategien sind der Rahmen für die Hal- tung, die den Umgang miteinander prägt, und dienen der Um- setzung des Early Excellence Ansatzes in der Praxis. Sie bieten Orientierung für die pädagogischen Fachkräfte und geben immer wieder Anlass zur Reflexion und Qualitätsentwicklung. 1. Sanfte Intervention: Warten und Beobachten in respekt- voller Distanz 2. Kontextsensitivität: Den kindlichen Kontext kennen und fähig sein, seine früheren Erlebnisse einzubeziehen, damit Lernprozesse an Erfahrungen anknüpfen können 3. Zuwendung durch physische Nähe und Mimik und damit Bestätigung des Kindes 4. Das Kind ermutigen, zu wählen und selbst zu entscheiden 5. Das Kind dabei unterstützen, angemessene Risiken einzugehen 6. Das Kind ermutigen, etwas zu tun, was den Erwachsenen im Ablauf selbst unklar ist 7. Wissen, dass die Haltung und Einstellung der Erwachsenen das Kind beeinflussen kann 8. Die erwachsene Person zeigt, dass sie und das Kind im Lernen Partner sind. * Pen Green Loop: ,Rückkoppelung‘ zwischen Eltern und Pädagogischen Fachkräften … [mit dem] Ziel, alle Eltern in ihren Kompetenzen anzuerkennen und ihnen damit ein hohes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten des Eltern-Seins zu vermitteln. 52