Foto: Oana Bara/DRK

Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen und Lösungswege in der Versorgung von Geflüchteten

Am 24.02.2023 jährt sich der Krieg in der Ukraine. Welche Erfahrungen in der Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine lassen sich aus den vergangenen 12 Monaten festhalten? Welche Angebote konnte das DRK umsetzen und was können wir für die bedarfsgerechte Versorgung von Geflüchteten mit besonderen Bedarfen in Deutschland lernen?

Große Hilfsbereitschaft in der Zivilgesellschaft

Laut UNHCR hat der Ausbruch des Krieges in der Ukraine am 24.02.2022 eine der größten Fluchtbewegungen seit dem zweiten Weltkrieg verursacht. Insgesamt flohen fast 8 Millionen Menschen aus dem Land und knapp 6 Millionen Menschen wurden innerhalb der Ukraine vertrieben. 

Die Bundesrepublik liegt mit über 1 Million aufgenommener Menschen aus der Ukraine hinter Polen auf Platz zwei der aufnehmenden Länder. Wie bereits bei der großen Fluchtbewegung 2015/16 war die Hilfsbereitschaft in Deutschland enorm. Auch wir vom DRK konnten auf diese große Hilfsbereitschaft bundesweit zurückgreifen.

Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer 


Die DRK-Verbandsgliederungen sowie tausende ehrenamtliche Helferinnen und Helfer waren vor Ort, haben zugehört und unterstützt, wo das Maß der Not am größten war. Von der Erstversorgung an Bahnhöfen und der Unterbringung und Versorgung in Not- und Gemeinschaftsunterkünften bis zur Migrationsberatung (MBE) und psychosozialen Versorgung von Hilfesuchenden: wir bieten bis heute mit vielfältigen Angeboten Unterstützung – bedarfsorientiert, menschlich und umfassend. 

Neue Fluchtbewegung mit eigenen Herausforderungen

Durch die räumliche Nähe zwischen der Ukraine und Deutschland und dem vergleichsweisen einfachen Fluchtweg konnten auch viele Menschen mit Behinderungen und/oder Pflegebedarf nach Deutschland fliehen oder evakuiert werden. Diese Tatsache unterscheidet die Fluchtbewegung aus der Ukraine von bisherigen Fluchtbewegungen.  

Nicht zuletzt haben die Erfahrungen aus der Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten seit 2015 europaweit die Politik zu neuen Lösungswegen animiert und auf EU-Ebene wurde erstmals die Anwendung der Massenzustrom-Richtlinie 2001/55/EG beschlossen. In Deutschland wurde entsprechend die Einreise für Geflüchtete aus der Ukraine durch die sogenannte Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung deutlich vereinfacht. Das führte u.a. dazu, dass die Menschen direkt bei ihrer Registrierung und ohne Stellung eines Asylantrags ein Anrecht auf Sozialleistungen bekamen. Dadurch wurde auch die bedarfsgerechte Versorgung von Menschen mit Pflege- und/oder Eingliederungshilfebedarfen vereinfacht. 

Die Bundeskontaktstelle hilft Geflüchteten mit Behinderungen und/oder Pflegebedarf

Aber nicht nur gesetzgeberisch gab es große Änderungen, auch in der Vermittlung von Geflüchteten wurden neue Konzepte kurzfristig entwickelt und umgesetzt. Eines davon ist die Bundeskontaktstelle für Geflüchtete aus der Ukraine mit Pflegebedarf und/oder Behinderungen (BKS), welche seit Mai 2022 vom DRK-Generalsekretariat betrieben wird und auf Anfrage des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingerichtet wurde.  

Die BKS agiert als Schnittstelle zwischen den Bundesministerien, den evakuierenden Organisationen, den Landeskoordinierungsstellen (LKS) der Bundesländer, den aufnehmenden Einrichtungen und den Geflüchteten selbst und koordiniert die rasche und bedarfsgerechte Unterbringung in stationäre Einrichtungen. 

Eine solche staatlich-zivilgesellschaftliche Kooperation ist ein Novum. Die bisherigen Erfahrungen der BKS sind äußerst positiv. Gemeinsam ist es bisher gelungen 246 Geflüchtete mit komplexen pädagogischen und medizinischen Bedarfen aus der Ukraine in entsprechende stationäre Einrichtungen unterzubringen. 

Hilfe nach dem Maß der Not für alle Geflüchtete  

Rückblickend sehen wir, dass sich viele Angebote für Geflüchtete aus der Ukraine bewährt haben. Wir begrüßen die neuen Maßstäbe, die bei der Aufnahme, Integration und Teilhabe von Schutzsuchenden aus der Ukraine gesetzt wurden. Zugänge zum Arbeitsmarkt, zu Bildung oder zu Gesundheitsleistungen wurden deutlich erleichtert. 

Gleichzeitig zeichnete sich eine Ungleichbehandlung der Geflüchteten ab. Während Geflüchtete mit ukrainischer Staatsangehörigkeit oft unmittelbar nach der Registrierung eine Aufenthaltserlaubnis erhielten, so war dies für Geflüchtete aus Drittstaaten, auch wenn sie vor demselben Krieg geflohen sind, ungleich schwieriger.  

Das DRK setzt sich dafür ein, dass das zivilgesellschaftliche Engagement und das staatliche Handeln alle Geflüchteten miteinbezieht – unabhängig ihres Herkunftslandes. Eine unbürokratische Schnittstelle, wie die BKS, erwies sich auch hier als äußerst hilfreich, um Menschen in vulnerablen Situationen schnell und bedarfsgerecht zu unterstützen.