DRK-Generalsekretariat

Personalentwicklung

Von Anfang 2019 bis Ende 2020 war ich Subjekt eines aus meiner Sicht sehr erfolgreichen Experiments: Zum Jahresanfang 2019 habe ich, nach exakt einem Vierteljahrhundert Tätigkeit als Teamleiter im DRK-Generalsekretariat, Bereich Jugend und Wohlfahrtspflege, diese Funktion abgelegt, um auf eine Teilzeitstelle zu wechseln. Auf eigene Initiative und selbstverständlich im Einvernehmen mit meinen Vorgesetzten.

Ich hatte dafür gute Gründe: Zum einen verspürte ich seinerzeit den heftigen Wunsch, die letzte Zeit vor der Rente zeitlich weniger zu arbeiten und dabei auch weniger Verantwortung tragen zu müssen. Zum anderen hatte ich den starken Eindruck, dass es Zeit sei, die Führung meines damaligen Teams in jüngere Hände zu legen.

Also ein Ausstieg auf Raten, verbunden mit einem Abstieg in der betrieblichen Rangordnung.

Führung neu denken

So etwas ist nicht selbstverständlich, auch nicht, dass es gelingt. Wir leben immer noch in einer Zeit, in der berufslebenslange Aufstiege nicht nur zur Normalität gehören, sondern Abstiegen in aller Regel ein Makel anhängt. Angesichts des Fachkräftemangels und des (schrittweisen) Verschiebens des regulären Rentenalters auf 67 Jahre und angesichts sich beschleunigender technologischer und kultureller Entwicklungen und sich rascher verändernder Kompetenzprofile und der in unterschiedlichen Lebensphasen unterschiedlichen Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft kann das meines Erachtens nicht so bleiben. Wer von Mitarbeitenden ein hohes Maß an Flexibilität erwartet, muss auch Führung neu denken und auch hier mehr Flexibilität zulassen und einfordern. Dazu gehört auch, die Übernahme von Führungsaufgaben und deren Abgabe nicht zwangsweise mit Prestigegewinnen bzw. -verlusten zu verknüpfen, sondern kompetenz- und leistungsabhängige Veränderungen ohne Imageverluste zu realisieren. Im Klartext heißt das: Wo berufliche „Aufstiege“ zur Normalität gehören, müssen auch „Abstiege“ normal werden.

Ich selbst habe die gute Erfahrung gemacht, dass mir nach Erfüllung meines Wunsches nach Ausstieg aus der Teamleitung nirgendwo Häme begegnet ist. Im Gegenteil: Viele Kolleginnen und Kollegen haben mir vermittelt, dass sie das Modell, dass für mich realisiert wurde, gut und nachahmenswert finden. Es ist also – zumindest bi uns - vielleicht schon mehr Verständnis für mein Anliegen vorhanden, als ich selbst gedacht habe.

Ich habe aber auch gemerkt, dass ein solcher Wechsel „nicht ganz ohne“ ist. Ich wurde unmittelbar Zeuge, wie die Lücke, die ich hinterlassen habe, gefüllt wurde – oder auch nicht. Die Beobachtung, dass die Welt nach meinem Verlassen der Teamleiterstelle nicht untergegangen ist, hatte etwas Beruhigendes. Diese Erfahrung war aber auch geeignet, meine eigene Eitelkeit zu verletzen. Mit der Funktion ist man in aller Regel ja nicht nur Verantwortung und Einfluss los, sondern auch die Beziehungen zu vielen Kolleginnen und Kollegen, die im Betrieb ja doch zu einem großen Teil aus betrieblichen Gründen und nicht aus mitmenschlicher Zuneigung bestehen. Man verliert an Bedeutung und sieht vielleicht nicht immer sofort, dass man sie an anderer Stelle auch wieder neu erlangt.

Zu den Gelingensbedingungen eines solchen Wechsels gehören also nicht nur gute Voraussetzungen auf Seiten der Organisation. Man wird auch selbst gefordert – und auch das muss man wollen oder zumindest doch aushalten.     

Eines muss ich noch erwähnen: Solange die Bewertung von Stellen von der auf ihnen wahrgenommenen Personalverantwortung abhängt, solange kann ein beruflicher „Abstieg“ kaum ohne Einkommensverluste gedacht werden. Hierfür habe ich keine Lösung. Aber auch keine Erfahrung, da mein Arbeitsgeber mir eine Neuverhandlung meines Einkommens nach Beendigung meiner Arbeit als Teamleiter nicht zugemutet hat. Auch dafür habe ich sehr zu danken!

Auf Wiedersehen!

In wenigen Tagen endet meine berufliche Tätigkeit. Dann ist endgültig Rente! Ich blicke zufrieden auf ein langes, abwechslungsreiches Berufsleben zurück, das mich vor mehr als 34 Jahren zum DRK-Generalsekretariat geführt hat. Es war eine gute Zeit, mit vielen guten Erfahrungen und schönen Begegnungen – bis zuletzt. Trotzdem gehe ich gerne. Es ist nun Zeit dafür.

Was ich noch zu sagen hätte: Ein Dank an alle, mit denen ich zusammengearbeitet habe! Es war mir - meist - ein Vergnügen!

Bleiben Sie gesund! Und alles, alles Gute!